beraten ließ. Obwohl er sich nicht viel davon versprach, sandte Osiander am 15. Februar 1535 einen
Vorschlag21. Es darf mit Bestimmtheit angenommen werden, daß er auch zur Durchführung gelangte.
Daß später jährliche Kapitelszusammenkünfte in Dinkelsbühl stattfanden, steht fest. Nachdem 1556 der
dortigen Gegenreformation wegen die letzte gehalten worden war, wurde seit 1558 Weiltingen als
Ort erwählt22.1541 wehrte sich Dinkelsbühl auch erfolgreich gegen den Entzug von Leistungen für diese
Kapitel,wie er von katholischer Seite versucht wurde23. Vor allem liegen aber auch Anhaltspunkte da-
für vor, daß gerade Osianders Vorschlag übernommen worden war. An ihn klingt ja doch die Ordnung
des unmittelbar an das Dinkelsbühler Kapitel angrenzenden Kapitels Wassertrüdingen (in der Diözese
Eichstätt) vom Jahre 151524 unverkennbar an. Noch deutlicher ist die innere Verwandtschaft dann bei
der Ansbachischen Kapitelsordnung von 156525, und an deren Beratung hatte ja auch der Prediger von
Feuchtwangen, das zum alten Kapitel Dinkelsbühl gehört hatte, teilgenommen. So darf man in diesem
Vorschlag Osianders gewiß die Wurzel einer dann überaus bedeutungsvollen Verfassungseinrichtung
sehen.
Der Zusammenbruch im Interim.
Bei der politischen Bündnisentwicklung hatte sich Dinkelsbühl - seinen größeren Nachbarn
Brandenburg und Nürnberg folgend -zunächst zurückgehalten 1. Noch beim Vormarsch der Schmalkal-
dischen Truppen hatte sich die Stadt neutral gehalten. Nach dem Umschwung wurde sie auf ihre Bitte
aber doch in den Bund aufgenommen, wofür ihr der Kaiser auch sogleich die Rechnung vorlegte. Noch
im Dezember mußte Pfarrer Wurzelmann die Stadt verlassen2.
Sein Nachfolger wurde Abel, der aber bald starb. So war es begreiflich, daß dem Interim kein ernster
Widerstand entgegengesetzt werden konnte, um so weniger, als der neue Pfarrer Christian Wilheim - er
war 1548 Abel nach dessen Tod gefolgt - erklärte, das Interim sei zwar gewiß unrecht; aber was der
Kaiser verlange, müsse eben geschehen3. Nun wurde in der Georgskirche evangelischer Gottesdienst und
Interimsgottesdienst gehalten, in der Spitalkirche aber katholischer und evangelischer Gottesdienst. Als
Wilhelm dann nach besserer Einsicht sein Wort von der auch hier geltenden Gehorsamspflicht zurück-
nahm, wurde er entlassen; der Prediger Tettelbach erlitt das gleiche Schicksal und gleich darauf auch
Wilhelms Nachfolger. Am 1. November 1549 aber wurde auf kaiserlichen Befehl die Georgskirche über-
haupt ganz den Katholiken übergeben. Die Evangelischen blieben auf den Mitgebrauch der Spitalkirche
beschränkt. Außerdem wurden ihnen die Taufen untersagt. Wer auswärts taufen ließ, wurde bestraft.
Im März 1550 wurde der evangelische Gottesdienst ganz verboten. Jeder wurde zum Besuch der Messe
verpflichtet. Weit über 100 Bürger wurden wegen Religionsvergehen aus der Stadt gewiesen. Der letzte
evangelische Ratsherr wurde durch einen Katholiken ersetzt. Sommer 1551 wurde der letzte evangelische
Geistliche entlassen. Auch Villersbronn, Schopflohe und Wilburgstetten wurden wieder katholisch4.
Daß im Jahre 1552 auch hier die Zunftverfassung beseitigt und ein, soweit nur irgend möglich,
katholisches Stadtregiment eingesetzt wurde5, vollendete die Unterdrückung der evangelischen Bewegung.
21 Unsere Nr. II 1. - Kolde, Osianders Entwurf. - Bürckstümmer 1, 80ff.
22 Bürckstümmer 1, 150. — Seit 1558 (bis um 1580) wurde das Kapitel in Weiltingen gehalten, obwohl die Mehr-
zahl der Pfarreien dem 1556 errichteten brandenburgischen Kapitel Feuchtwangen eingegliedert und diesem auch
das Vermögen übereignet wurde. Dinkelsbühler Geistliche nahmen aber nicht mehr daran teil (Nürnberg Staats-
archiv, Ansbacher Akten Nr. 1029 [Das Kapitelsnotizbüchlein]. - Gust. Braun, Markt Weiltingen a.d.W . Ans-
bach 1909. 30-33. - Aug. Gabler, Altfränkisches Dorf- und Pfarrhausleben. Nürnberg 1952. 72.
23 Bürckstümmer 1, 93.
24 Sehling 11, 332jf. 25 Sehling 11, 348jf.
1 Bürckstümmer 1, 89f. 2 Bürckstümmer 1, 99—119.
3 Bürckstümmer 1, 124f. — Teufel 13. 4 Bürckstümmer 1, 119-149. — Teufel. - Sirnon, Dinkelsbühl.
5 Die neue Verfassung: Jahresbericht der Realschule Dinkelsbühl 188511886 49ff.
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Vorschlag21. Es darf mit Bestimmtheit angenommen werden, daß er auch zur Durchführung gelangte.
Daß später jährliche Kapitelszusammenkünfte in Dinkelsbühl stattfanden, steht fest. Nachdem 1556 der
dortigen Gegenreformation wegen die letzte gehalten worden war, wurde seit 1558 Weiltingen als
Ort erwählt22.1541 wehrte sich Dinkelsbühl auch erfolgreich gegen den Entzug von Leistungen für diese
Kapitel,wie er von katholischer Seite versucht wurde23. Vor allem liegen aber auch Anhaltspunkte da-
für vor, daß gerade Osianders Vorschlag übernommen worden war. An ihn klingt ja doch die Ordnung
des unmittelbar an das Dinkelsbühler Kapitel angrenzenden Kapitels Wassertrüdingen (in der Diözese
Eichstätt) vom Jahre 151524 unverkennbar an. Noch deutlicher ist die innere Verwandtschaft dann bei
der Ansbachischen Kapitelsordnung von 156525, und an deren Beratung hatte ja auch der Prediger von
Feuchtwangen, das zum alten Kapitel Dinkelsbühl gehört hatte, teilgenommen. So darf man in diesem
Vorschlag Osianders gewiß die Wurzel einer dann überaus bedeutungsvollen Verfassungseinrichtung
sehen.
Der Zusammenbruch im Interim.
Bei der politischen Bündnisentwicklung hatte sich Dinkelsbühl - seinen größeren Nachbarn
Brandenburg und Nürnberg folgend -zunächst zurückgehalten 1. Noch beim Vormarsch der Schmalkal-
dischen Truppen hatte sich die Stadt neutral gehalten. Nach dem Umschwung wurde sie auf ihre Bitte
aber doch in den Bund aufgenommen, wofür ihr der Kaiser auch sogleich die Rechnung vorlegte. Noch
im Dezember mußte Pfarrer Wurzelmann die Stadt verlassen2.
Sein Nachfolger wurde Abel, der aber bald starb. So war es begreiflich, daß dem Interim kein ernster
Widerstand entgegengesetzt werden konnte, um so weniger, als der neue Pfarrer Christian Wilheim - er
war 1548 Abel nach dessen Tod gefolgt - erklärte, das Interim sei zwar gewiß unrecht; aber was der
Kaiser verlange, müsse eben geschehen3. Nun wurde in der Georgskirche evangelischer Gottesdienst und
Interimsgottesdienst gehalten, in der Spitalkirche aber katholischer und evangelischer Gottesdienst. Als
Wilhelm dann nach besserer Einsicht sein Wort von der auch hier geltenden Gehorsamspflicht zurück-
nahm, wurde er entlassen; der Prediger Tettelbach erlitt das gleiche Schicksal und gleich darauf auch
Wilhelms Nachfolger. Am 1. November 1549 aber wurde auf kaiserlichen Befehl die Georgskirche über-
haupt ganz den Katholiken übergeben. Die Evangelischen blieben auf den Mitgebrauch der Spitalkirche
beschränkt. Außerdem wurden ihnen die Taufen untersagt. Wer auswärts taufen ließ, wurde bestraft.
Im März 1550 wurde der evangelische Gottesdienst ganz verboten. Jeder wurde zum Besuch der Messe
verpflichtet. Weit über 100 Bürger wurden wegen Religionsvergehen aus der Stadt gewiesen. Der letzte
evangelische Ratsherr wurde durch einen Katholiken ersetzt. Sommer 1551 wurde der letzte evangelische
Geistliche entlassen. Auch Villersbronn, Schopflohe und Wilburgstetten wurden wieder katholisch4.
Daß im Jahre 1552 auch hier die Zunftverfassung beseitigt und ein, soweit nur irgend möglich,
katholisches Stadtregiment eingesetzt wurde5, vollendete die Unterdrückung der evangelischen Bewegung.
21 Unsere Nr. II 1. - Kolde, Osianders Entwurf. - Bürckstümmer 1, 80ff.
22 Bürckstümmer 1, 150. — Seit 1558 (bis um 1580) wurde das Kapitel in Weiltingen gehalten, obwohl die Mehr-
zahl der Pfarreien dem 1556 errichteten brandenburgischen Kapitel Feuchtwangen eingegliedert und diesem auch
das Vermögen übereignet wurde. Dinkelsbühler Geistliche nahmen aber nicht mehr daran teil (Nürnberg Staats-
archiv, Ansbacher Akten Nr. 1029 [Das Kapitelsnotizbüchlein]. - Gust. Braun, Markt Weiltingen a.d.W . Ans-
bach 1909. 30-33. - Aug. Gabler, Altfränkisches Dorf- und Pfarrhausleben. Nürnberg 1952. 72.
23 Bürckstümmer 1, 93.
24 Sehling 11, 332jf. 25 Sehling 11, 348jf.
1 Bürckstümmer 1, 89f. 2 Bürckstümmer 1, 99—119.
3 Bürckstümmer 1, 124f. — Teufel 13. 4 Bürckstümmer 1, 119-149. — Teufel. - Sirnon, Dinkelsbühl.
5 Die neue Verfassung: Jahresbericht der Realschule Dinkelsbühl 188511886 49ff.
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