Herzogtum Pfalz-Neuburg
Wann er nun gebeicht, unterricht und absolution
empfangen hat, damit sein glaub gesterkt und sein
herz getröst werde, sol er im den glauben und das
vaterunser vorbeten oder, so ers vermag, den kran-
ken selbs und allein lassen sprechen. Unter dem sol
der priester seinen chorrock anziehen, die stolam5
an hals legen und haben ein corporal6 und ein kelch,
sonderlich darzu7 verordnet, und dieselben auf dem
bedeckten tisch vor dem brinnenden licht in maßen
wie auf dem altar disponirn, ein kleine hostia oder
nur ein partikel einer hostia auflegen, ein wenig
weins in den kelch schenken, auf das ja der krank
beide - den leib und das bluot Christi - on beschwerd
gar vernießen möge, und dann sprech er erstlich das
gebet:
Herr Jesu Christe, du einiger warer Son des leben-
digen Gottis etc., wie es droben am 26. blat [S. 73]
stehet.8
Darnach sprech er auch verba consecrationis:
Unser Herr Jesus, in der nacht, da er verraten
ward etc.,
wie sie eben an selbigen blat hernach unter den
noten stehn, und halt sich aller maß darmit wie in
der meß, on das er das sacrament nicht uber das
haupt aufhebe9, sonder, so bald er den leib consecrirt
hat, soll er denselben dem kranken reichen und
sprechen:
Der leib unsers Herren Jesu Christi, fur dich in tod
gegeben, sterk und bewar dich im glauben zum ewi-
gen leben! Amen.
Der priester sol auch mit sonderm fleiß die pa-
tenam unterhalten, damit nichts verfalle.
Darnach consecrir er auch den kelch und reiche in
alsbald dem kranken mit disen worten:
Das bluot des Herren Jesu Christi, für deine sund
5 Siehe oben S. 55!
6 Das Corporale, ein geweihtes Tuch aus Leinen, un-
gefähr 50 cm im Geviert, das als Unterlage für den
Kelch und die Hostie (mit oder ohne Patene) dient
(Hartmann 378f. - RE 1, 395, 14, 679. - Braun
179f. - Rietschel 117. 268. - LThK 32, 62).
7 nämlich für die Krankenkommunion.
8 Dieses Offertoriumsgebet ist auch hier Osianders
selbständiger Gedanke.
9 Wie bei der Elevation in der Kirche, wo ja die im
Rücken des Zelebranten stehende Gemeinde die
Hostie bzw. den Kelch sehen soll (Hartmann 391.
393).
vergossen, sterke und beware dich im rechten glau-
ben zum ewigen leben!
Und nach geschehener communion sol der prie-
ster die finger uber den kelch meßiglich abluirn10
und die ablution dem kranken oder, wo ers nicht
nemen möcht11, einem andern geben.
Darnach sprech er dem kranken disen psalm [117]
vor:
Lobet den Herren alle heiden, preiset in alle völ-
ker; dann sein gnad und warheit waltet uber uns in
ewigkeit. Alleluia!
Und, wann es die zeit und gelegenheit des kran-
ken leiden, so mag er im ander dankpsalm und trost-
sprüch mer (die hernach folgen werden) vorlesen.
Nach dem sprech er ein collect aus denen, damit man
die meß beschleußt, wie die droben am 30. blat
[S. 76] stehn.
Zuletst beschließ er mit disem segen:
Der Herr segne dich und behüte dich! Der Herr
erleucht sein angesicht uber dich und sei dir gnedig!
Der Herr erhebe sein angesicht auf dich und gebe
dir frid! Amen.
Und, ob der krank so schwach were, das man mit
im müßt eilen oder sonst vil wort nicht wol leiden
könt, so sol der priester mit großer bescheidenheit
handeln und allein die hauptstück als die absolution,
consecration und die communion volziehen und
nachfolgends so vil unterrichts und trosts dem
kranken mitteilen, als vil sich leiden wil.
Es sol auch der priester den leuten, so umb den
kranken sein, etliche trostsprüch anzeigen, die sie
dem kranken in der letsten not fürnemblich fürhal-
ten und in darmit auf Christum allein weisen sol-
len.12
10 Um die letzten und kleinsten Reste der Brot- bzw.
Weingestalt zu entfernen, werden den Zelebranten
über Zeigefinger und Daumen Wasser mit Wein in
den Kelch gegossen. Diese Ablution wurde dann von
ihm getrunken. (Hartmann 300f.). - Bei der Ge-
meindeabendmahlsfeier (S. 76) ist davon nicht die
Rede. Es besteht aber kein Zweifel, daß dort ebenso
verfahren und es als bekannte Übung nur nicht
eigens gesagt wurde, wie auch angenommen werden
muß, daß Osiander selbst in Nürnberg so handelte.
11 mögen = können (hier in rein physischem Sinne)
(Schmeller 1, 1576).
12 Siehe Anm. 4!
88
Wann er nun gebeicht, unterricht und absolution
empfangen hat, damit sein glaub gesterkt und sein
herz getröst werde, sol er im den glauben und das
vaterunser vorbeten oder, so ers vermag, den kran-
ken selbs und allein lassen sprechen. Unter dem sol
der priester seinen chorrock anziehen, die stolam5
an hals legen und haben ein corporal6 und ein kelch,
sonderlich darzu7 verordnet, und dieselben auf dem
bedeckten tisch vor dem brinnenden licht in maßen
wie auf dem altar disponirn, ein kleine hostia oder
nur ein partikel einer hostia auflegen, ein wenig
weins in den kelch schenken, auf das ja der krank
beide - den leib und das bluot Christi - on beschwerd
gar vernießen möge, und dann sprech er erstlich das
gebet:
Herr Jesu Christe, du einiger warer Son des leben-
digen Gottis etc., wie es droben am 26. blat [S. 73]
stehet.8
Darnach sprech er auch verba consecrationis:
Unser Herr Jesus, in der nacht, da er verraten
ward etc.,
wie sie eben an selbigen blat hernach unter den
noten stehn, und halt sich aller maß darmit wie in
der meß, on das er das sacrament nicht uber das
haupt aufhebe9, sonder, so bald er den leib consecrirt
hat, soll er denselben dem kranken reichen und
sprechen:
Der leib unsers Herren Jesu Christi, fur dich in tod
gegeben, sterk und bewar dich im glauben zum ewi-
gen leben! Amen.
Der priester sol auch mit sonderm fleiß die pa-
tenam unterhalten, damit nichts verfalle.
Darnach consecrir er auch den kelch und reiche in
alsbald dem kranken mit disen worten:
Das bluot des Herren Jesu Christi, für deine sund
5 Siehe oben S. 55!
6 Das Corporale, ein geweihtes Tuch aus Leinen, un-
gefähr 50 cm im Geviert, das als Unterlage für den
Kelch und die Hostie (mit oder ohne Patene) dient
(Hartmann 378f. - RE 1, 395, 14, 679. - Braun
179f. - Rietschel 117. 268. - LThK 32, 62).
7 nämlich für die Krankenkommunion.
8 Dieses Offertoriumsgebet ist auch hier Osianders
selbständiger Gedanke.
9 Wie bei der Elevation in der Kirche, wo ja die im
Rücken des Zelebranten stehende Gemeinde die
Hostie bzw. den Kelch sehen soll (Hartmann 391.
393).
vergossen, sterke und beware dich im rechten glau-
ben zum ewigen leben!
Und nach geschehener communion sol der prie-
ster die finger uber den kelch meßiglich abluirn10
und die ablution dem kranken oder, wo ers nicht
nemen möcht11, einem andern geben.
Darnach sprech er dem kranken disen psalm [117]
vor:
Lobet den Herren alle heiden, preiset in alle völ-
ker; dann sein gnad und warheit waltet uber uns in
ewigkeit. Alleluia!
Und, wann es die zeit und gelegenheit des kran-
ken leiden, so mag er im ander dankpsalm und trost-
sprüch mer (die hernach folgen werden) vorlesen.
Nach dem sprech er ein collect aus denen, damit man
die meß beschleußt, wie die droben am 30. blat
[S. 76] stehn.
Zuletst beschließ er mit disem segen:
Der Herr segne dich und behüte dich! Der Herr
erleucht sein angesicht uber dich und sei dir gnedig!
Der Herr erhebe sein angesicht auf dich und gebe
dir frid! Amen.
Und, ob der krank so schwach were, das man mit
im müßt eilen oder sonst vil wort nicht wol leiden
könt, so sol der priester mit großer bescheidenheit
handeln und allein die hauptstück als die absolution,
consecration und die communion volziehen und
nachfolgends so vil unterrichts und trosts dem
kranken mitteilen, als vil sich leiden wil.
Es sol auch der priester den leuten, so umb den
kranken sein, etliche trostsprüch anzeigen, die sie
dem kranken in der letsten not fürnemblich fürhal-
ten und in darmit auf Christum allein weisen sol-
len.12
10 Um die letzten und kleinsten Reste der Brot- bzw.
Weingestalt zu entfernen, werden den Zelebranten
über Zeigefinger und Daumen Wasser mit Wein in
den Kelch gegossen. Diese Ablution wurde dann von
ihm getrunken. (Hartmann 300f.). - Bei der Ge-
meindeabendmahlsfeier (S. 76) ist davon nicht die
Rede. Es besteht aber kein Zweifel, daß dort ebenso
verfahren und es als bekannte Übung nur nicht
eigens gesagt wurde, wie auch angenommen werden
muß, daß Osiander selbst in Nürnberg so handelte.
11 mögen = können (hier in rein physischem Sinne)
(Schmeller 1, 1576).
12 Siehe Anm. 4!
88