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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0084
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Herzogtum Pfalz-Neuburg

solche kraft sol zugelegt werden.7 8 Darumb wirt ge-
wißlich solcher irrtumb und mißbrauch nicht ent-
standen sein, weil die heiligen aposteln und andre
geistreiche väter noch im leben gewest sein, sonder
erst hernach; dann auch die heiligen, so darin ge-
nennet werden, sein alle oder ja den meisten teil vor-
hin gestorben, ehe der kleiner oder größer canon der
messe zusamengesetzt sein worden. 9 Man hette sie
sonst nicht hineingesetzt.
10Uber das, so haben etliche andre christliche
völker als die Griechen und Reussen etc. solche
canones nicht, opfern auch den leib und das bluot
Christi nicht, sonder, wo sie gleich eins opfers
gedenken, so nennen sie doch nur ir gebet, dank-
sagung und andern iren gottisdienst ein opfer und
nicht den leib und das bluot Christi. Ja, es hat auch
die kirche zu Meylan11 ein andern canon, der sich
nicht aller ding mit dem bapstischen vergleicht,
daraus gewiß ist, das solcher canon nicht von Christo
noch von den aposteln, auch nicht von den rechten,
alten, gelerten, heiligen vätern herkommt und der-
halben ein unnötig ding ist. Er hette sonst zu allen
zeiten an einen ort wie am andern müssen gehalten
werden12 13oder die lieben aposteln, die neben der
consecration als den worten des testaments nur das
vaterunser gebraucht, auch die veter, so dieselben
canones nicht gehalten (dann man wol weiß, wie die
bepst hernach irs gefallens daran geflickt und darzu
gesetzt haben), müßten auch nicht recht das heilig
sacrament gehandelt haben, wo solcher canon solte
so nötig sein.14
15Und das zum alllerhöchsten zu bewegen ist, er-
findet sichs auch, das er gestracks wider die heiligen
schrift und wider den trostlichen artikel unsers
glaubens strebt, welcher heißt vergebung der sünd;
dann in der epistel zun Hebreern am sibenden
capitel [26 f.] steht also geschrieben: Ein solchen

7 Siehe Anm. 6!
8-23 Dieser Abschnitt nur ähnlich wie 1540 (Sehling
3, 64).
9 Jungmann 1, 43-57.
10-12 Aus 1540 (Sehling 3, 64) = 1533 (Sehling 11,
182).
11 Dazu und zu noch weiteren Sonderformen Braun
211f. - Leiturgia 1, 36. - Jungmann 1, 37ff.
126-137. 183. - Rietschel 255-286. - Luther konnte

hohen priester solten wir haben, der da were heilig,
unschuldig, unbefleckt, von den sünden abgesondert
und höher, dann der himel ist, dem nicht not were,
täglich wie jenen hohen priester zum ersten fur ir
eigne sünd opfer zu tun, darnach für des volks
sünde; dann das hat er geton einmal, da er sich selbs
opferte, nemblich am creuz.
Und am neunten capitel derselben epistel [12]
steht ferner also geschrieben: Christus ist durch sein
eigen bluot einmal in das heilige eingangen und
hat ein ewige erlösung gefunden. Und bald darnach
steht weiter also: On bluotvergießung geschicht
kein vergebung der sünden. Und abennals: Nicht
das er sich selbs oftmals opfere, gleich wie der hohe
priester geht alle jar in das heilige mit frembdem
bluot. Sonst hett er oft müssen leiden vom anfang
der welt her. Und am zehenden capitel [14]: Diser
aber, da er hett ein opfer fur die sünd geopfert, das
da ewiglich gilt, sitzet er zur gerechten Gottis; dann
mit einem einigen opfer hat er in ewigkeit volendet,
die da geheiliget werden. Und abermal: Wo verge-
bung der sünde ist, da ist nicht mer opfer für die
sünd.
Nun haben wir ja vergebung der sünde, wie der
artikel des glaubens ausweiset. Darumb kan das
abendmal kein opfer für die sünde sein. Ist es aber
ein opfer für die sünde, so haben wir noch nicht ver-
gebung der sünde und ist der artikel des glaubens
falsch. Wöllen sie aber durch solch ir opfer allererst
vergebung der sünd erwerben (wie sie dann mit lau-
tern und klaren worten dargeben), so wird Christus
(sovil an inen ist) wider gekreizigt und getötet, dar-
zu sein bluot widerumb vergossen; dann die opferung
Christi geschicht nicht on creuz und leiden, wie oben
berürt ist zun Hebreern am neunden [22]: Und on
bluotvergießen wird kein sünde vergeben.16 Das
alles aber ist greulich zu hören; dann Paulus zun
Römern am sechsten [9f.] klarlich sagt: Christus,
von dieser Verschiedenheit aus persönlicher Erfah-
rung erzählen (WA Tischreden 4, 4760; 5, 5360).
12 Siehe Anm. 10!
13-14 Aus 1540 (Sehling 3, 64).
14 Siehe Anm. 13!
15-16 Aus 1540 (Sehling 3, 64), wo hier 1533 (Sehling
11, 182) verwendet, aber erweitert wurde.
16 Siehe Anm. 15!

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