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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0076
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Herzogtum Pfalz-Neuburg

Nimm hin das weiß kleid, welchs da bedeutet die
unschuld und gerechtigkeit unsers Herrn Jesu
Christi, so du in der tauf empfangen und angezogen
hast! Dieselben soltu unbefleckt für den richterstul
Jesu Christi bringen, auf das du habest durch sein
verdienst das ewig leben.29 Amen.30
Ende der taufordnung.
31 Es sollen auch die pfarrherren und prediger die
leut in iren predigen zu gelegner zeit unterrichten,
das die kindbetterin nicht in des Teufels gewalt32
seien, wie das bisher bei etwo vil leuten, nicht on
nachteil der gewissen, gehalten und groblich daran
geirret ist worden. Und obgleich etliche aus inen zu
zeiten seltzame gesicht und treum mögen haben mer
dann andere kranken, so sol sie doch dasselb keins
wegs erschrecken noch inen den wohn machen, als
hette der Satan mer gewalt uber sie dann uber an-
dere gemeine christen; dann es kan inen solchs wol
aus ubriger schwacheit des leibs begegnen. Und ob
sich vileicht der Satan untersteht, die kindbetterin
mer dann andre leut anzufechten, so tuot ers doch
on zweifel darumb, das er den eeliehen stand, den
Got gesegnet hat, und die menschliche geburt, die
ein sonder wunderwerk Gottis ist, veracht mach, als
ob si unrein weren (wie dann sein art ist), so doch der
eelich stand heilig und das kindergebern eben der
weiber fürnembster beruof ist, dardurch sie Got
gefallen, wie Paulus spricht: Sie wirt selig werden
durch das kindergebern, so sie bleibt im glauben
und in der liebe und in der heiligung sampt der
zucht. 1. Timoth. 2. cap. [15].
Darumb ist auch das einsegnen nach dem kindbet

59 Die 1540 (Sehling 3, 59) dem mittelalterlichen
Brauch entsprechend folgende Übergabe der Tauf-
kerze ist nicht übernommen.
30 Siehe Anm. 19!
31-34 Aus 1533 (Sehling 11, 177).
32 Die volkstümliche Begründung für die Aussegnung
der Wöchnerinnen (vgl. die folgende Anmerkung!). -
Bächtold-Stäubli 1, 729f. 1410f.; 9, 700ff.; -
Hartmann 588. — Franz 2, 208-240. — Thalhofer
in Wetzer 1, 1709-1713). Im Wochenbett verstor-
bene Frauen wurden daher auch an besonderen
Orten begraben (Luther, Vermahnung an die Geist-
lichen 1530, in:WA 30 II, 252-262).
33 Aus der 3. Mos. 12 den Juden gegebenen Vorschrift
entsprang die Sitte, die Wöchnerinnen am 40. Tage

nicht vonnöten, dann es aus lauter abeglauben [!]
herfleußt, gleich als weren sie durch die geburt, die
aus Gottis segen kompt, entheiligt worden.33 Doch
sollen sie nicht dester weniger ir gebürliche zeit sich
innen halten, auf das sie nicht inen selbs oder aber
dem kindlein schaden an der gesundheit zufügen;
denn daran teten sie unrecht und sünd, darvor sie
Got schwere rechenschaft müßten geben.34
Von der beicht und absolution.
Wo das volk in der lehr von der bueß recht ist
unterricht und nun in Gottis forcht und schrecken
ire sünd erkennen, da wird es leichtlich bewegt zur
beicht, die anfenglich in der kirchen gewest ist,
darin man auch hilf, rat un trost wider solche
schrecken kan uberkommen, dann ein jedlicher
sucht in der not gern hilf, da sie zu finden ist. Dar-
umb wird ein jeder christ, der beschwerde in seinem
gewissen empfindet, der beicht begern und nicht
allein Got mit weinenden augen beichten, das er
seine gebot nicht gehalten hab, sonder wirt auch
rat, hilf und absolution bei seinem seelsorger suchen
und sonderlich, wann er zum heiligen sacrament wil
gehen, damit ers nicht unwirdig neme und es ihm
zum gericht gedeihe.
Dann es ist nicht allein einem jeden christenmen-
schen insonderheit, sonder auch der ganzen gemein
seer vil daran gelegen, das man das heilig hochwir-
dig sacrament mit rechtem, warenglauben und zuver-
sicht empfahe. Dann wie Paulus sagt [1. Kor. 11, 30]:
So straft Got nicht allein den sünder, der es unwirdig
empfahet, sonder schickt auch vil krankheit und den
sterben1 unter das volk, bei dem dasheilig sacrament
nach der Entbindung aus ihrer Unreinheit (oder:
aus dem Hause) herauszusegnen (Aussegnung, puri-
ficatio) oder sie wieder in die volle Gemeinschaft der
Kirche einzuführen und einzusegnen (Introductio,
Einsegnung) (Hartmann 588, — Thalhofer in:
Wetzer 1, 1709-1713. - Braun 372. - Rietschel
617-620).
34 Siehe Anm. 30!
1 Der sterben(d) = das sterben = die Pest (Schmel-
ler 2, 781). Eine Pest hatte 1533/1534 in Nürnberg
während eines halben Jahres 5754 Menschen, wohl
20% der Gesamtbevölkerung hinweggerafft (Mittel-
lungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürn-
berg 42 [1951] 295).

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