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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0247
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Geistlicher in die Stadt48, der dann heimlich im Kornhaus des Spitals Gottesdienste hielt. Zu einer
katholischen Herrschaft konnte aber nicht einmal die 1551 auch hier durchgeführte Beseitigung der Zunft-
verfassung durch den Kaiser führen49. Es fehlte an katholischen Männern, obgleich in früherer Zeit ge-
rade das Memminger Patriziat sich in besonderem Maße altgläubig gezeigt hatte.
Der endgültige Ausbau seit 1552.
1552 kam der Umschwung. Genau ein Jahr nach ihrer Vertreibung konnten die Geistlichen und
der Rektor wieder zurückkehren. Doch erhielten die Evangelischen einstweilen nur das Mitbenützungs-
recht an der Martinskirche zurück1. Dem Religionsfrieden entsprechend blieben, weil sie damals katho-
lisch besetzt waren, das Heiliggeist-, das Augustiner- und das Grauennonnenkloster bestehen. Das An-
tonierhaus wurde seit 1562 durch den in Frankreich sitzenden Verfügungsberechtigten nicht mehr neu
besetzt. Daher nahm es die Stadt in ihre Verwaltung. Damit überkam sie auch das Patronatsrecht an der
Martinskirche. Diese wurde jetzt den Evangelischen ganz überlassen. An der Frauenkirche, in der der
Gottesdienst für die Grauen Nonnen gehalten wurde, bekamen die Evangelischen etwa 1565 das Mit-
benützungsrecht. Erst 1804 wurde die Kirche nach Säkularisation ganz evangelisch2.
Sogleich nach ihrer Rückkehr begannen die Prediger unter Führung von Bartholomäus Bertlin 3 am
10. Februar 1553 mit Wiederaufrichtung der Kirchen- und Zuchtordnung und Wiederaufnahme der
Visitationen auf dem Lande. Immer neu wandten sie sich an den Rat - am 9. März 1554, am 22.Nov.
1555, am 2.Dez. 1556 und im Februar 15584. Sie erreichten aber nur Dinge, die - wie der Vollzug der
Taufe nur im Predigtgottesdienst oder die Abendmahlsfeier alle 4 Wochen - schon vor 25 Jahren von
Blarer gefordert worden waren, oder - neu - die Leichenpredigten, wo sie erbeten würden, und - der all-
gemeinen Entwicklung entgegen-die Beschränkung der Feiertage auf die Sonntage und die Feste Christi
(Weihnachten [25. Dezember], Beschneidung [1. Januar], Offenbarung [ = Epiphanias, 6. Januar],
Reinigung [2. Februar] und Himmelfahrt)5. Weiteres wollte man vor allem im Hinblick auf erhoffte
gesamtevangelische Regelungen einstweilen zurückgestellt lassen.
Als der aus Wittenberg gekommene David Künlein6 stärkeren Einfluß gewann, ging es vorwärts.
Künlein drängte 1563 auf reine lutherische Lehre und auf Einführung der Privatbeichte, wie er auch
im April 1569 die Unterzeichnung eines klaren Bekenntnisses durch die Geistlichen erreichte7. Auf ihn
geht es gewiß auch zurück, wenn jetzt am 6. August 1564 wieder alle Aposteltage samt Johannis (24.
Juni) und Stephani (26. Dezember) als Feiertage eingeführt wurden8. So erfolgten jetzt am 7. Septem-
ber 1565 und 26. September 1569 erneute ausführliche Eingaben9. Jetzt wurde ein Entwurf einer rich-
tigen Kirchenordnung geschaffen und von einem wohl aus geistlichen und weltlichen Personen be-
48 Schelhorn, Reformationshistorie 247f. — Gürsching 47.
49 Gürsching 51. - Karrer 205.
1 Schelhorn, Reformationshistorie 253f. - Unold 173f.
2 Unold 173f. 178. 291. 464. 513. - Gürsching 52ff. - K. F. Stark.
3 Geb. 1497 Füssen. Seit 1543 Prediger in und um Memmingen, 1551 als Gegner des Interims ausgewiesen, 1552
Memmingen Oberpfarrer - † 1562 (Schelhorn, Reformationshistorie 242—245. 253. — von Ammon, Pfarrer 3).
4 NLA Reichsstadt Memmingen 9, 2; 21, 1. 2. — Schelhorn, Reformationsgeschichte 260—263. — Braun, Kirchen-
visitationen 113-116.
5 NLA Reichsstadt Memmingen 9, 3. 4. — Memmingen Stadtarchiv 343, 1.
6 Aus Memmingen. — April 1553 Wittenberg immatrikuliert (C. F. Förstemann, Album academiae Vitebergensis
1502—1560 [Leipzig 1841] 279a), 31. Juli 1554 Magister (Jul. Köstlin, Die Baccalaurei und Magistri...
1548-1560. Osterprogramm der Universität Halle-Wittenberg. Halle 1891. 14), (15561) Memmingen Prediger,
1575 Oberster Prediger — † 1592 (Schelhorn, Beiträge 1, 124—155. — Karrer 239f. — von Ammon 4).
7 Braun, Andreäs Wirksamkeit.
8 NLA Reichsstadt Memmingen 9, 5. 9 aaO. 16, 2; 21, 9. — Braun, Kirchenvisitationen 121ff. 129f.

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