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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0048
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Zeigt schon diese Bekanntmachung der Ernennung eines Superintendenten, daß peinliche Ordnung
herrschen sollte, so erhellt das noch besonders aus der Forrn der Pfarrbestallungen. Im Unterschied etwa
von der benachbarten Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach, wo die Pfarrer einen ausführ-
lichen ,,Priestereid“ mit Aufzählung ihrer Amtsobliegenheiten schreiben, diesen dann aber der Kanzlei
übergeben mußten28, erhielten sie in Pfalz-Neuburg eine Bestallung mit all diesen Punkten in die
Hand29. Den Empfang und ihre Gehorsamsverpflichtung bestätigten sie dann durch einen Revers30. Da
die erhaltenen Stücke von Männern stammen, die damals bereits einige Jahre im Amt waren, besteht
Anlaß zu der Vermutung, daß dieses Verfahren jetzt allgemein neu eingeführt und auch auf bereits an-
gestellte Männer ausgedehnt wurde.
Auffällig und beachtenswert ist dabei, daß hier die mittelalterliche Gepflogenheit und die Grund-
sätze des bisherigen Kirchenrechtes, den Pfarrer als Pfründeinhaber immer auf Lebenszeit und im all-
gemeinen unabsetzbar zu bestellen, aufgegeben und von vorneherein nur ein Dienstvertrag auf drei Jahre -
noch dazu ohne ein Kündigungsrecht auch des Geistlichen - abgeschlossen wurde. Man darf an-
nehmen, daß die seit 1552 neu angestellten Geistlichen - es muß ein sehr erheblicher Verhältnissatz ge-
wesen sein — und nicht weniger die damals übernommenen schon immer gleich nur auf Probe angenom-
men worden waren.
Der Wechsel war dann aber doch nicht so stark, wie sich nach diesem vermuten ließe. Das zeigen
schon die Lebensdaten der hier erwähnten Geistlichen. Wahrscheinlich war diese aus der jüngsten Ge-
schichte der neuburgischen Kirchen verständliche Maßnahme überhaupt nicht von langem Bestand.
Ein weitergehender Plan blieb stecken. Es war an ein großes Verfassungswerk gedacht. Dazu holte
sich der Pfalzgraf bei verschiedenen Stellen Gutachten und Vorschläge ein. Georg Fröhlich sandte einen
schönen Entwurf für die geistliche Leitung31. Herzog Christoph ließ ausführlich über die Verwaltung des
Kirchenvermögens berichten32. Ein Entwurf von Brenz scheint verloren zu sein33. Daneben war auch
ein Entwurf für Instruktionen eines Kirchenrates, des oder der Generalsuperintendenten und der Spe-
zialsuperintendenten in Arbeit34. Was aber dann schließlich erschien, war lediglich ein in seiner Art
durchaus beachtliches Pfarrergesetz, das den merkwürdigen Titel ,,Zuchtordnung, wie sie mit unsern
pfarrern und kirchendienern gehalten werden soll“35 trägt. Sie wurde am 16. Febr. 1556 beschlossen -
kurz bevor Ottheinrich Kurfürst wurde. Am 1. Mai 1556 wurde sie den Oberamtleuten und am 5. Mai
1556 den Superintendenten zugestellt30. - Der Titel der Verordnung ist, wie bereits angedeutet, durchaus
unzutreffend, vor allem unzureichend. Gewiß ist auch von Zuchtmaßnahmen gegenüber Geistlichen die
Rede, aber nur kurz und erst gegen Ende. Im übrigen aber wird eine ganze Kirchenverfassung, soweit
sie die Geistlichen betrifft, geboten. Der Titel zeigt aber, daß es dem Landesherrn nicht nur um eine
kultische, verfassungsrechtliche Reform und um äußere Ordnung ging. Ebensosehr lag ihm die innere
Haltung seiner Geistlichen am Herzen.
Auch die Einkommensverhältnisse der Pfarrer wurden geregelt. Doch besteht über das Schicksal
der einzelnen Pfarrpfründen noch keine Klarheit. Es scheint nicht einheitlich, sondern sehr verschieden-
artig gewesen zu sein. 1553 wurde in Anwesenheit von Brenz ,,aus allerhand ursachen für guet angesehen,
das den pfarern competenz gemacht werde, das auch ein gleicheit gehalten und nicht einem pfarrer das
einkommen gelassen und dem andern ein competenz gemacht werde. Nachdem vil pfarrn gar gering, das
von den großen den kleinern zu hilf komen würden. Doch die pfarrer mit den competenzen zu bedenken

28 Sehling 11, Nr. II 11 (S. 107ff.) 29 Siehe unsere Nr. I 8. 30 Siehe unsere Nr. I 9.
31 KGLA 4277f. 91-96. 32 a.a.O.f. 98-103. 33 Siehe unten S. 111!
34 KGLA 4277f. 165-171. ( = f. 130-152. 175-214). - Sehling 14 Nr. 10-16.
35 Unsere Nr. I 10.
36 KGLA 4277f. 108-109. — Amberg StA, Neuburger Abgabe 1911 Nr. 14044f. 1f.

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