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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (12. Band = Bayern, 2. Teil): Schwaben: Reichsstädte Augsburg, Dinkelsbühl, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen, Grafschaft Oettingen-Oettingen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30628#0275
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Kirchenordnung allhie zu Memingen in statt und land

Weliches kind auch die prediger in der kierchen
ansprechen und befragen wurden, dieweil man den
catechismum helt, es gang in die schuel oder nit,
das soll gebürliche zichtige antwort geben und be-
richt nemen.
Zum dritten soll auf dem land mit fürlesung, er-
klärung und fleißiger verhörung der kinderlehr in
der mittagpredig gehalten werden, wie obgemelt.
Allain der pfarrherr, er halte die mittagpredig oder
nit, von wegen, das sie die betagten nit emsig besue-
chen, die fürlesung des catechismi nach folendter
morgenpredig nimmer underlassen soll.
Und will zu desto fleißiger pflanzung der kinder-
lehr ain ersamer rat befürderung und fürsechung
tun, daß bei erster gelegenhait in ainem jedem
flecken das mesmer- und schuolmaisterampt einem,
der die jugent zuo underrichten taugenlich, zuomal
geliechen und befolchen werde.
Vom administration und ausspendung
der hailigen sacramenten.
Dieweil diecsacramenten seind götlicher gnaden
verheißung, die uns im wort fürgetragen werden,
sigillen und nit nur denk-, sondern auch soliche
dzaichend, dadurch uns Got sein gnad, geistliche
güeter und schätze übergibt und überreicht, zu
sterkung des glaubens und aufenthaltung in gaist-
lichen anfechtungen nötig und tröstlich, sollen die-
selbige mit höchster reverenz, andacht in gleicher
ordnung, form und mit einerlei worten allenthalben
gehalten werden und die agenda, auch in einfüerung
der eheleuten bleiben, wie sie vor wienig jaren corri-
giert und gebessert worden und jetzunder gebraucht
wirt14.
Aflain, sovil die taufe belangt, soll von den eltern
und pfarrherrn fürsechung geschehen, das zu ge-
fattern des kinds tauf nit soliche personen, die unser
lehr, bekenntnis und kierchen zuwider15 oder epi-
curischer weise unser und zugleich alle religion ver-
achten oder leuchtfertig in offentlichen lastern ligent,
c II: + hailigen.
d-d So nach II; Vorlage hat: ziechen.
14 Diese Ordnung ist nicht erhalten.
15 Vgl. dazu oben S. 231 den Antrag von 1556!

sonder ehrliche, gottsförchtige und tapfere leut ge-
nommen werden, damit nit durch der gefattern un-
erberkait das hailig sacrament des taufes für der
kierchen geschendet und das kind an notwendiger
underweisung und zucht versaumet werde.
Von der privatabsolution und erzaigen
vor dem nachtmal.
Wier sollen billich unserm Herren Christo eewige
dankbarkait mit worten und werken erzaigen, das
er uns nit allain im tauf alle sünde vergibt und die
vergebung und gnad, wenn wir iergend nach dem
taufe, von dem Satan und unser schwachhait über-
eilet, einen fall teten, in gemain durch die evange-
lische verhaißung anbieten und verkündigen laßt,
sonder auch einen jedlichen insonderhait, der es
gebürlich begert, mitgetailt soll werden, wie vil
exempla in der hailigen schrift bezeugen, Adae und
Evae [1. Mos. 3, 8-19], Davidis [2. Sam. 11. 12],
Esaiae [Jes. 6, 7], Ezechiae16 [2. Kön. 20, 1-11], der
sünderin Lucae 7 [37-50] et Johan 8 [1-11], Petri
[Joh. 21, 15-19], Thomae Joh. 20 [24-29], Pauli
[Ap.Gesch. 9, 1-19] und des giechtbrüchigen Math. 9
[2]e, so solle die sonderlich oder privatabsolution
nit aufgehaben, sondern in irem gebüerlichen brauch
bleiben und von den christen nit geringer denn die
gmaine predig gehalten und gebraucht werden vor-
ab, dieweil sie auch wort, stiftung und verheißung
Christi hat, da er spricht: Welchen ir die sünde er-
lassen, denen seind sie erlassen und, welchen ihr sie
behaltet, denen send sie behalten [Joh. 20, 23], für-
nemblich auch, weil soliche besondere predig zu vil-
fältigem hohen trost und underweisung dienet.
Wiewol nun, wenn und wie oft ein christ diesel-
bige gebrauchen, nit kan noch mag ordnung gege-
ben werden, auch ain ersamer rat vom wegen, das
hievor der höchsten majestet wort17 darüber an-
gezogen, und die christliche freihait kain particular
mandat, als in ainem handel des gewissen und der
kierchen zuegeben will, so ist doch ains ersamen rats
e Die Vorlagen wiederholen hier unrichtig: bezeugen.
16 = Hiskia.
17 nämlich in den vorhin genannten Schriftstellen.

17*

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