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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0042
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der von der fränkischen Ordnung abhängig ist, und darf nicht übersehen sein, daß sich mit der Nürn-
berger Ordnung ja der ganze Reichtum der Gottesdienstformen in den Stadtkirchen Nürnbergs40 ver-
einbaren ließ.
Schließlich bringt Osiander aber auch nicht unwesentliche neue Stücke. Gerade auch die Ordnung
des Hauptgottesdienstes - der Messe mit Kommunikanten - ist eine solche. Eine Besonderheit dieser
Ordnung ist ein bei der Abendmahlsfeier zwischen die Abendmahlsvermahnung und die Konsekration
eingeschobenes Offertoriumsgebet. Beachtung verdient auch der Ansatz zu einer neuen, evangelischen
Konfirmationsordnung41. So darf diese Ordnung durchaus als eine selbständige Leistung von Bedeutung
betrachtet werden.
Die Ausstattung des Buches zeigt den kunstliebenden Fürsten als Herausgeber. Der Druck ist zwei-
farbig, wobei die Stücke, die angeben, was der amtierende Geistliche jeweils zu tun hat, wie in den litur-
gischen Büchern der mittelalterlichen Kirche rot gehalten werden. Jeder der 3 Teile hat einen ganzseitigen
Titelholzschnitt von Virgil Solis42 bzw. Matthias Gerung43, wobei nur auffällt, daß der 3. Teil kein eige-
nes Bild erhielt, sondern das gleiche wie der erste. Ein weiterer Holzschnitt (Abendmahl) steht - dem
Kanonbild der Meßbücher entsprechend - zu Beginn der Meßordnung.
Die Einführung erfolgte am 25. April 1543. Dazu kam Osiander noch einmal nach Neuburg. Dabei
hielt er gleichzeitig die Trauerfeier44 für die soeben verstorbene Pfalzgräfin Susanna.
Das Buch wurde allen in Betracht kommenden Stellen gegen eine Gebühr von 1 fl. zugestellt. Über
seine Aufnahme und Anwendung ist wenig bekannt. Schwierigkeiten scheint sie - von den Klöstern
abgesehen - kaum begegnet zu sein. Wenigstens berichtet der Pfleger des großen Amtes Monheim, daß
sich bei ihm nur ein einziger Pfarrer geweigert habe, der Ordnung nachzuleben45. Eine größere Aus-
einandersetzung über die Einführung der Ordnung gab es nur mit den führenden Geistlichen von Sulz-
bach, die beide darüber entlassen wurden. Osiander beantwortete ihre Einwände in einer Gegenschrift,
die aber sowenig wie der Angriff in Druck erschien46. In Pfarreien mit gemischter Hoheit und in solchen
freilich, auf die andere Herren das Patronatsrecht besaßen, gab es Schwierigkeiten47.
Man darf dieses Fehlen von Widerständen aber nicht nur mit der konservativen Haltung der
Kirchenordnung, die Ottheinrich zwar auch, um sie zu vermeiden, gewählt hatte48, erklären; denn gerade
beim konservativsten Stück - bei der Taufordnung - gab es Anstände im entgegengesetzten Sinn. Sie
mögen wohl vor allem im Kreis der übrigen evangelischen Stände aufgetreten sein, wären aber kaum so
wirksam gewesen, wenn sie nicht auch in der eigenen Kirche spürbar geworden wären. So verfügte zu-
nächst Ottheinrich, daß der Abschnitt über die Verwendung des Chrisams bei der Taufe ausgesetzt blei-
ben solle49. Dabei wurde aber dann nicht nur diese Verwendung allein, sondern auch die auf sie
bezügliche Ausführung getilgt und eine neue Taufordnung hinausgegeben50. Sie folgte weithin wört-
lich der brandenburgisch-nürnbergischen Ordnung, brachte daneben aber sowohl im Wortlaut wie
40 Sehling 11, 19. 41 Siehe unten S. 73 und 62!
42 † 1562. (AD B 34, 567—570. — U. Thieme und F. Becker, Allg. Lexikon der bildenden Künstler von der Antike
bis zur Gegenwart. Leipzig 1907ff. 31, 248).
43 Aus Nördlingen (ADB 9, 75f.— Thieme-Becker [ = 42] 13, 487).
44 Bestattet wurde sie ihrem Wunsche gemäß in ihrer Geburtsstadt München.
45 Ried 31 ff.
46 Böhaimb 20, 48f. (statt Kasbeck ist Hirschbeck zu lesen). - Weber-Heider 25f. - Simon, Sulzbach.
47 Böhaimb 20, 56f. - Der immer wieder als Zeuge für die Abneigung des Volkes gegen die Reformation angeführte
Vorfall in Unterstall (Böhaimb 20, 42f. — Weber-Heider 41) beweist eher das Gegenteil (Ried 34—38. — ZbKG
27, 2). —Was von den einzelnen Orten bekannt ist, ist (unter unfreundlicher Betrachtungsweise) zusammengestellt
bei Weber-Heider 28-52.
48 Vgl. oben Anm. 32!
49 Schreiben an den Obersten Sekretär Christoph Arnold ohne Datum mit eigenhändiqer Unterschrift (Neuburg StA,
PfNA 6267f. 267a).
50 Unsere Nr. I 3.- Der zweifellos sehr seltene Druck ist selbst Schottenloher, Ottheinrich 83f. unbekannt.

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