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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0024
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stand der blutige Landshuter Erbfolgestreit. Er wurde 1504/1506 dadurch geschlichtet, daß zwar der
Hauptteil des Herzogtums Baiern-Landshut an die Linie Baiern-München fiel, daß aber für die
während des Krieges zu Waisen gewordenen Kinder Rupprechts und Elisabeths-Ottheinrich und
Philipp - ein neues Herzogtum, Pfalz-Neuburg oder die sog. Jung-Pfalz, geschaffen wurde. Es bestand
aus den zum Teil räumlich voneinander getrennten Räumen um Neuburg, Burglengenfeld und Sulz-
bach4 . Gerade diese hatte Baiern-München ihrer Randlage wegen abgetreten.
Ein drittes pfälzisches Herrschaftsgebiet war die Gemeinschaft Parkstein-Weiden. Sie führte den
Namen Gemeinschaft deshalb, weil die dortigen Hoheitsrechte gemeinsam in zwei verschiedenen Händen
lagen: bei Rheinpfalz und (erst bei Brandenburg, seit 1445 bei Baiern-Landshut und seit 1506) bei
Pfalz-Neuburg5 .
In anderer Weise lagen die Reichsstadt Regensburg und die Grafschaften und reichsfreien Herr-
schaften am Rande. Sie waren die äußersten Glieder dieser in den übrigen Kreisen, vor allem in dem unmit-
telbar westlich anstoßenden Fränkischen und Schwäbischen so ungemein zahlreichen und einflußreichen
Stände, völlig isoliert ohne die Möglichkeit, sich mit weiteren Standesgenossen zu einem nennenswerten
Bestandteil des Kreises zusammenzuschließen. Dabei wirkte sich für sie ganz besonders aus, daß sie im
schweren Schatten Baierns lagen. Ortenburg mußte heiß um seine Reichsstandschaft kämpfen. Haag
und Hohenwaldeck konnten sich dem Zugriff des baierischen Löwen nicht entziehen. Die Reichsstadt
Regensburg aber war so von baierischem Gebiet eingeschlossen, daß ihr von dort aus jede Lebensmittel-
zufuhr völlig abgeschnitten werden konnte, was auch in entscheidenden Tagen tatsächlich geschah.
Drückender aber als auf politischem Gebiet war Baierns Schatten im kirchlichen Raume. Neben
dem Kaiser waren die Herzöge Baierns die ersten Landesfürsten des Reiches, die sich klar und scharf
gegen die von Wittenberg ausgehende Reformationsbewegung entschieden. Sie verlegten ihr daher den
Weg zum Sieg im deutschen Raum und schufen zugleich die Ausgangsstellung für eine erfolgreiche
Gegenreformation. Die Volksbewegung war zunächst im baierischen Raum nicht weniger stark und
lebendig als im ganzen übrigen Deutschland. Sie wurde hier aber schon 1526 und 1527 blutig unter-
drückt6. Die Klammer um Regensburg und der Einfluß auf die Vettern in der Kurpfalz und in Pfalz-
Neuburg wirkten dann auch hier hemmend. Am frühesten konnte sie sich in der im Nürnberger Raum
liegenden Ganerbschaft Rothenberg7, in einigen Städten der Kuroberpfalz8 und vielleicht auch in der
Landgrafschaft Leuchtenherg9 ausbreiten. In dieser regierte damals seit 1531 Georg IV., der mit einer
Schwester des entschieden evangelischen Markgrafen Georg von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach ver-
heiratet war. Ob freilich die evangelische Installationsordnung, die sich der dortige Kanzler Ulrich
Myläus 1533 erstellen ließ10, tatsächlich verwendet wurde, läßt sich nicht erweisen.
4 Riezler 3, 570-637. - Ein nicht unbeträchtlicher Teil bis dahin baierischen oder pfälzischen Gebietes (Altdorf,
Lauf, Hersbruck, Velden) ging damals für Baiern und Pfalz verloren, weil er von Baiern-München bzw. dem
Kaiser als Kriegskostenersatz Nürnberg überlassen wurde (Riezler 2, 609. — Heinz Dannenbauer, Die Ent-
stehung des Territoriums der Reichsstadt Nürnberg, Stuttgart 1923, 181—185).
5 Adolf Schuster, Verfassungsgeschichte der Stadt Weiden ..., in: HVOpf 92 (1951) 63. 67. 76.
6 Zur baierischen Reformationsgeschichte vor allem: Vitus Anton Winter, Geschichte und Schicksale der evangeli-
schen Lehre in und durch Baiern ...1.2. München 1809. 1810. — Riezler 4, 70-113, 167—197. — Simon, EKGB
198-201. 279-284. 360-364. — Gg. Pfeilschifter, Acta Reformationis catholicae. 1. 2. München 1959f. -
Matth. Simon, Die evangelische Bewegung der Reformationszeit in Wasserburg und das Ketzergerichtsprivileg der
baierischen Herzöge von 1526, in: ZbKG 30 (1961) 121—167. [Die erste sicher verbürgte Hinrichtung in Baiern
wegen lutherischer Gesinnung ist nicht, wie Riezler 4, 167 gesagt wird, die bekannte des Leonhard Kaiser im Jahre
1527, sondern die des Priesters Johannes Hörl in Wasserburg am 11. Mai 1526].
7 Siehe unter Teil IV!
8 Siehe unten S. 255—261!
9 Simon, Atlas 113; EKGB 233f. — Illuminatus Wagner, Die Landgrafen von Leuchtenberg. 4 (Kallmünz 1953)
268-283; 5 (1956) 41ff. — Lippert, Leuchtenberg 131—149.
10 Lippert, Leuchtenberg 135f. - ADB 11, 294.

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