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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0117
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Forma. / Wie vom hailigen tauf . . . . zu reden. 1555

Laßt uns weiter beten!
Ach, Herr Gott himlischer Vater, du hast uns je
geboten durch deinen lieben Sun Jesum Christum,
wir sollen die kindlin zu dir bringen, das si gesegnet
werden. Ach, Herr, so wöllest du in diser jetzigen
gegenwürtigen not dich unser erbarmen und dis
kindlin, so wir dir jetzt zubringen, genädiglich auf-
nemen und dein lassen sein, im alle seine sünd ver-
geben und machen aus im ain kind des ewigen le-
bens umb Jesu Christi deines Suns willen. Amen.
Hie bekenne er den christlichen glauben (R: oben
am blat 8. [S. 86]), darnach taufe er das kindlin
im namen Gottes des Vaters, Suns und Hailigen
Gaists.
Laßt uns beten!
Der allmächtig Got und Vater unsers Herren Jesu
Christi, der dich durchs wasser und Hailigen Gaist,
anderwerb geborn hat und dir all dein sünd verge-
ben, der sterke dich mit seiner gnaden zu dem ewi-
gen leben! Amen7.
Wölle auch dir, so es zu lob seines namens und er-
bauung seiner kirchen ist, dein schwachheit zu
langwirigem, gottsäligem leben, gnädiglich wenden
und durch seinen Hailigen Gaist die zeit derselben
deiner wolfart in volkomnem und ganzem gehor-
sam seines evangelii erhalten und regieren umb Jesu
Christi seines Suns willen. Amen.
Ain kurze tröstliche vermanung
an die traurigen eltern und andere gegenwärtige
betrübte personen der schwachheit des kindlins
halben, so es die zeit und gelegenhait leiden will, auf
gehaltene tauf zu tun.
Und dieweil ir nun, lieben christen, durch die hai-
lige tauf des segens und der gnaden an disem kindlin
versichert worden seind, es geschehe nun Gottes
genädiger will mit im zum leben oder tod, wie er will,
so will euch nun gebüren als christen, euern willen
auch darnach zuo richten und durch ungedult und
unmeßig trauren nicht demselben zu widerstreben;
dann dis kindlin noch niemals euer worden ist, wie-
wol es von Got durch und aus euch zu seinem eben-
bild geschaffen und gemacht worden und, wa es im
leben bleiben wurde, ir das mittel sein sollent, durch
7 Wohl in Anschluß an die Württembergische Kirchen-
ordnung von 1553 (Richter 2, 134. - Hauß-Zier

welche er im alle leibliche woltaten, narung, zucht,
schutz, fürsorg geben und laisten will, sondern es ist
Gottes, wie es dann sein ebenbild ist und Got jetzund
durch die tauf im seines lieben Suns namen mit-
getailt hat, das es ain christ genennet und ain
warhaftigs kind und erb Gottes ain miterb aber
Jesu Christi sein soll. Darumb es lebe nun oder ster-
be, so lebt oder stirbt es nit weder euch noch je-
mands ainigem menschen in diser welt, auch im
selbs nit, sondern Gott; dann kainer lebt im selber
und kainer stirbt im selber, sagt Paulus (R: Roman-
14 [7 ff.]): Leben wir, so leben wir dem Herrn, ster-
ben wir, so sterben wir dem Herren. Darumb: wir
leben oder sterben, so seind wir des Herrn. Dann
darzu ist auch Christus gestorben und auferstanden
und wider lebendig worden, das er über toten und
lebendigen Herr sei. Nun wissen wir aber auch dis,
was mit dem lieben kindlin in der tauf gehandelt
worden ist, nämlich: das im seine sünd, in welchen es
von euch empfangen und geboren ist, vergeben seind,
ime alle ungerechtigkait ausgezogen ist und dar-
gegen Christum angezogen (R: Galat. 3 [27]). Die-
weil im dann die sünd vergeben, so muoß volgen,
das der sünden sold, der tod (R: Roman. 6 [23]), im
auch nit schaden kan, sonder, dieweil es Christum
(welcher das leben ist und gibt es allen, die an in
glauben) angezogen hat und in seinen tod getauft
ist, das es wider leben soll und muß, nicht in ainem
solchen armen, trübsäligen leben, wie diser welt
leben ist, das mit schmerzen anfacht und aufhört,
ja durch und durch mühsam, sondern in ainem ewi-
gen und freudenreichen leben, dessen freud so groß
und herzlich sein wird, das kain or gehört, kain aug
gesehen hat, und in kains menschen herz nit stei-
get (R: 1. Cor. 2 [9]) noch mit vernunft erraichet
werden mag, dargegen aller welt leiden nichts ist zu
rechnen, da alles trauren und wainen aufhören soll.
Und demnach diser sein zeitlicher tod ain hailiger
und nicht der sünden tod ist. Darumb er vor Got
werd ist (R: Psalm. 116 [15]), auch nicht zu achten
nach unsern gedanken, sondern, wie in die schrift
nennet, ain feiner, süsser und lieblicher schlaf und
sein grab ain schöne schlafkamer (R: Esaie 26 [20]),
dahin es sich verschließen möchte ain klainen augen-
29), die ihrerseits aus Brandenburg-Nürnberg 1533
(Sehling 11, 180) geschöpft hatte.

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