Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0249
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
der Anschein entstand, als würde sie nur gegen die Armen streng vollzogen und als könne man mit Geld
ihre Folgen verhüten. Sie wurde auch erneuert, ohne daß näheres darüber bekannt ist. Auf ein 1575 er-
neut erhobenes Bedenken der Geistlichen wurde sie am 28. August 1575 in einer verschärften Form ver-
kündet. Auch diese ist nicht erhalten24. Dagegen finden sich verschiedene - meist aber erst einer späteren
Zeit angehörige - Abbitt- und Wiederaufnahmeformeln für die Kirchenzucht25.
Zu nicht näher bekannter Zeit übernahm Memmingen den Katechismus des aus Lindau stammen-
den Straßburger Theologen Johann Marbach26. Dieser, der sonst zwar im allgemeinen den lutherischen
Katechismus wiedergab, hatte aus Bucers Katechismus27 die sog. reformierte Zählung der Zehn Gebote
übernommen28. So bewahrte Memmingen als Erinnerung an seine zwinglische Frühzeit bis zum Ende
der freien Reichsstadt die reformierte Form und Zählung der Zehn Gebote29.
Die Führung eines Traubuches hatte die Zuchtordnung von 1532 angeordnet. Es wurde auch sofort
im April angelegt. 1533 fügte man ihm ein Taufbuch an. Beide sind erhalten. Gleich mit der Reforma-
tion erfolgte auch eine beträchtliche Verbesserung des Schulwesens. 1543 wurde in der entbehrlich ge-
wordenen Michaelskapelle bei der Frauenkirche ein Alumneum errichtet30.
Zur Erledigung kommende Pfründen wurden seit 1528 zwei Pfründepflegern zur Verwaltung anver-
traut. Am 10. November 1542 wurde dann eine besondere Ordnung für diese Güter geschaffen. Ihr Er-
trag sollte nur zu kirchlichen Zwecken, zunächst zur Besoldung der Geistlichen, verwendet werden31.
Dabei wurde den Lehensherren der Stiftungen ein bedeutsamer Einfluß eingeräumt.
Nach dem Absterben der Pfründeinhaber bestand die Memminger Geistlichkeit aus dem Pfarrer,
dem Frühprediger und dem Mittagsprediger bei St.Martin, dem Frühprediger bei Unser Frauen und
dem Spitalprediger, die von der Stadt aus dem von der Pfründenpflege verwalteten Kirchengut besoldet
wurden.
Die Reichsstadt Memmingen schuf sich in der Reformationszeit ein ihr zunächst verfassungsrecht-
lich verschiedenartig zustehendes Landgebiet. In ihm führte sie zu verschiedener Zeit und - abgesehen
von der Hochgerichtsbarkeit - auf verschiedener Rechtsgrundlage die Reformation durch - bald auf
Grund der grundherrlichen Rechte des von ihr in Verwaltung genommenen Unterspitals (Buxach,
Frickenhausen und Holzgünz) oder auf Grund von dessen Patronatsrechten (Arlesried, Dickenreis-
hausen und Steinheim), bald über ihre Bürger als Inhaber entsprechender Rechte (Erkheim und Pleß),
bald auf Grund grundherrlicher Rechte einer von der Stadt in Verwaltung genommenen Stiftung (Lau-
ben), bald auf Grund der Pfarreizugehörigkeit zu Memmingen (Memmingerberg). Außerdem konnte
sie auch noch mit solchen Rechten in manchen Orten neben katholisch bleibenden Pfarreien evangelische
Pfarreien gründen (Ungerhausen, Woringen und Volkratshofen). Freilich mußte sie in Erkheim die
Untere Pfarrei bereits 1548 und Holzgünz 1565 ganz lassen. Nach Verkauf der begründenden Rechte
konnte die evangelische Religionsübung auch in Pleß (1547) und Ungerhausen (1594) nicht mehr ge-
halten werden. Die Hoheit über die Dörfer Amendingen und Schweighausen wie über die Herrschaft

24 Köhler 2, 170-180.
25 NLA Reichsstadt Memmingen 13. 14.
26 Catechismus. Christliche Vnderrichtung oder Lehrtafel kürtzlich in Sechs nachfolgende Stuck verfasset. 1559
(Reu, Katechismus 141—155. 459. - Zu Marbach vgl. S. 184 Anm. 35!).
27 Reu, Katechismus 61f. 83f.
28 Vgl. dazu S. 67.
29 z.B. Biblisches Spruchbüchlein... für die memmingischen Deutschen Schulen in der Stadt und auf dem Lande.
Memmingen 1790. — Schelhorn, Reformationshistorie 204.
30 Schelhorn, Reformationshistorie 208f. - Vgl. dazu auch unten S. 269 Anm. 5!
31 Unsere Nr. VII 5. — Dobel 2, 60; 3, 14ff. — Unold 243. - Ask. Westermann, Geschichte der Zangmeisterschen
Meßstiftung in Memmingen, in: Memminger Geschichtsblätter 2 (1913) 61 f. 68-71. 73-79. -Westermann 128.
150ff.

233
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften