Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0110
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0, 5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Herzogtum Pfalz-Neuburg

ist, lassen leuten und die leich nach eines jeden orts
gewonheit doch ongeferlich mit volgenden ceremo-
nien begraben.
Wo man schulen hat und dieselbig die leich zu
beleiten2 gefordert, sollen sie anfenglich bei der
leich lateinisch singen eins aus disen canticis: Do-
mine, refugium factus es nobis psalm 90, oder: Ego
dixi: In dimidio dierum meorum [Jes. 30, 10-20]
oder: Benedictus Dominus Deus Israel [Luk. 1,
68-79] mit einer lateinischen antiphona als Media
vita oder Ego sum resurrectio et vita etc. [Joh. 11,
25 ff.].
Darnach soll der priester nach der antiphona oder,
wann kein chor da ist, alsbald von anfang zum volk
bei der leich dise vermanung lesen:
Ir andechtigen, lieben brüder und schwestern in
dem Herrn! Dieweil der almechtig Got unsern lieben
freund, bruder (oder: unser liebe freundin, schwe-
ster) und gelid Christi durch den tod von disem
elenden leben in eim rechten, christlichen glauben,
als wir hoffen, zu seiner ewigen ruhe gefordert und
hingenommen und wir dardurch zu trauren, klagen
und leid zu tragen bewegt werden, auf das wir uns
christlich darin halten, wöllen wir hören die tröst-
lichen wort des heiligen apostels Pauli, der also
spricht [1. Thess. 4, 13-18]:
Wir wöllen euch, lieben brüder, nicht verhalten
von denen, die da schlafen, auf das ir nit traurig seit
wie die andern, die kein hoffnung haben. Dann, so
wir glauben, das Jesus gestorben und auferstanden
ist, so wirt Got auch die da entschlafen sein durch
Jesum mit im füren; dann das sagen wir euch als im
wort des Herrn, das wir, die wir leben und uberblei-
ben werden, in der zukunft des Herrn werden denen
nit fürkommen, die da schlafen. Dann er selbs, der
Herr, wird mit einem veldgeschrei und stimm des
erzengels mit der posaunen Gottis herniderkommen
von himel und die toten in Christo werden aufer-
stehn zuerst, darnach wir, die wir leben und uber-
bleiben, werden zugleich mit denselben hingezuckt

2 = begleiten (Schmeller 1, 1529. — Götze 26).
3 Nicht, wie Riederer, Einführung des deutschen
Gesangs 253 f. meinte, eine nur aus dem Gedächtnis
erfolgte, ungenaue Anführung von Luthers Über-
setzung von Media vita, sondern eine in der Mark-

werden in die wolken, dem Herren entgegen in die
lüft und werden also bei dem Herrn sein alzeit. So
tröstet euch nun mit disen worten untereinander.
Nach diser vermanung sol man die leich zu grab
tragen und der chor mag singen auf dem weg die
antiphone: Ego sum resurrectio [Joh. 11, 25 ff.]
oder: Media vita oder: Si enim credimus oder ein
ander guten chorgesang aus der heiligen schrift oder,
wo kein chor ist, mag das volk auf dem weg oder bei
dem grab ein gut teusch geistlich gesang als Mitten
unsers lebens zeit3 oder ein anders, das sich füget,
singen.
Dann sol man die leich ins grab legen und der
priester mit lauter, vernemlicher stimm dise wort
aus Apocalipsi am 14. [13] capitel sprechen:
Selig sein die toten, die in dem Herrn sterben von
nun an. Ja, der geist spricht, das sie ruhen von irer
arbeit, dann ire werke folgen inen nach.
Darnach sing oder spreche er dise collecte:
Laßt uns beten!
O almechtiger Got, der du durch den tod deines
Suns die sünd und tod zunichte gemacht und durch
sein auferstehung unschuld und ewigs leben her-
widerbracht hast, auf das wir von der gewalt des
Teufels erlöset und durch die kraft derselbigen aufer-
stehung unsere sterbliche leib von den toten auf-
erweckt werden! Verleih uns gnediglich, das wir
solchs festiglich und von ganzem herzen glauben
und die fröliche auferstehung unsers leibs mit allen
heiligen erlangen mögen durch denselbigen, unsern
Herrn Jesum Christum, deinen sun etc. Amen.
Ordnung des einleitens der eheleut.1
Zum ersten soll man die leut darzu vermanen und
darob halten, das die, so sich ehelich zusamen ver-
pflicht haben, ein gute zeit darvor, ee dann sie zu
kirchen gehn, sich iren pfarherrn anzeigen, auf das
man sich mueg erkundigen, ob solche leut nach
götlichem und natürlichem rechten on alle hinder-
grafschaft (Crailsheim) gebräuchliche mittelalter-
liche Übersetzung (WA 35, 127).
1 Nach 1533 (Sehling 11, 200ff.).

90
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften