Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0138
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Herzogtum Pfalz-Neuburg

den, von iren opinionen abzusteen, ain ansehenlich
gesprech und christlichen, freundlichen bericht et-
licher gottseliger, gelerter und christlicher kirchen-
diener3 mit den fürnembsten widertaufern, die in
großer anzal auf vorgeend verglaitung4 erschinen,
angeordnet und halten lassen, darinnen inen all ire
obgedachte irtumb überflüssig widerlegt und abge-
laint, auch dermaßen in vil puncten mit hailiger
schrift eingetan und gesteckt worden, das si aint-
weder gar kaine oder ain undienstliche, unerheb-
liche und ungereumbte antwort geben haben kön-
nen, so hat man doch aigentlich bei inen nit erlernen
konnen, was irs widerkörns und besserung halb zu
verhoffen gewesen, darumb ine von gedachtem ge-
sprech in habendem glait widerumb fridlich anhaims
zu ziehen, erlaubt und zugelassen worden mit disem
austrucklichem bevelch und geding: welcher von
seinem irtumb nit abstüende, daß er hochgedachts
unsers gnedigsten herrn chur- und fürstentumb mei-
den sollt.
Dises alles aber hat sogar an ine nit erschossen5,
daß si nit allain in iren irtumben verharret, sonder
auch weitern christlichen bericht nit hörn wellen, ja,
die christlichen kirchendiener den pabstisehen mön-
chen und pfaffen gleichgeacht und geschmecht ha-
ben.
Darumb und dieweil sich die obgedacht verfüe-
risch, unlaidlich sect der widertaufer in disem neu-
burgischen fürstentumb auch ereugen6 und ainwur-
zeln will, so gebieten wir, oft- und hochgemelts un-
sers gnedigsten churfürsten statthalter und rate
angeregts fürstentumbs, anstatt und aus bevelch
seiner churfürstlichen gnaden hiemit ernstlich allen
und jeden des fürstentumbs Neuburg undertanen
und verwanten in stetten und auf dem land und
wellen, das alle die, so mit der verdambten wider-
tauferischen secten oder ander dergleichen lester-
lichen irrtumb befleckt seien, darvon endlich ab-
steen und sich zu der gemainsam der waren evan-

3 Darunter waren z.B. Jakob Andreä und Johann
Marbach (Manfr. Krebs, Quellen zur Geschichte
der Täufer [ = Quellen und Forschungen zur Refor-
mationsgeschichte 22] Gütersloh 1951. 151 ff.).
4 einen verglaiten = ihm (schriftliches) Geleit geben
(Schmeller 1, 1530).

gelischen, christlichen kirchen widerumb begeben
und prophetischer, apostolischer leere gemeß halten
wellen.
Die andern aber, so solcher secten bis anhero nit
anhengig gewesen, sollen sich derselben genzlich end-
halten bei vermeidung hochgedachts churfürsten
höchster ungnad, auch hernach benanter oder ande-
rer ernstlichen strafe.
Es soll auch ain jeder seine kinder nach christ-
licher ordnung in sechs oder acht tagen zum lengsten
nach irer geburt taufen lassen. Welcher oder welche
solchs nit täten und der kinder tauf, als were er
unütz, verachten und darauf beharren wurden, die
sollen für widertaufer geacht und nachgesetzter
oder anderer im rechten geordneter wais und gestalt
unachlessig gestraft werden.
Und, nachdem die vorsteer oder eltisten der wider-
taufer mit irer vermainten, gleißnerischen, erdichten
hailigkait in stetten und aufm land haimlich in die
heuser einzeschleichen und den verderblichen samen
irer ler auszuseen pflegen, sollen dieselben weder ge-
haust, gehofet, geherbergt, geätzt, getrenkt, ent-
halten, geduldt noch vil weniger zu ainiger arbeit
oder diensten zugelassen werden, insonderhait aini-
ger predig oder versamblung nit verhengt7 oder ge-
statt werden.
Wurde dann jemand ainigen puncten dises man-
dats und ordnung übertreten, der solle durch ainen
jeden ambtman des fürstentumbs Neuburg, under
dem der überfarer anzukommen ist, unverzöglich
in fenkliche verhaft gebracht und der regierung zu
Neuburg angezaigt werden, sich wissen mit ernst-
licher straf inhalt der rechten und des hailigen reichs
satzung8 andern zum exempel gegen ine zu verhal-
ten.
Fürnemlich aber sollen des fürstentumbs Neu-
burg ambtleut ir fleisige kundschaft legen, ob sich
bemelte widertaufer bei tag oder nacht in den vel-
dern oder gehülz rotten und daselbs ir verfüerische
5 erschießen = Erfolg haben (Schmeller 2, 477).
6 = sich zeigen (Schmeller 1, 51).
7 verhengen = nachsehen, zulassen (Schmeller 1,
1131).
8 Die Reichsgesetze gegen die Wiedertäufer bei Bos-
sert (siehe oben Anm. 1) 1-11.

118
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften