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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0141
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I 13 Visitationsordnung von 1558

dern dergleichen irrtumben etc., aus solchen fragen
unsere visitatores leichtlich zu erlernen, wie die kir-
chendiner ihrer erudition geschaffen, ob si erstlich
den rechten grund evangelischer lehr verstehen, auch
zwischen rainer und falscher lehr ain underschaid zu
machen wissen, und uf der canzl im fall der not oder,
wo es die materi fueglich geben wirdt, ermelte sec-
ten zu widerlegen und umbstoßen konden; dann nit
allain in der gemain Gottes von nöten, das evan-
gelium von Christo fruchtbarlich und mit nutz wis-
sen zu pflanzen und zu bauen, sonder das man auch
dem unkraut, so gern darneben durch des Satans
neid und haß undergeseet und ufwechset, were und
die armen scheflin Christi bei gesunder und hail-
samer weide gotlichs worts erhalte. Darauf dan
einem fromen, getreuen seelsorger mit sonderm vleis
und ernst zu sehen.
[II] Am andern haben sich unsere visitatores bei
dem pfarrhern und diacono zu erkundigen, wie vil
mal si an den sonn- und feirtägen, auch sonst in der
wochen predigen und zu was zeit und stund, auch,
wie es mit den gesengen, taufen, ubung des catechis-
mi, administrirung des Herren nachtmals, besu-
chung der kranken, absolution, leichtpredigen, be-
grebnussen und andern kirchenubungen gehalten,
ob er die dominicalia evangelia10, auch was sonst für
buecher alts und neues testaments auslege, und sol-
len unsere visitatores den pfarrhern etwa ein argu-
ment furgeben, darauf in voller gemein und bei-
wesen der amptleut ein predigt zu tun, auch sunst
seiner administration in andern kirchensachen mit
zusehen und achtung haben, wie solche abgehen, ob
si bei den pfarvelklein frucht schaffen oder nit, und,
ob si einichen fel und mangl vermerken wurden,
der zu wenden und zu bessern, sie solchs dem pfarr-
hern nach vollendter predigt und verrichtung der
sacramenten mit ernst und doch glimpflich zu under-
sagen11 mit underweisung, wie es furter zu halten,
darneben auch vermahnen, das er sich eins bessern
befleißige und zu nechster visitation mit mehrer ge-
schicklichkeit erfunden werde.

tendenten Justus Menius vertreten und vor allem
von Amsdorf, Flacius und Gallus scharf bekämpft
(RE 12, 88ff., 577ff.).

Darneben sollen si nicht underlassen, der pfarr-
herr bucher zu besichtigen, damit si wissens haben,
woraus sie ire predigt nemen, und wo si dermaßen
buecher finden wurden, die aintweder untuchtig
oder sonst mit schedlichen opinionen beschmeist
und unser augsburgischen confession zuwider und
entgegen werns, sollen si daran sein, das si davon
müßig steen und ire lectiones und studia in bibli-
scher schrift und approbirten interpretibus zubrin-
gen, es were denn sach, das ein pfarrherr oder kir-
chendiner eines solchen juditii und also beschreit,
das er in evangelischer lehr just und solche buecher
mer zu widerfechten dann zu verteidingen brauchte,
da man sich dann mit conferierung der schrift
und freuntlicher adhortation eins andern zu ver-
halten.
Ferner haben si sich zu erkundigen, wie sich die
caplän und diaconi in ihrem ampt, leben und wesen
verhalten, ob si den pfarrhern geburlichen gehor-
samb leisten, gleicher gstalt, wo schulen in einem ort,
den schulmaister befragen, wie und welcher gestalt
er der schule vorstee, was er fur ein ordnung im
lesen halte, was die knaben fur ein profect haben,
sonderlich aber, wie si im catechismo instituirt,
derwegen si si dan selbst zu examiniren, damit si
desto besser wissen mugen, wie die ingenia geschaf-
fen und underwisen werden, das auch der schul-
meister in irem beisein ein lection getan, zu hören
und zu erfaren, was er fur einen methodum in do-
cendo füre und ob die jungen bei ime nutz schaffen
mugen. Was dann fur mengl bei dem schulmeister
und den knaben erscheinen, haben si die zu ver-
bessern oder nach gelegenheit derselbigen an uns
oder unser consistorium gelangen zu lassen.
Wo si nun die kirchen- und schuldiner ambts hal-
ben notturftiglich examinirt, sollen si sich auch an-
derer sachen halben befragen, nemlich
1. was sich die ober- und underamptleut, des-
gleichen gericht und rat bei iren emptern und ver-
waltung halten, ob si auch sambt irem gesinde die
predigten vleißig hören, zum nachtmal des Herren
10 die Perikopen.
11 = mitteilen (Schmeller 2, 234).
 
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