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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0174
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III. Kirchenordnung von Donauwörth 1545.
Erkanntnus clainen und großen rats der stat Wörd, religionssachen belangend,
beschehen anno 1545 den 25.Febr.

Erkanntnus clainen und großen rats der stat
Wörd, religionssachen belangend, beschehen anno
1545 den 25. Febr.
Ein erbarer clainer und großer rat der stat Wörd
hat numnal vil jar her gewart und verhofft, es sollte
Got dem Herren zu eeren und unser seligkait zu fur-
derung die zwispalt der religion durch ain concilium1
oder andere christliche mittel und wege verglichen,
die mißpreueh bei den kirchen abgestelt und die alt-
christlich leer, wie die durch Christum unsern aini-
gen Heiland erstlich vom himmel herabgebracht
und nachvolgend durch die hailigen apostel aus sei-
nem bestimpten bevelch in die welt verkündigt,
sampt dem waren gottesdienst nach seinem wort
widerumb aufgericht worden sein, wie da die kai-
[serhche] m[ajestä]t, unser allergnedigister herr, uf
vil gehalten reichstagen allen kaiserlichen, väter-
lichen und gnedigisten fleis fürgewendt hat. Dieweil
aber sein kai[serhche] m[ajestä]t bis anher durch et-
liche ursachen2, den reichstenden bewußt, verhin-
dert worden, also das zweifenlich ist, wie lange die
schwebenden spaltungen noch weren möchten, und
aber in Gottes sachen gar beschwerlich ist, unver-
antwortliche saumseligkait zu geprauchen, sonder-
lich, so der zorn Gottes in mancherlei weis3 unser
sünd halben vor augen schwebt und meniglich zur
waren buß und besserung berufet,
demnach ist clainer und großer rat von ambts-
wegen bewegt worden in diser sachen, so die Gottes
eer und ire und irer lieben mitbürger leibe und selen
antrifft, ain mittel zu suochen und in irer kirchen et-
licher artikel halben ain solche ordnung furzuneh-
Druckvorlage: München, Bayerisches Haupt-
staatsarchiv, Staatsverwaltung 2731 f. 190 ff. (Gleich-
zeitige Abschrift). - Druck: Stieve 453.
1 Ein solches Konzil oder eine entsprechende Natio-
nalversammlung war seit dem Speyerer Reichstag
von 1526 in Aussicht gestellt. Es trat schließlich im
Jahr 1545 in Trient zusammen, wo es am 15. Dez.
seine erste Sitzung hielt.
2 Die entscheidende Ursache dafür lag im Widerstand
des Papstes Clemens VII. (1523-1534 [RE 4, 147ff.

men, darob zuversichtlich die unverstendigen kain
beschwerung und die schwachen kain billiche clag
haben mögen.
Erstlich: Dieweil das predigampt von Christo un-
serm ainigen Herrn und Hailand eingesetzt und in
der christlichen gemein das notwendigest stück ist,
wie geschrieben steht [Röm. 10, 14]: Wie soll man
glauben in den, von welchem man nichts hört, und
wie soll man hören ohne prediger ?
derhalben soll ein gottesfürchtiger, frommer, ge-
lerter mann, so der hailigen schriften und der ersten
apostolischen kirchen und gepreuch kundig sei, zu
ainem predicanten ufgenommen, bestelt und im zu-
gelassen, ja ernstlich bevolhen werden, das hailig,
lauter und rain wort Gottes, das in den hailigen
schriften beder des alten und neuen testaments ver-
faßt und gewiß ist, furzutragen, zu predigen und zu
lehren.
Diser predicant soll auch einen helfer oder diaco-
num halten, der ime mit predigen und anderen hier-
nachvolgenden christlichen sachen beistendig und
behelfen sei.
Zum andern: Sintemal einem jeden ckristenkoch
und viel an der heiligen tauf, so von Christo, unserm
lieben Herrn, eingesetzt, gelegen, auch gut und not
ist, das ein jeder wisse, wie er getauft sei, und die
umbstenden zu mererm ernst und andacht geraizt,
so soll hinfür in der pfarrkircken durch den predi-
canten oder seinen helfer uf der kindereltern oder
gevattern ersuchen in gemainer teutscher sprach
verstendiglich getauft werden.
Zum dritten: Das hochwürdig sacrament des
- LThK2 2, 1226]), der ein Konzil auf italienischem
Boden, und Paul III. (1534-1549 [RE 15, 31-39
- LThK 8, 12]), der überhaupt kein Konzil wollte
und dann schließlich, um des Kaisers Politik zu
stören, doch eines zu einem dem Kaiser sehr un-
gelegenen Zeitpunkt ausschrieb.
3 Gedacht ist wohl vor allem an die ständige Bedro-
hung des Reiches durch die Türken, die 1542 Ungarn
erobert hatten.

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