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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0078
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Augsburg

mand vor dem Herren, in der ganzen gemainde Got-
tes lere erscheine, sonder ain jeder des orts sein opfer
allemal fur die arme bringe, wie das Got seinen alten
verordnet und der freie cristlich gaist darzu die wa-
ren cristen je und je getriben hat.
Warauf die predigen fur das gesind,
auf die sonntäg zu ailf uren zu halten,
furnemlichen gehen solle.
In disen predigen solle alles dahin gerichtet wer-
den, das des jung volk immer dahin bewegt und er-
innert werde, des es baß erkenne, ein Gott sein und
der den sunden veind ist und si nit wirt ungestraft
lassen - hie mit allerlai plagen und nach disem leben
mit ewigem, hellischen feur - und wie er allain aus
gnaden uns das leben, gesundhait und alles guts mit-
tailet, allain in allen noten hilft, uns auch allain
durch Christum unsern Herren die sund verzeihet
und alle gnad beweiset, darumb wir allain durch den
glauben an Cristum1 fromm und selig werden und,
wie diser glaub alleweg reu und laid der sunden ge-
puret, wie er auch durch die liebe tätig ist zu warer
gehorsame, treue, liebe, dienst und fruntschaft ge-
gen eltern, der herschaft und jederman, auch zur
zucht und aller hailigkeit in gedanken worten, ge-
perden und werken, wie auch diser glaub erkennet,
das Gott unser Her Vater ain jedes nach seinem ge-
fallen und nach jedes hail beruefet und zur herschaft
oder dienst, reichtumb oder armut verordnet, da-
rumb im niemand seinen beruf solle mißfallen lassen,
sonder gedenken, das er das nit wert sei und das er
dem Herren darin diene, darumb er auch immer ge-
denken solle, wie er in demselbigen getreu erfunden
werde.
Item wie diser glaub, weil er je erkennet, das wir
durch unser sund Gott immer so schwerlich erzurnen
und alles ungluck verdienen, gar getrunglich45 trei-
bet, zum gebet in der gemein und sunst, daraus man
das jung volk zum gebet fleißig vermanen solle. Also
auch so diser glaub aus dem gehör gotttlichs worts
allain entsteet und auch wachset und die heiligen
sacramenten zu sterkung und furderung dises glau-
bens sollen empfangen werden, solle man das jung
1 In der Vorlage „christen“.

volk auch fleißig vermanen, das es sich in die kirch
und zu den gemainden mit aller andacht verfuege, in
morgengepeten, auf die samstägobendgepet, zu zei-
ten das catacismi, auf die sonntäg und, wen in darzu
weil werden mag, das wort Gottes geren hören und
fleißig bedenke, die sacrament zu seiner zeit ent-
pfahe, auch sein almusen fur die armen dem Heren
aufopfere.
Solche stuck alle werden in den sonntäglichen
evangelien immer furbracht, das die helfer das jung
volk geschicklich und immer aus bewegnus der wort
und werk des Herren zu solichen christenlichen
ubungen zu underrichten und zu vermanen haben.
Das sollen si auch ganz getreulich tun und in dem
immer die notdurft des armen jungen haufens, der
sunst so gar jemerlich verwildet, fleißig bedenken
und sich in solchen predigen subtiler, hoher dispu-
tationen oder hendel, die nit aigentlich des jung volk
belangend, genzlich enthalten und, damit solichs von
helfern also beschehe, sollen die pröbst und presi-
denten ain fleißigs aufsehen haben. Dann man sich
in predigen selten genueg herablassen kann auf die
einfalt beede der alten und jungen, damit in dem
geleret und ermanet wurden, das immer zum fur-
nemsten von nöten und si auch am besten mit frucht
des glaubens und ires ganzen lebens und nit zum
furwitz und vergebnen disputieren fassen könden.
Was auf den hochzeitlichen festen
zu predigen sei.
Zu Weihenechten, sollen die prediger die historien
von der gepurt Christi in den predigen vor- und
nachmittag furhalten und zu dankparkait der so
große guete Gottes das volk ermanen.
Also sollen man uf dem Palmtag anfahen, die
histori des leidens Christi zu verkleren, und diesel-
bige die karwochen aus in den tagpredigen volfue-
ren.
Uf den Östertag solle die histori der auferstend-
nus, auf den Auffarttag der ufart des Herren, uf den
Pfingstag der sendung des Hailigen Gaists auch in
allen predigen vor und nach mittag gehandelt wer-
den.
45 = dringlich.

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