Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0068
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Herzogtum Pfalz-Neuburg

sonder auch bei den umbstehnden und zuhörern,
wenn wir fleißig zu herzen nemen die ubermeßigen
großen woltaten, die uns der vater aller barmherzig-
keit aus milter gnaden in dem sacrament der heiligen
tauf durch unsern lieben Herrn Jesum Christum er-
zeigt und des großen heilsamen werks, das er in der
kraft seines ewigen worts alda an uns würket; dann
dardurch werden wir gereizt, seinen heiligen, göt-
lichen namen zu loben, anzuruefen und frei zu be-
kennen, denn nicht der priester noch kein creatur,
sonder Got selber würket allhie das ewig leben und
seligkeit. Darumb auch unser lieber Herr Jesus
Christus befolhen hat, nicht in unserm noch jen-
dert10 in eines heiligen oder engels namen zu taufen,
sonder im namen Gottis Vaters und des Sons und
des Heiligen Geists.
Auf das wir aber dester herzlicher und ordenlicher
betrachten mögen dises werk Gottis, sollen wir
zum ersten fleißig ansehen, in wie großem elend und
jamer (nach anzeigung götlicher schrift) wir alle-
sampt gesteckt sein; darnach, wie große gnad Got
durch unsern Herrn Jesum Christum an uns erzeiget,
indem, das er uns durch die tauf daraus erledigt; und
zum dritten, wie wir solcher gnaden der tauf alle-
zeit, sonderlich aber in der not, sollen gedenken und
Got darinnen loben und ehren.
Aufs erste sollen wir mit hohem fleiß bedenken,
das wir alle durch die ubertretung Adams, aus neide
des Satans in Gottis zorn und vermaledeiung ge-
fallen waren und unter dem gewalt der sünden, des
tods und des reichs des teufels und der helle gefan-
gen also, das wir von natur alle waren kinder des
zorns und aus allen unsern kreften, werken, ubungen
und frombkeit nichts vermochten, das Got gefellig,
recht, gut und uns heilsam gewest wer, sonder alles,
was wir vermochten, teten oder würketen, das war
alles aus unser sündlichen natur vermaledeiet, sünd-
lich und des tods wirdig, verdampt und dem teufel
unterworfen.

10 — irgend (Herm. Fischer, Schwäbisches Wörter-
buch 4 [Tübingen 1914] 11).
11 Anspielung auf das ,,Sintflutgebet“ (Sehling 11,
341), das zwar in der Vorlage unserer Ordnung dann
folgt (Sehling11, 179), von ihr aber nicht gebracht
wird.

Dann dieweil unser geburt aus dem Adam (von
dem wir zum natürlichen, irdischen leben geborn
werden) der ubertretung schuldig und von Got ver-
fluocht ist, also, das alle menschen in im sterben und
sein irdisch bild tragen müssen im sterblichen leib der
sünden, so erfolget, das all unser tuon und ganzes
leben, so aus solcher naturlicher geburt herfleußt,
verdampt und vermaledeiet sein muß, wie groß
heilig, weis und gut es auch immer scheinet vor den
menschen. Dann alles, was vom fleisch geborn wirt,
das ist fleisch, verdambt, vermaledeiet, eitel tod,
sünd und der helle wirdig. Darumb auch fleisch und
bluot Gottis reich nicht können ererben, dann was
fieisch ist, das lebt fleischlich, ist fleischlich gesinnet,
Gottis feinde, dem gesetz Gottis nicht unterworfen;
dann die im fleisch sein, können Got nicht wol-
gefallen. Fleischliche weisheit ist der tod. Darumb
beschleußt Christus, unser lieber Herr, da er mit
Nicodemo redet also: Warlich, warlich, ich sage dir,
es sei dann, das jemand von neuem geborn werd aus
dem wasser und Geist, so kan er das reich Gottis
nicht sehen noch darein kommen.
Aufs ander sollen wir auch fleißig zu herzen ne-
men, wie große gnad und barmherzigkeit Got an
uns in der tauf tut, da er sein freundlichkeit gegen
uns erzeigt und uns nicht umb gerechtigkeit willen
der werk, so wir geton haben, sonder nach seiner
barmherzigkeit, durch das bad der widergeburt und
verneuerung des Heiligen Geists uns selig macht.
Dann er allda in kraft des worts durch seinen geist
tötet, vertilget und abweschet alles, das uns zu
sündern machet, beflecket oder verdammet, gleich
als er im Roten Mer11die feind seines volks erseufte
und in der sündfluß12 alles fleisch bis an acht seelen,
die erhalten wurden, vertilget.
Also macht uns auch dis wasserbad im wort
Gottis selig, nicht das abtun des unflats am fleisch,
wie im leiplichen wasser eußerlich geschicht, sonder
der bund eines guten gewissens mit Got durch die
12 Sündfluß ist kein Druckfehler, sondern eine in Süd-
deutschland verbreitete Nebenform zu Sintflut und
wird sowohl als Femininum wie als Maskulinum
gebraucht (Schmeller 2, 315. — Grimm 10 IV
1167).

48
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften