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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0215
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Bekanntmachungen zur Einschärfung der Zuchtordnung (Lasterstraf) 1539

Desgleichen ist das schandlich laster des zu- und
volltrinkens, das nit alain die cristen je und allwegen
von alterher als lasterlich gemitten, sonder auch die
vernunftigen haiden allwegen zum höchsten ver-
dampt haben, daraus sovil ubels, wie man täglich
sicht, ervolgt,
desgleichen das Gots lestern und schweren, das
je von denen, die cristen genannt sein wöllen, ain
erschrockenliche undankbarkait und unsinnige,
fravele sünd ist und sein muß, auch mit andern
lastern vorhin ernstlich verpoten.
Bitt und vermanet ain erbar rat nochmalen aller-
meniglich mit ganzem fleiß, derselbigen ubel und
laster, dannenher der zorn Gottes gewißlich gegen
uns erfolgt, abzusten und sich der zu mießigen; dann
wa sich jemands an solich väterlich warnung nit
keren, sonder die verachten und sich wider Gottes
und der oberkait gepot überfullen oder gottsleste-
rung und schwuer usgießen ald3 sonst wider voran-
gesehen zuchtordnung mit schandlichem erger-
lichem leben, verpotnen schedlichen spilen oder in
ander weg handeln, der oder die wurden darumb
laut derselben zuchtordnung ernstlich gestraft.
Dieweil ain erbar rat dises erinnern so cristen-
licher, väterlicher wolmainung tut, demnach so
wölle ain jeder in sich selbst gon, sich dem allmäch-
tigen Gott und seiner oberkait zu eren und gehor-
sam, auch im selbst zu wolfart und gutem hieruber
also erzaigen, darmit man underainander in cristen-
lichem und burgerlichem friden erber und zuchtig-
lich leben muge und je ainer den andern an der liebe
zu solichem allem von dem, das ergerlich und cri-
stenleuten ubel anstet, freundlich weisen und zie-
hen, auch, dieweil wir alle sündig und geprechlich
sind, je ainer fur den andern in den cristenlichen
versamblungen und sonst herzlich pitten, damit wir
uns in der liebe under ainander junger und diener
unsers Herren Jesu Cristi sein, erweiset. Des will sich
ain erbar rat zu allen und, das es Got, unserm him-
lischen Vater, ain gefallig, angenam werk und zu
ewigem und zeitlichem hail und wolfart der cristen
fürdersam sein werde, verhoffenlich getrösten.

3 = oder (Grimm 1, 203. - Schmeller 1, 67. —
Lexer 1, 35).

[b)] Zedel, in wurzheusern ufgeschlagen.
Zu wissen sei allermeniglich, das alles gotslastern,
fluchen, schwören, zutrinken und fullerei bei dem
turn und andern strafen, von ainem erbern rat diser
statt Lindau ernstlich verpoten ist.
Item welche hisigen leut ußerhalb irer heuser
zechen wollen, die söllen in die offen erbern trink-
stuben und zunftheuser geen, und soll sonst nie-
mands uber vier hieig personen setzen und dannocht
beschaidenlich zugon.
In wirtzheusern und andern heusern hie soll we-
der an feirtagen noch werktagen kain hieiger essen
oder trinken bis nach endung der morgenpredig, es
beschach dann von krankhait oder ander redlicher,
eehafter ursachen wegen. Desgleichen nachts nach
neun uren, soll niemands länger trinken noch die
leut lenger halten noch sitzen lassen.
Die nachzechen sollen ganzlich vermitten und von
niemands gehalten noch geton, auch alle zechen zu
dreu uren nachmittags geendet werden und nie-
mands die leut länger sitzen, trinken noch ainich
geschrai oder gesang in iren heusern tun noch haben
lassen.
Item, wolche das gotslestren, zuo- und voltrinken,
auch schädliche hie verpotne spil, desgleichen das
danzen und ander unzucht, dardurch frembd oder
haimisch verergert und belaidigt werden, möchten
in iren heusern furgon und geschehen lassen, das nit
abstellen noch die leut darvor verwarnen oder der
oberkait nit anzaigen, desgleichen wölche die hiei-
gen leut nachzechen tun, si am morgen vor der pre-
dig bei inen essen und trinken oder nachts, nachdem
es neune geschlagen het, sitzen und trinken lassen
wurden, die sollen darumb ernstlich und unnach-
läßlich gestraft werden als frävenlich und mut-
willig verachter irer oberkait ordnung und gepoten.
Darnach wiß sich meniglich zu richten.
Actum den 24. tag Marci anno 39.

Druckvorlage: Original (Reinschrift auf Papier
[im Anhang zur Zuchtordnung von 1533 (f. 19)]. -
Lindau Stadtarchiv 51. 13). - Vgl. oben S. 183!

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