Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0181
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
I 18 Kirchenordnung von 1570

lich herz bewegen mag, davon nicht abschrecken zu
lassen, und lassen uns die eingefallene gezenk, miß-
verstend und ungewönliche disputationen, deren
sich etlich dieser zeit teilhaftig machen und die-
selbige andern kirchen einzudringen unterstehen,
gar nicht irren, sonder bleiben bei der einfeltigen
bekantnus, davon in oftbemelter kirchenordnung
und auch in diser schrift gnugsam anregung ge-
schicht, und werden die praefationes oder vorreden,
so vor dieser zeit der kirchenordnung fürgesetzt, von
disem werk ferner zeugnis geben, die wir hiemit von
neuem zu erholen33, für ein unnotturft achten, aber
nicht desto weniger uns darauf ziehen und referirn,
auch nicht zweifeln, es werde solches alles dermaßen,
wie es gemeint, von euch und allen denen verstanden
werden, welchen die christliche einigkeit und das
heilsame band der liebe, dadurch solche einigkeit ge-
pflanzt, erbauet, erhalten und gefürdert wirdet,
nicht zuentgegen ist; dann, was wir in disen sachen
tun, das tun wir nicht aus eignem, unbedechtigem
fürsatz, sondern treten in die fußstapfen unsers
genedigen, lieben herrn vaters, der solche kirchen-
ordnung stattlich beratschlagen lassen, und setzen
demjenigen nach, so vorlangst, wie zum eingang die-
ser schrift vermeldet, durch gottselige, gelerte, ver-
stendige und erfarne theologen und kirchendiener
bedacht und erwogen ist.
Und gelangt darauf an euch alle samt und sonders
unser genedigs gesinnen, auch in kraft göttlichs ge-
bots, dieweil es an ime selbs ein christenliche und
billiche sache ist, unser ernstlicher befelch, das ir bei
solcher lang hergebrachter christenlicher kirchen-
ordnung, in der lehr, administration der sacramen-
ten und ceremonien bestendiglich bleibet, darwider
kein neuerung aufrichtet oder euch in unnotwendig
gezenk und mißverstand, dadurch die kirche (welche
Christus durch sein blut erlöset) betrübet oder ge-
ergert wirdet, in einigen weg einlasset, als lieb euch
ist, Gottes des Allmechtigen gerechten zorn und
andere zeitliche und ewige straf zu verhüten und zu
vermeiden.
Insonderheit aber ist unser bevelch und meinung,
das ir das examen der ordinanden, darinnen alle
33 Die Vorreden von 1560 und 1557 werden aber dann
doch noch in ihrem ganzen Umfang abgedruckt.

hauptstück christenlicher lere aufs kürzest aus-
gefüret und oftangeregter kirchenordnung einver-
leibt, fleißig leset und euch also bekant und gemein
machet, damit ir in zukünftigen visitationen daraus
rede und antwort geben könt, desgleichen auch die
andern lehrschriften, darauf sich die kirchenordnung
zeucht und referirt, dieweil wir von gelerten, erfar-
nen, verstendigen, friedliebenden und geistreichen
theologen bericht sind, das ir nach der biblia oder
göttlicher schrift nicht wol etwas lesen könnet, so zu
kurzer erklerung aller christlichen articul - sonder-
lich zu diser zeit - dienstlicher und fürtreglicher sein
mag, das ir auch auf der canzel, schulen und sonst
die articul christlicher lehr, wie es die zeit und ge-
legenheit gibt, einfeltiglich handelt und erkleret und
die blöde gewissen mit unnotwendigen, scharfen, ge-
fehrlichen disputationen nicht verfüret, verwirret
oder irr machet, darunter euch doch wie bis anher
unverboten sein sol, falsche lehr, auch öffentliche
schand und laster mit christenlicher bescheidenheit
nach ausweisung göttlichs worts zu widerlegen und
zu strafen. Dann wir mit dieser unserer wolmeinen-
den erinnerung euch in euer geistlich, von Gott be-
folen amt keinswegs einzugreifen gedenken, sondern
in diser unruhigen zeit aus vilen stattlichen, erheb-
lichen ursachen ganz notwendig achten, das der-
gleichen ermanung, so nirgends anders denn aus
christlichem eifer herfleust, keinswegs unterlassen
werde.
Und, nachdem wir aus den vergangenen visita-
tionacten, auch relation der verordneten visitatorn
so vil befunden, das der catechismus oder die kinder-
lere sehr unfleißig an etlichen orten gehalten (in dem
wir gleichwol die schuld nit allein den kirchendie-
nern, sondern auch einsteils den fahrleßigen eltern
zumessen, welche ire kinder nicht darzu, wie inen
gebürt, anhalten) und aber an solchem werk, wie
gering es bei etlichen für der welt scheinet, hoch-
merklich und treffenlich gelegen in betrachtung, das
aus dem jungen volk die kirchen und schulen auf-
gepflanzt, erbauet, gemehrt und erhalten werden,
so wollen wir uns gnediglich zu euch getrösten,
auch denen, so bis anhero in solchem irem amt un-
fleißig und fahrlessig gewesen, hiemit ernstlich auf-

11 Sehling Bayern III

161
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften