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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0223
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Agenda, Das ist Ordnunge in der Pfarrkirchen zu Lindaw

Fürs ander vermane ich euch, das ir euch nach
der lehr Sanfc Pauli [1. Kor. 11, 28] fleißig beweret
erstlich, ob ihr euch notdürftig solcher des Herren
Christi hilf und guttaten befinden, das ist: als arme
dürftige sünder, von herzen erkennet, das ir euch von
dem schweren last und untreglichen bürde der sün-
den weder selbs durch aigene verdienst noch einiger
creatur zutun kunden helfen und, dieweil es euert-
halben albereit beschehen, das ir ewiglich verdampt
und verloren sein müßten, wo Gott der Herr mit
euch ins gericht gehn und vergelten wolt, was eure
werk verdienet hetten,
zum andern, ob ir auch vestiglich glaubet und be-
kennet, das von solchen euern sünden und dem
künftigen ewigen verderben euch geholfen hab
allein der eingeborene Son Gottes Jesus Christus,
durch sein sehge menschwerdung und volkomnen
gehorsam, den er seinem himlischen Vater bis in tod
gelaistet und das gsetz, so uns unmüglich zu halten,
selber erfüht hat.
zum dritten, ob ir auch glauben und bekennen,
das Christus den schatz dises seines verdiensts in
der christlichen kirchen für und für bis zu der welt
ende den gleubigen durch den ordelichen kirchen-
dienst, das ist: die predig des h.[eiligen] evangelii
und gebrauch der hailigen sacramenten, ausspende
und ir auch solcher ursachen halben jetz bei seinem
tisch erscheinen und die gemainschaft seines leibs
und bluts zu empfahen begeren.
So nun dem also in euerm herzen, so sprecht: Ja!
Antwort: Ja.
Kirchendiener:
So demütiget euch nun unter die gewaltige hand
Gottes und gebt dem Herrn die ehr und bekent im
euere sünd und missetat und sprecht von herzen:
Allmechtiger8, ewiger Gott und Vater, wir be-
kennen und verjehen9 dir, das wir, in ungerechtig-
kaiten empfangen und geboren, voller sünd und
o-o 1555: Auf solche handlung volget (nach getonem,
gewonlichem leuten und singen) die predigt aus
dem sonteglichen evangelio und, wann die predigt
zum ende gepracht, singt man einen lobgesang etc.
8 Aus Straßburg (seit 1537: Hubert 91f.).
9 = bejahen (wovon beichten = bejichten) (Schmel-
ler 1, 1205f. 200. - Grimm 12 I 607ff).
10 Der Trostspruch nach Augsburger Vorbild (vgl. oben
S. 87!), das wieder Straßburg folgte (z. B. Hu-

ubertretung sind in allem unserm leben als die, so
deinem wort nicht volkommen glauben noch deinen
hailigen geboten nachkommen. Wir bitten dich, sich
an deine güte und umb deines namens willen sei
gnedig und barmherzig und verzeich uns unsere
sünd und missetat, die leider groß sind!
Absolutio.
Höret nun auch und fasset mit gleubigem herzen
den trost der hailigen absolution10.
Also schreibt der heilig apostel Paulus in der er-
sten epistel, zum Timotheo am ersten capitel [15]:
Das ist je gewißlich war und ein teures werdes wort,
das Christus Jesus in die welt kommen, die sünder
selig zu machen. Ein jedes bekenne sich in der war-
heit mit dem heiligen Paulo in seinem herzen und
glaube in Christum, so verkündige ich euch, das
sich Gott unser himlischer Vater uber euch erbarmt
und euch eure sünd und missetat verzeicht und ver-
gibt durch den hailigen verdienst des leidens und
sterbens seines geliebten Sons unsers Herren Jesu
Christi. Und ich als ein ordenlicher diener dieser
kirchen, sag euch aus seinem befelch von solchen
euern sünden frei, ledig und los auf erden, das ihr
deren auch im himel ledig sein solt, in dem namen
Gott des Vaters und des Sons und des Hailigen Gai-
stes. Amen.
Der Herr verleihe genad, daß solches alles durch
die wirkung des Hailigen Gaistes, in euern herzen
kreftig und bestendig werde, damit ir fürthin in die
zeit euers lebens rechtschaffne buß antreten und in
euerem beruf und stand aufrichtig, treu und fleißig
befunden werden!
Geht hin im fride Gottes!
oHandlung des hailigen abendmals.
Erstlich wird nach getoner sontagsmorgenpredigt
von der canzel folgende vermanung11 gelesen:o
Darauf dann alspald der kirchendiener von der
canzel nachvolgende vermanung der ganzen ge-
main von wort zu wort fürliset und mit der pu-
blica absolutione beschleußet.
bert 94). Die Absolutionsformel dann in Anlehnung
an Württemberg 1553 (Hauß-Zier 53), wo sie aus
Brandenburg-Nürnberg 1533 entnommen war ( Seh-
ling 11, 187).
11 In Anschluß an Württemberg 1553 (Hauß-Zier

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