Forma. / Wie vom hailigen tauf . . . . zu reden. 1555
Von der nottauf.
So bei der gemainen tauf ains oder mer kindlin,
die not halben wären getauft worden, zugegen wä-
ren, die laß der taufer beiseits treten und, so die
action mit den andern kindern verricht, damit sich
niemants des verzug und der zeit halben zu be-
schwärn hab, alsdann halt er auf verantworte frag-
stuck mit den genottauften volgende form oder
action:
I. Die erste frag: Wauo1 und warumb das kindlin
genottauft sei? Wirt dann geantwort, es sei, nach-
dem es volkomlich an die welt ain volkomner mensch
geboren2, umb der höchsten not willen, das man sich
des kindlins leben besorg und man den kirchen-
dienst nit erwarten noch den kirchendiener errai-
chen mügen, getauft worden (dann außerhalb ge-
melter not kain kind außerhalb der gemain Gottes
oder des kirchendieners dienst getauft soll werden),
II. so frage er weiter, wie und mit was worten die
tauf geschehen? Antwortet man, nach getonem ge-
bet mit wasser im namen Gott des Vaters und des
Suns und des Hailigen Gaists,
III. so frage er zu dritten, welche personen dabei
gewesen, durch wen die tauf beschehen, welche als
gevattern aufgelegt und mit was namen si das kind
genent haben. Sagt man: Dise personen, und: Das
kind haißt N.,
IIII. so frage er zuoletst auch die andern, so darbei
gewesen, ob die sach also gehandelt worden und si
auch in irem gewissen gwiß seind und nicht zweiflen,
das si der wort Christi recht gebraucht, getauft und
seinem bevelch genüg geton haben. Bekennen si ja
darzu, so sage der kirchendiener3:
Nun wolan, lieben christen und geliebten in dem
Herrn! Dieweil ir dann in dem namen auf den be-
velch unsers lieben Herren Gottes mit rechtem
glauben solches alles geton, so sag und bekenn ich
mit euch, das ir recht und wol daran geton habt, sei-
1 = Wo.
2 Damit ein Kind nicht etwa ohne Taufe sterbe und so
des ewigen Heils verlustig gehe, erklärt es die katho-
lische Kirche für eine ernste Pflicht, ein Kind not-
falls auch vor vollendeter Geburt im Mutterleibe zu
taufen (Wetzer 11, 1270). Auf evangelischer Seite
wurde darin von vornherein ein Mißbrauch gesehen
temal die armen kindlin der gnaden bedürfen und
unser Herr Jesus Christus inen dieselbige nit absagt.
und soll daran niemants irren noch ergern euer per-
son und weiblichs geschlecht, seitemal (R: 1. Pet. 3
[7]) ir auch miterben seind der gnaden des lebens
und mit uns das auserwölte geschlecht und könig-
liche priestertumb, das hailige volk des aigentumbs,
das da verkündigen soll die tugent cies, der uns von
finsternus zu seinem wunderbarn licht berufen hat,
vom Petro, dem hailigen apostel Jesu Christi, ge-
nennet werden (R: 1. Pet. 2 [9]), und wir auch von
Gottes gnaden wissen und leeren, das die kraft und
würde der hochwürdigen sacrament nit auf der per-
son, sonder dem wort Gottes steht und durch das-
selb sein und würken alles, was Got von inen zuo-
sagt und er si nennet. So ist auch solchs nit aus ver-
messenhait oder verachtung des kirchendiensts,
sonder aus hochtringender not, die on das der ge-
mainen regel und ordnung nit underwürflich, von
euch, wie ir bekannt, underfangen und verrichtet
worden. Darumb, auf das das heilige sacrament der
tauf nit geschend noch Gotes wort, darbei gefüret,
für ain spott oder lugen gehalten werd, soll das kind
bei der empfangnen tauf bleiben und nit wider ge-
tauft werden, sollen und wöllen uns sein als ains
rechten kinds und erben Gotes, ains rechten glids
und miterbens unsers Herren Jesu Christi und seiner
hailigen kirchen annemen und halten.
(Es soll auch, dieweil es on ain namen ist, furthin
N. genennet werden).
Vermanung, so ain notgetaufts kindlin
allain da ist.
Wir wöllen zuo mehr versicherung und trost dises
handels und unser erinnerung, was wir von den kin-
dern halten sollen, anhören das hailig evangelium,
darin unser Herr Christus die kinder nit allain auf
das freundlichest zuo im fordert, sonder auch aufs
herzlichest annimbt und zeuget, das si alle gnad bei
(Brandenburg-Ansbach 1536 [Sehling 11, 321],
Dietrichs Agendbüchlein 1513 [Sehling 11, 506]).
3 Das Folgende zunächst in engem Anschluß an die
Mecklenburger Kirchenordnung von 1552 (Sehling
5, 206) oder eine andere Nachfolgerin der Agende
Herzog Heinrichs von 1539 (Sehling 1, 268), dann
frei weitergebildet.
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Von der nottauf.
So bei der gemainen tauf ains oder mer kindlin,
die not halben wären getauft worden, zugegen wä-
ren, die laß der taufer beiseits treten und, so die
action mit den andern kindern verricht, damit sich
niemants des verzug und der zeit halben zu be-
schwärn hab, alsdann halt er auf verantworte frag-
stuck mit den genottauften volgende form oder
action:
I. Die erste frag: Wauo1 und warumb das kindlin
genottauft sei? Wirt dann geantwort, es sei, nach-
dem es volkomlich an die welt ain volkomner mensch
geboren2, umb der höchsten not willen, das man sich
des kindlins leben besorg und man den kirchen-
dienst nit erwarten noch den kirchendiener errai-
chen mügen, getauft worden (dann außerhalb ge-
melter not kain kind außerhalb der gemain Gottes
oder des kirchendieners dienst getauft soll werden),
II. so frage er weiter, wie und mit was worten die
tauf geschehen? Antwortet man, nach getonem ge-
bet mit wasser im namen Gott des Vaters und des
Suns und des Hailigen Gaists,
III. so frage er zu dritten, welche personen dabei
gewesen, durch wen die tauf beschehen, welche als
gevattern aufgelegt und mit was namen si das kind
genent haben. Sagt man: Dise personen, und: Das
kind haißt N.,
IIII. so frage er zuoletst auch die andern, so darbei
gewesen, ob die sach also gehandelt worden und si
auch in irem gewissen gwiß seind und nicht zweiflen,
das si der wort Christi recht gebraucht, getauft und
seinem bevelch genüg geton haben. Bekennen si ja
darzu, so sage der kirchendiener3:
Nun wolan, lieben christen und geliebten in dem
Herrn! Dieweil ir dann in dem namen auf den be-
velch unsers lieben Herren Gottes mit rechtem
glauben solches alles geton, so sag und bekenn ich
mit euch, das ir recht und wol daran geton habt, sei-
1 = Wo.
2 Damit ein Kind nicht etwa ohne Taufe sterbe und so
des ewigen Heils verlustig gehe, erklärt es die katho-
lische Kirche für eine ernste Pflicht, ein Kind not-
falls auch vor vollendeter Geburt im Mutterleibe zu
taufen (Wetzer 11, 1270). Auf evangelischer Seite
wurde darin von vornherein ein Mißbrauch gesehen
temal die armen kindlin der gnaden bedürfen und
unser Herr Jesus Christus inen dieselbige nit absagt.
und soll daran niemants irren noch ergern euer per-
son und weiblichs geschlecht, seitemal (R: 1. Pet. 3
[7]) ir auch miterben seind der gnaden des lebens
und mit uns das auserwölte geschlecht und könig-
liche priestertumb, das hailige volk des aigentumbs,
das da verkündigen soll die tugent cies, der uns von
finsternus zu seinem wunderbarn licht berufen hat,
vom Petro, dem hailigen apostel Jesu Christi, ge-
nennet werden (R: 1. Pet. 2 [9]), und wir auch von
Gottes gnaden wissen und leeren, das die kraft und
würde der hochwürdigen sacrament nit auf der per-
son, sonder dem wort Gottes steht und durch das-
selb sein und würken alles, was Got von inen zuo-
sagt und er si nennet. So ist auch solchs nit aus ver-
messenhait oder verachtung des kirchendiensts,
sonder aus hochtringender not, die on das der ge-
mainen regel und ordnung nit underwürflich, von
euch, wie ir bekannt, underfangen und verrichtet
worden. Darumb, auf das das heilige sacrament der
tauf nit geschend noch Gotes wort, darbei gefüret,
für ain spott oder lugen gehalten werd, soll das kind
bei der empfangnen tauf bleiben und nit wider ge-
tauft werden, sollen und wöllen uns sein als ains
rechten kinds und erben Gotes, ains rechten glids
und miterbens unsers Herren Jesu Christi und seiner
hailigen kirchen annemen und halten.
(Es soll auch, dieweil es on ain namen ist, furthin
N. genennet werden).
Vermanung, so ain notgetaufts kindlin
allain da ist.
Wir wöllen zuo mehr versicherung und trost dises
handels und unser erinnerung, was wir von den kin-
dern halten sollen, anhören das hailig evangelium,
darin unser Herr Christus die kinder nit allain auf
das freundlichest zuo im fordert, sonder auch aufs
herzlichest annimbt und zeuget, das si alle gnad bei
(Brandenburg-Ansbach 1536 [Sehling 11, 321],
Dietrichs Agendbüchlein 1513 [Sehling 11, 506]).
3 Das Folgende zunächst in engem Anschluß an die
Mecklenburger Kirchenordnung von 1552 (Sehling
5, 206) oder eine andere Nachfolgerin der Agende
Herzog Heinrichs von 1539 (Sehling 1, 268), dann
frei weitergebildet.
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