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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0252
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Memmingen

Pfingstag und sonst kain feirtag diser zwaier vest
halben;
desgleichs unsers Herrn Himelfart,
auch die nachvolgenden Unser Frauen fest, nam-
lich:
Unser Frauen Verkündung [25. März],
item Lichtmeß und
Unser Frauen Himelfart [15. Aug.], darzu
Sant Johanns des täufers [24. Juni] und
alle zwelfpoten- oder aposteltag4,
und sonst alle ander feirtag sollen nit gehalten
werden bis auf ain cristenlich concilium oder natio-
nalversamlung.
Und ob der obbestimpten vest aines auf ainen
aftermontag oder andern marktag gefallen würde,
soll doch soliches vest gefeiret und nimands ver-
gond werden, daran zu markten bis nach der mit-
täglichen predig. Darnach, so die predig für ist,
mag man wol markten und der markt sein fürgang
haben; doch sol am selben tag nimands sonderlich
werken noch arbaiten; es were dann das ainer
frucht, korn oder anders auf dem veld het und in
sorgen stind, ime moechten dieselben verderben.
Der mag an solchen feirtagen nach der mittäglichen
predig dieselben der noturft nach einhaimen. Doch
ausgenomen: so der Weihnechttag [25. Dez.] auf
ainen marktag gefiele, so soll an demselbigen kains-
wegs gemarktet noch gewerket oder gearbeit, sonder
derselbig Weihenechttag wie obangezaigt gehalten
und gefeiert werden.
Es ist auch burgermaisters und rats und gemaind
ernstlich mainung und willen, das nun hinfüro auf
allen hochzeitlichen kirchgengen, auch tanzen und
sonst allweg all und jede mans- und frauenpersonen,
alt und jung, nimands ausgenomen, sich in klaidung,
wandel, worten und werken erber, zichtig beschai-
den und onergerlich, wie cristenleut wol gezimpt
und gepürt, erzaigen und halten, auch allen über-
fluß der claider, clainat und anders, so zu ergerlicher
hoffart gedienen mag, vermeiden und sonderlich die

4 Vgl. oben S. 215.
5 Latz = Tuch oder Tuchstück (Fischer 4,1018); Ein-
fassung, Saum (Schmeller 1, 1545).
6 bei St. Martin der Präzeptor des Antonierhauses,
dem die Pfarrei inkorporiert war, Kaspar von
Leutzenprunn (1512-1531) (Dobel 1, 15).

langen kriegsletz5 hinfüro in der statt Memingen
oberkait gar nit mer getragen, sonder entlich ver-
boten und abgestelt sein sollen.
Welche sich auch über das alles in ainem oder mer
frevenlich und verachtlich halten, die würde burger-
maister und rat darumb ernstlich strafen, davor sich
meniglich wisse zu verhieten.
Hiebei wollen auch burgermaister und rat aller-
meneglich gewarnt haben, das gotslestern und zu-
trinken zu vermeiden; dann ain erber rat deshalben
sonder aufsehen zu haben bestehen und laut vorigen
verpots strenghch halten und strafen will.
Ferner, günstigen und lieben herrn, so tragen
e[uer] f[ürsichtige] w[eisheit] gut wissen, wie das das
rain lauter gotswort jetz bei den fünf jaren in unser
statt gepredigt, aber laider dabei von uns und den
unsern wenig besserung oder nachvolgung gesehen
worden und sonderlich auch in pflanzung, bauung
und besserung cristenlicher und gotgevelliger und
loblicher ordnung, auch in priederlicher lieb und
trau ganz laß, langsam und hinlessig gewesen, dar-
durch dann der glaub in Cristo und die lieb des
nächsten bei vilen erkalt, das auch wenig frucht und
besserung gefolgt; dann wir und die unsern jetz ain
lange zeit nit allain on die aus- und inwendig ge-
dächtnus des nachtmals unsers Herren Jesu Cristi
gestanden, sonder auch den kindtauf, das einsegen
der hochzeit und ander billich cristenlich ordnung
ungleich gehalten. So hat sich auch unser pfarrer,
der preceptor6, dergleichen der pfarrer zu Unser
Frauen7 solichs noch vil minder je angenomen noch
zu tun understanden noch uns bisher mit ainichen
helfern, die das rain gottlich wort geprediget, ver-
sehen, dadurch wir allzumal bisher ganz ruchlos
und ungleich gewandelt sind. Damit nun solichs
auch abgestellt und wir, wie cristen gezimpt und
billig tun sollen, ain ersamen und cristenlichen wan-
del und wesen füeren, das auch unser widersacher
solichs selbs loben und preisen müessen,
so hat ain erber rat auf euer8 verbesserung fürge-
7 Jakob Megerich (Dobel 1, 32. — Miedel 171f.).
8 Hier fehlt wohl ein Wort wie ,,bitten“ oder ,,an-
bringen“.

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