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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0067
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Kirchenordnung von 1537

treu sein und vil frucht schaffen mögen, sollen si der
heiligen schrift und, was zu warem verstand der-
selbigen verhilfet und dienstlich ist, es seien die
sprachen, andere gute, nutzliche kunste, die getreue
vorarbait der alten heiligen väter oder deren lerer,
die Gott zu unsern zeiten mit der gab, die schrift
auszulegen, furnemlich begabet hat, mit getreuem
ernst obligen und in dem ir emsig ubung haben, so
vil sie ires diensts halb, den si der kirchen in gemain
und besonders laisten sollen, weil haben könden, in
dem allen sie doch getreulich dahin sehen und alles
ir studieren, lesen, leren und lernen richten söllen,
das si allweg bei dem rainen und einfeltigen wort
Gottes, wie uns das in der heiligen schrift furgeben
ist, bestendig beleiben, wie dann aller hailigen und
gelerten schriften und auslegung durch die hailige
schrift gerichtet und bestetiget werden muß.
Weil aber die furnemen stuck christenlicher lere in
der confession1 der christenlichen stend aus grund
der schrift dargeben send, sollen die prediger sich
derselbigen getreuenlich halten und nachkomen.
Und demnach si auch durch sich selbs gegen
ainander im verstand der schrift und allem christen-
lichen leben gar vil gepessert werden mögen, sollen
si die lectionen2 predigen und convent mit fleiß be-
suchen, geren und fruntlich ainander vermanen,
warnen und underrichten, auch vermanung, war-
nung und underricht geren und lieblich von ainander
aufnemen, auch ainander getreulich in predigen und
sonst bei den leuten zur besserung bevolhen haben.
Und weil die helfer am studiern in der schrift und,
was der verstand der schrift fordert, als die spra-
chen, ebreisch, kriechisch und lateinisch, auch in
aller gaistlicher erfarnus und geschicklichait wie
dan auch die andern prediger immer wachsen und
zunemen sollen, damit man mit der zeit durch si die
pfarren und furnemere dienst des worts besserlich
versehen kende, so sollen die vier prediger, so lesen3,
sambt den kirchenpröbsten auf die helfer ain beson-
ders fleißigs aufsehen haben, wie sie der schrift und
dem studieren obligen und was sie sich bessern und

Rand geschriebene Bibelstellen werden in runden
Klammern in den Text genommen. — Vgl. S. 26!
1 = die Augsburgische Konfession (Bekenntnis-
schriften 30-137).

wa sie seumig erfunden, das sie zu mererm fleiß mit
ernst ermanet werden, vor allem jeder durch seinen
pfarer, wa aber das nit heffen wolte, auch durch die
andern und etwan vom ganzen convent, derhalb
inen die pfarer im predigen, wie auch inen selbs,
durch ainander fruntlichs fleiß aufmerken sollen
und, wa sie etwas die schrift nit recht geschaffen
und besserlich furten oder sonst onordenlich und
unaufbaulich predigten, inen dasselbig nicht [un]-
undersagt4 lassen, doch mit aller liebe und guete,
welchs undersagen ain jeder auch fur gut aufnemen
solle und sich mit der tat bessern und, wa die besse-
rung nit folgen wolte, solle es allweg dem convent
furbracht und furter zu besserung solicher gehandelt
werden on alles ansehen der personen, mit christen-
lichem eifer und ernst; dann die kirchen merer nicht
mage geschadt werden dann, so die, die zu solichem
dienst verordnet sind, nicht hochsten fleiß ankören,
daß sie die schrift grundlich verstanden und die dem
volk hailsamlich furtragen und sich allerdings immer
dahin schicken und richten, das si ain recht ge-
schmacktes salz der erden und licht der welt seien.
Da sich dann auch sunst und bei andern predigern
etwas fehl an lere oder leben zutrieg, welhe fehl nicht
könden durch die besonder bruederliche verwarnung
durch ainen oder mer beschehen, verbessert werden,
solle dasselbig allweg auch im convent den predigern
allen und kirchenpröbsten furpracht und mit ernst
gebessert und in dem niemand uberall verschonet
oder ubersehen werden, damit die kirchen unver-
ergert und der hailig dienst ontadelich bleibe.
Wie die convent solien gehalten werden.
Sollen derohalb die convent der ordnung wie bis-
her allweg zu vierzehen tagen, wa nichts furfället,
das erfordert, die seibige zeitiger zu haben, fleißig
gehalten und von allen predigern und helfern be-
sucht werden. Bei welchen conventen auch allweg
erscheinen sollen zwen von gemeinen kirchenpröb-
sten und zwen von den pröbsten der besondern
2 Siehe unsere Nr. I 7! 3 Siehe unsere Nr. I 7!
4 untersagen = im Wechselgespräch kund tun
(Schmeller 1, 117 - Grimm 11 III 1740).

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