Evangelische Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts

I 8. Bestallung eines Pfarrers.
10. März 1555.

Wir Otthainrich, von Gottes genaden, pfalzgrave
bei Rein, herzog in nidern- und obern Bairn, be-
kennen offenlich mit dem brief, daß wir den er-
samen Jacoben Lackern1 zu unsern pfarrer und
kirchendiener gen Schmidmiln2 die nechst nachvol-
gende drei jar lang aufgenommen und bestellt ha-
ben, wie hernach volgt:
Nemlich soll er an diesem ort oder, wo er jederzeit
unser diener sein würt, das hailig evangelion und
rain wort Gottes lauter verkönden, ain hailige
schrift durch die ander auslegen und ercleren, dar-
neben das übel der notturft nach anregen, wie sich
gebürt, sanftmüetig und beschaidenlich strafen,
aber darunder vor der gemain niemant benamen
oder andeutung sunderer personen geben, vor allen
falschen gottesdiensten, lastern und sünden, zu der
eer, auch warem dienst Gottes und allen löblichen
tugenten, als sich gezimbt, ermahnen und doch die
straf und übertretung der undertanen uns als dem
landsfürsten und weltlicher oberkeit, auch unsern
verordneten ambtleuten nit meßigen, sonder haim-
stellen und under dem, da jemands seiner pfarr ains
ergerlichen und unbusfertigen wandls were und
sich durch sein predig oder sonst güetlichs verwar-
nen nit bessern lassen wollt, dieselben uns oder un-
sern ambtleuten anzaigen, sich selbs auch unstref-
lich halten, kain neue leer, daraus irtumb zu ge-
warten, einfüern noch ichts von schriften one unser
und unserer verordneten superintendenz wissen aus-
geen lassen und dardurch kein zweifel, zwispalt oder
unrue under der gemain erwecken, darzu selbs kain
Druckvorlage: Original (Papier, Folio, 2 Blätter,
letzte Seite leer. — Amberg StA Neuburger Abgabe
1911 Nr. 14044f. 9-10). Vgl. oben S. 28.
1 Auch Lachkorn. — Aus Neumarkt in Steiermark —
155. Schmidmühlen, 1555 Wiesent, 1573 wegen Ein-
führung einer neuen, von der Gemeinde begrüßten
Kirchenstrafform („Vorknieen“) entlassen. 1574
Schrattenthal (Niederösterreich), ... — Ein auch
schriftstellerisch tätiger Mann, von dem besonders
sein Katechismus erwähnt werden muß (Chn. Gottl.
Jöcher, Allgemeines Gelehrtenlexicon 3 [Leipzig

ergerlich oder bös leben füern noch sich bei bösem
rat oder anschlag, auch bei kainer frevenlichen und
liederlichen gesellschaft in den würtsheusern oder
sonst finden, sonder seins diensts und ambts, als aim
getreuen christlichen hüerten und seelsorger gebürt,
mit ernst und fleis warten, auch unser ausgangne
christliche kirchenordnung mit sacrament raichen
und allen andern notwendigkaiten halten und voll-
ziehen, bei seinem pfarvolk jederzeit bleiben und
one sondere ursach oder erlaubnus darvon nit aus-
raisen, damit der kranken und schwangern per-
sonen, auch kindertaufs und anderer zuefell halb
durch ine nichts versaumbt werde, und soll sich
sonst in kirchensachen und gegen uns seiner herr-
schaft alles getreuen fleis und schuldigen gehorsam
beweisen und dasjenig tun und laisten, das ain
christlicher, fridlicher predicant und frommer, er-
barer diener gegen Gott, seiner herrschaft und sei-
nem pfarrvolk pflichtig und schuldig ist, wie er uns
von ain solchs mit handgebender treuen angelobt,
sich auch des mit seiner eigen handschrift gegen uns
verpflicht und verobligirt hat.3
Dagegen und umb solch sein dienst und verwal-
tung haben wir ime zu einer gewissen bestendigen
jarlichen competenz verordnet und gemacht
an gelt neunzig gulden in minz,
zwai schaf4 korn und
ein halb schaf habern - alles
Lengfelder5 castenmas -, mer
drei tagwerk wismat und
zwai tagwerk ackers zu kraut und ruben und,
1751] 1023. - Bernh. Raupach, Presbyterologia
Austriaca. Hamburg 1741. 86. - M. Reu, Zur kate-
chetischen Literatur Bayerns im 16. Jahrhundert,
in BbKG 13 (1907) 134-149. - Schottenloher,
Buchgewerbe [Reg.]. - Simon, EKGB 316. - Dol-
linger, Regensburg und Pfalz-Neuburg 200).
2 Schmidmühlen (Lkr. Burglengenfeld).
3 Ahnlich dem Revers in Nr. I 9.
4 = Schaff, Scheffel (Schmeller 2, 375f.).
5 = Burglengenfeld.

108