Gelegenheit der Feier seiner zwanzigjährigen Regierang wurde es am 22. Juni veröffentlicht29. Das ge-
schah in doppelter Weise — einmal als Plakatdruck (wenn man vom Augsburger Reformationsmandat
von 153430, das ja doch einen ganz anderen Charakter trug, absehen will, der einzige Fall in Süddeutsch-
land, in dem die Reformation in so feierlicher, offizieller Weise eingeführt wurde!) und sodann in einem
handlichen Quartdruck.
Osiander weilte damals längere Zeit in Neuburg und hielt eine Reihe von Predigten zur Durch-
führung der Reformation. Zwei davon wurden später gedruckt und auch der Oktavausgabe der Kirchen-
ordnung beigegeben31. Dabei wünschte Ottheinrich, wie er ausführlich an Herzog Albrecht von Preußen
berichtete32, daß die neue Kirchenordnung sich möglichst an die brandenburgisch-nürnbergische Ord-
nung von 153333 anschließe, ,,ohn daß er um des Volks Einfältigkeit und Schwachheit willen etlich
Stück aus Kurfürstlich zu Brandenburg Kirchenordnung herangezogen haben will“. Diese34 hatte ja an
den früheren Gebräuchen am allerwenigsten geändert. Sie hatte zudem auch noch eine ausdrückliche Zu-
stimmungserklärung ihres zuständigen Bischofs, die beigedruckt wurde35, gefunden.
Dieser Wunsch nach einer eigenen Ordnung verzögerte die weiteren Maßnahmen. Ottheinrich be-
auftragte Osiander mit ihrer Ausarbeitung. Dabei kümmerte er sich ganz persönlich um verschiedene
Einzelfragen. Ob er aber an der eigentlichen Ausarbeitung selbst teilnahm, ja ob er sie überhaupt vor der
Drucklegung sah, muß angesichts der Ereignisse mit der Taufordnung doch fraglich bleiben.
Wegen der so entstehenden Verzögerung mußte also der Pfalzgraf im Dezember 1542 die fernere
Feier der Messe einfach untersagen36, ohne etwas anderes an ihre Stelle setzen zu können. Im Januar
1543 folgten - außer dem Verbot der Winkelmessen und der verschiedenen Weihungen - noch einige
andere ebenso unbestimmte Anordnungen37. Im April 1543 aber konnte dann doch Osianders neue Kir-
chenordnung im Druck verteilt werden.
Die Kirchenordnung38 verwendete vor allem in den lehrhaften Teilen wie ihr unmittelbares Vorbild,
die kurbrandenburgische Kirchenordnung von 1540, die brandenburgisch-nürnbergische Ordnung,
deren Katechismuspredigten39 sie in ihrem 3. Teil unverändert abdruckt. Sie stellte nur zunächst die
reinen Lehrteile als einen gesonderten 1. Teil heraus. Im 2. Teil, der dann die einzelnen Handlungen und
gottesdienstlichen Gebräuche behandelt, wird neben dieser Ordnung weitgehend die kurbrandenburgische
Kirchenordnung von 1540 benützt. Dctbei muß wieder beachtet werden, daß diese ja ihrerseits auch wie-
29 Unsere Nummer I 1. - Böhaimb 20, 81ff. - Weber-Heider 73ff. - Möller 248. - Beide scheinen recht selten zu
sein. Schottenloher, Bibliographie kennt sowenig einen wie Schottenloher, Ottheinrich. Vom Plakatdruck
war bisher überhaupt noch nirgends die Rede. — Ob man aber aus dieser Seltenheit, wie es in einem ähnlichen Fall
(Taufordnung von 1543) durch Weber-Heider 82 Anm. 92 geschieht, ersehen kann, ,,wie gründlich die Registra-
turen in der Reformationszeit ausgeräumt wurden“, erscheint doch fraglich. Die dort dann nur nebenbei auch noch
genannte Gegenreformation dürfte in diesen Fällen doch mehr in Betracht gezogen werden müssen.
Grundlos und irrig wurde dieses Mandat wiederholt in der Einführung der Kirchenordnung, die dieser vor-
gedruckt ist (unten Seite 41ff), gesehen (Hauß-Zier 116) und deshalb dann auch die Frage nach dem Verhältnis
der beiden Fassungen aufgeworfen (Weber-Heider 95 Anm. 546). Tatsächlich handelt es sich um zwei völlig
verschiedene Stücke.
30 Sehling 12 Nr. I 5 (S. 40f.).
31 Zwo predig - von den heiligen, wie man sie ehren soll, die ander von verstorbenen, wie man für sie bitten soll ( Möl-
ler 250. 253-257).
32 Brief vom 9. 8. 1543 (J.Voigt, Briefwechsel der berühmtesten Gelehrten mit Herzog Albrecht von Preußen.
Königsberg 1841. 480f.) 33 Sehling 11, 140-279. 34 Sehling 3, 39-90.
35 Sehling 3, 89f. 36 Weber-Heider 26.
37 Weber-Heider 18f. - Böhaimb 20, 50f. - Beitelrock 1, 17.
38 Unsere Nr. 12.- Richter 2, 26-30.-Waldenmaier 79.-H auß-Zier 115-118.-Fendt 291-294.-Althaus,
Quellengeschichte 54. - Ottheinrichs Handexemplar mit Widmung und Bildnis Osianders in der Vatikanischen
Bibliothek in Rom (Schottenloher,Ottheinrich 83).-Weber-Heider 20f. benützt für die Darstellung des lnhal-
tes dieser Kirchenordnung gleichzeitig und ungeschieden auch eine Handschrift des Hauptarchivs München
(Pfalz-Neuburg 1290). Sie enthält aber die Kirchenordnung von 1554!
39 Sehling 11, 206-283. - Ihr Verfasser ist nicht Brenz (Hauß-Zier 117), sondern A. Osiander (Sehling 11,119).
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schah in doppelter Weise — einmal als Plakatdruck (wenn man vom Augsburger Reformationsmandat
von 153430, das ja doch einen ganz anderen Charakter trug, absehen will, der einzige Fall in Süddeutsch-
land, in dem die Reformation in so feierlicher, offizieller Weise eingeführt wurde!) und sodann in einem
handlichen Quartdruck.
Osiander weilte damals längere Zeit in Neuburg und hielt eine Reihe von Predigten zur Durch-
führung der Reformation. Zwei davon wurden später gedruckt und auch der Oktavausgabe der Kirchen-
ordnung beigegeben31. Dabei wünschte Ottheinrich, wie er ausführlich an Herzog Albrecht von Preußen
berichtete32, daß die neue Kirchenordnung sich möglichst an die brandenburgisch-nürnbergische Ord-
nung von 153333 anschließe, ,,ohn daß er um des Volks Einfältigkeit und Schwachheit willen etlich
Stück aus Kurfürstlich zu Brandenburg Kirchenordnung herangezogen haben will“. Diese34 hatte ja an
den früheren Gebräuchen am allerwenigsten geändert. Sie hatte zudem auch noch eine ausdrückliche Zu-
stimmungserklärung ihres zuständigen Bischofs, die beigedruckt wurde35, gefunden.
Dieser Wunsch nach einer eigenen Ordnung verzögerte die weiteren Maßnahmen. Ottheinrich be-
auftragte Osiander mit ihrer Ausarbeitung. Dabei kümmerte er sich ganz persönlich um verschiedene
Einzelfragen. Ob er aber an der eigentlichen Ausarbeitung selbst teilnahm, ja ob er sie überhaupt vor der
Drucklegung sah, muß angesichts der Ereignisse mit der Taufordnung doch fraglich bleiben.
Wegen der so entstehenden Verzögerung mußte also der Pfalzgraf im Dezember 1542 die fernere
Feier der Messe einfach untersagen36, ohne etwas anderes an ihre Stelle setzen zu können. Im Januar
1543 folgten - außer dem Verbot der Winkelmessen und der verschiedenen Weihungen - noch einige
andere ebenso unbestimmte Anordnungen37. Im April 1543 aber konnte dann doch Osianders neue Kir-
chenordnung im Druck verteilt werden.
Die Kirchenordnung38 verwendete vor allem in den lehrhaften Teilen wie ihr unmittelbares Vorbild,
die kurbrandenburgische Kirchenordnung von 1540, die brandenburgisch-nürnbergische Ordnung,
deren Katechismuspredigten39 sie in ihrem 3. Teil unverändert abdruckt. Sie stellte nur zunächst die
reinen Lehrteile als einen gesonderten 1. Teil heraus. Im 2. Teil, der dann die einzelnen Handlungen und
gottesdienstlichen Gebräuche behandelt, wird neben dieser Ordnung weitgehend die kurbrandenburgische
Kirchenordnung von 1540 benützt. Dctbei muß wieder beachtet werden, daß diese ja ihrerseits auch wie-
29 Unsere Nummer I 1. - Böhaimb 20, 81ff. - Weber-Heider 73ff. - Möller 248. - Beide scheinen recht selten zu
sein. Schottenloher, Bibliographie kennt sowenig einen wie Schottenloher, Ottheinrich. Vom Plakatdruck
war bisher überhaupt noch nirgends die Rede. — Ob man aber aus dieser Seltenheit, wie es in einem ähnlichen Fall
(Taufordnung von 1543) durch Weber-Heider 82 Anm. 92 geschieht, ersehen kann, ,,wie gründlich die Registra-
turen in der Reformationszeit ausgeräumt wurden“, erscheint doch fraglich. Die dort dann nur nebenbei auch noch
genannte Gegenreformation dürfte in diesen Fällen doch mehr in Betracht gezogen werden müssen.
Grundlos und irrig wurde dieses Mandat wiederholt in der Einführung der Kirchenordnung, die dieser vor-
gedruckt ist (unten Seite 41ff), gesehen (Hauß-Zier 116) und deshalb dann auch die Frage nach dem Verhältnis
der beiden Fassungen aufgeworfen (Weber-Heider 95 Anm. 546). Tatsächlich handelt es sich um zwei völlig
verschiedene Stücke.
30 Sehling 12 Nr. I 5 (S. 40f.).
31 Zwo predig - von den heiligen, wie man sie ehren soll, die ander von verstorbenen, wie man für sie bitten soll ( Möl-
ler 250. 253-257).
32 Brief vom 9. 8. 1543 (J.Voigt, Briefwechsel der berühmtesten Gelehrten mit Herzog Albrecht von Preußen.
Königsberg 1841. 480f.) 33 Sehling 11, 140-279. 34 Sehling 3, 39-90.
35 Sehling 3, 89f. 36 Weber-Heider 26.
37 Weber-Heider 18f. - Böhaimb 20, 50f. - Beitelrock 1, 17.
38 Unsere Nr. 12.- Richter 2, 26-30.-Waldenmaier 79.-H auß-Zier 115-118.-Fendt 291-294.-Althaus,
Quellengeschichte 54. - Ottheinrichs Handexemplar mit Widmung und Bildnis Osianders in der Vatikanischen
Bibliothek in Rom (Schottenloher,Ottheinrich 83).-Weber-Heider 20f. benützt für die Darstellung des lnhal-
tes dieser Kirchenordnung gleichzeitig und ungeschieden auch eine Handschrift des Hauptarchivs München
(Pfalz-Neuburg 1290). Sie enthält aber die Kirchenordnung von 1554!
39 Sehling 11, 206-283. - Ihr Verfasser ist nicht Brenz (Hauß-Zier 117), sondern A. Osiander (Sehling 11,119).
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