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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0158
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[II 6.] Wes man sich in aufnemung und bestellung eines
vorsingers verhalten soll.

Nachdem in der kirchen gemeine burgerschaft der
augspurgischen confession eines vorsingers jederzeit
notturftig sein wurd (dann dem pfarrer und helfer
one das gnugsame arbeit auf dem hals ligen), soll in
annemung solches vorsingers jedesmals ungeferlich
dise ordnung gehalten werden.
Erstlich soll kein vorsinger one des pfarrers willen
aufgestellet, sonder von den verordneten herrn kir-
chenpflegern mit willen und beisein desselben ge-
handelt und verfarn werden, damit ein vorsinger
dem pfarrer in kirchensachen gebürlichen gehorsam
laiste und sie selbst durch misgunst gegeneinander
und uneinigkeit nit eine unordnung und ergernus an-
richten.
Zum andern: Da man es haben kan, soll in allweg
ein teutscher schuelmeister darzu gebraucht werden.
Fürs drit: Da es aber an einem teutschen schuel-
maister fehlet und andere personen vil oder wenig
darumb anlangen wurden, soll ein ehrlicher und er-
barer, auch stiller und fridsamer burger darzu ge-
braucht werden.
Fürs viert soll an solchem burger fürnemlich be-
dacht werden sein tun und lassen, wie er bei der
obrigkeit stehe, damit nit ein rat an im ursach neme,
etwas gegen den kirchenpflegern und religion furzu-
nemen. Auch ist zu bedenken, wie still und eingezo-
gen er und sein weib sich verhalten, damit man nit
liederlich leut zu solchem dienst gebraucht, davon
die lesterer ursach nemen möchten, von der religion
und kirchendienst ubel zu reden.
Zum fünften soll bedacht werden: Dieweil die be-
soldung vom vorsingen nit uberig gros, wavon be-
stelter vorsinger sich neben der besoldung erhalten
woll oder künne, damit durch teglich clagen und
nachlaufen die herrn kirchenpfleger nit belestigt
oder sonst ausgeschrien werden, als liesen si ire vor-
singer in armut stecken und notleiden.
Zum sechsten soll oftgemelter vorsinger der psal-
men fertig und geübt sein, auch ein zimliche stim
Druckvorlage: Gleichzeitige Abschrift (Dinkels-
bühl Stadtarchiv Drechselsche Religionsakten 5
[Bände 270] f. 397 ff.) - Vgl. oben S. 125!

zu singen haben, damit er in der commun den ge-
sang erhalten kün und nit ungleicheit im singen für-
fallen.
Wenn man dann einen solchen man so vil müglich
aus vilen anhaltenden haben kan und pfarrer und
kirchenpfleger sich vorerzelten stuck nach notturft
mit einander underredt haben, so mag man orden-
lich wöhlen und den pfarrer neben einem kirchen-
pfleger die wahl einnemen lassen, da dan ein jeg-
licher kirchenpfleger auf vorerzelte puncten und
underred in seiner stim zu sehen schuldig ist.
Im fahl aber umb das vorsingerambt nur ein per-
son anhielt oder man selbst es jemand antragen
müeste, so darf es keiner wahl, sonder notturftiger
beratschlagung und underred, damit vorerzelten
sechs punkten gemes gehandelt werde.
Da man nun sich eines verglichen, soll derselb
beschickt werden. Darneben soll ein helfer als der
einem vorsinger auch in der kirchen der gesang hal-
ben zu bevelhen hat, beschaiden werden und in aller
kirchenpfleger namen durch den eltisten dem künf-
tigen vorsinger angezeigt werden, er were hieher be-
schiden aus ursachen, wie er vom pfarrer, der be-
velch het im fürzubringen, vernemen wurde.
Darauf zeigt im der pfarrer an, wie er auf sein an-
langen zum vorsinger auf ein halb jar, es mit im zu
versuechen, erwöhlet und, dieweil ein notturft, im
seine arbeit und lohn bei solchem dienst zu vermel-
den, hab er bevelch von den herrn kirchenpflegern
im solche bede stuck fürzuhalten.
Seine arbeiten zeige der nam an: vorsinger, nem-
lich das er in der kirchen, auch auf den gotsackern
und, wo es die notturft erfordern werde, soll die
psalmen der gemein anfangen und den ganzen ge-
sang halten, damit man einhellig und ordenlich sing.
Er soll aber keine gesang seines gefallens, sonder
nach bevelch eines pfarrers und helfers singen und,
wan man predigt, soll er in die sacristei kummen und
fragen, was er singen sol, und alsbalt wider aus der

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