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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0177
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I 18 Kirchenordnung von 1570

leuten dasjenige wünschen und gönnen, so das höchst
im himel und auf erden ist, so allen menschen wider-
faren und begegnen mag, nemlich die ware gottes-
erkantnus, dardurch wir alle zu unserer seelen selig-
keit berufen, so ermanen, erinnern und bitten wir
vorgedachte unser herzliebe gemahelin, auch alle
unsere söne und töchter, samptlich und jedes in-
sonderheit, legen inen auch solches auf hiemit in
kraft väterlichs gewalts und ersuchen daneben un-
sere vettern, freund und blutsverwandten, insonder-
heit den hoehgebornen fürsten, unsern freundlichen,
lieben vettern und gevattern, herzog Georg Hansen22,
pfalzgraven etc., als nach unsern kindern unsern
nechstgesipten stammens- und blutsverwandten,
ganz freundlich, desgleichen alle und jede unsere
landsessen und untertanen in beiden fürstentumben
und, wo wir die jetzund haben oder künftiglich ha-
ben möchten, was wirden, wesens oder stands die
seien, sampt derselben nachkommen ganz freund-
lich, gnediglich und mit sonderm fleiß, das ire lieb-
den und sie nit allein für ire person bei gleichmeßiger
christenlichen erkantnus und bekantnus bleiben,
sich von derselbigen keinswegs abziehen oder in
einigen weg, wie das sein möchte, abschrecken oder
abwenden lassen, sonder auch, das ire liebden als ein
christenliche obrigkeit, welche Gott diesen dienst zu
erzeigen schuldig und pflichtig ist, auch seiner gött-
lichen majestet nichts höhers oder größers erzeigen
kan, mit sonderm ernst daran sei, das das heilig,
alleinseligmachend, unwandelbar und immerwerend
evangelium in dem verstand, wie es - Gott lob! - in
unsern kirchen erklert und ausgelegt ist, nach inhalt
göttlicher, prophetischer und apostolischer schrift
lauter und unverfelscht bleibe, gelert und gepredigt,
auch auf die nachkommen gepflanzt, gewendet und
geerbt werde, das auch die untertanen irer christ-
lichen obrigkeit, welche in diesem fall nichts anders
denn Gottes auferlegten befelch verrichtet, sich in
allweg gehorsam, untertenig und gefellig erzeigen
und weder ire liebden noch sie, die untertanen, einige
verfürische secten oder opinionen öffentlich oder

22 Wolfgangs Vetter, der 1543 geborene Sohn seines
Onkels Rupprecht von Pfalz-Veldenz (ADB 29,
743).
23 Gedacht ist neben den durch den Übergang Fried-
richs III. von der Pfalz zum Kalvinismus entfachten

heimlich einreißen lassen, sonder denselbigen durch
alle von Gott erlaubte mittel mit gebürlicher ab-
wendung jederzeit begegnen, steuren und abwehren,
wie dann Gottes unwandelbarer befelch ist und ein
jeder vor Gottes angesicht am jüngsten tag deswe-
gen rede und antwort zu geben schuldig und pflich-
tig sein wird. Daran dann ire liebden und sie keines-
wegs hindern, abschrecken oder irren sol einige
gefar, wie die durch Gott - der welt zur straf oder
zur prob seiner auserwelten - möchte verhengt wer-
den, noch andere zufell, zerrüttungen, ergernussen
und, was dergleichen sein mag, dardurch zu allen
zeiten die ware, christliche kirch angefochten, be-
trübt und geengstigt wird, insonderheit die viel-
feltige gezenk, disputationen, uneinigkeit und zwi-
tracht, so auch unter denen, so sich des namens
unserer confession zu gebrauchen unterstehen23, hin
und wider einreißen, sonder ire liebden und sie
sollen wider solche anfechtung und ergernus christ-
lich zu gemüt füren, das die ware kirche nimmermehr
one verfolgung gewesen ist noch sein kan, sonder
sowol innerlich als eußerlich auf mancherlei wege
bekümmert und angefochten wird, das auch solches
nichts neues, sonder in allen historien und exempeln
dergleichen fürgebildet und vor augen ist, wie dann
die heilsame zeit, da die apostel selbs der kirchen
fürgestanden, in mehr als in einen weg und zuvor
und hernacher der ganzen kirchen historien genug-
sam und zum uberfluß zu erkennen geben und da-
durch, auch durch die sprüch und prophezeiung24,
in welchen solche sturmwind und ergernus der kir-
chen geweissagt und angezeigt worden, aller deren
geschrei, so diser zeit unsere kirchen verleumbden
und unsere lere derwegen in zweifel ziehen wollen,
nach aller notturft widerlegt und refutirt wirdet.
Dieweil auch zu diser zeit vil und mancherlei
tractationen in religions- und glaubenssachen, auch
reformation der kirchen belangend, fürlaufen, welche
aber nicht an allen orten zum besten, sonder
eins teils, insonderheit von unsern widersachern, viel
Streit vor allem an die majoristischen, synergisti-
schen und flazianischen Lehrkämpfe, neben denen
meist auch eine philippistische Spielart einherlief.
24 z.B. Matth. 24, 23ff.; 2.Thess. 2,3f.; 1.Tim. 4,1;
2.Tim. 3,1; 4,4.

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