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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0203
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I 20 Generalartikel von 1576

darauf sollen die superintendenten den pfarrern
zum bericht anzaigen, das si es nit besser machen
sollen, denn Christus der Herr bevolchen, sonder
sich an seiner ordnung genuegen lassen; dann er
sich auch etwas umb das ergernus verstanden und
die böste weis und maß gewißt, wie dasselbige abze-
schaffen, daraus im schein eines christlichen eifers
nicht geschritten, sunder derselben gehorsamblich
nachsetzen solle.
Dann eben in demselben capitl [Matth. 18,7] er
auch von disem ergernus geredt und gesagt von der
welt der ergernus halben und zu abschaffung solches
ergernus in seiner kirchen gleich dise ordnung einge-
setzt, welcher maßen und uf was weis die christen
solchem ergernus wehren sollen.
Da er aber kaineswegs verordnet noch bevolhen,
das einer, der offentlich gesundigt, von der gemain
Gottes soll gleich one alle vorgeende warnung aus-
geschlossen werden, wie es dann nicht allain wider
den klaren bevelch Christi, sunder auch an ihme
selbst ungereumbt26 und in der christenhait unlei-
denlich, was Christus wider die unbueßfertige, ver-
ordnet, das solches uf die bueßfertige reuende sün-
der gezogen und denen, so ihre sünd erkennen, be-
weinen, an Christum glauben, bueß getan und besse-
rung verhaißen, den himel versperren und ihnen die
christlich absolution vorhalten, welchen der Herr
Christus dise tur geöffnet und si nach seiner ver-
haißung wahrhaftig von ihren sunden absolvirt hat,
wann si gleich von einem solchen pfarrer, der ihnen
eigenwilliger weise wider den bevelch Christi die
absolution vorhelt, nimermehr absolvirt werden.
Dieweil dann solches in grund anders nichts dann
ein neue bapstumb und ein offenbarer mißbrauch
der schlussl des himelreichs wider den bevelch und
das klare wort unsers Herrn Christi und der ursach
in der gmain Gottes unleidenlich, sollen sie, super-
intendenten, was der christlich bann sei, wie weit
sich derselbig erstrecke, durch wen solcher geüebt
und wider welche personen, auch mit was weis und
maß nach dem bevelch Christi zu gebrauchen, die

26 = gereimt.
27 = Frau (wie bei Luther [siehe folgende Anmerkung!],
der in diesen heiden Sätzen zitiert wird).

pfarrer und kirchendiener jeder seines gezirks, be-
sonders aber diejenigen, so sich solches unrecht-
meßigen gewalts eigenwilliger weis angemaßt, mit
großem vleiß underrichten und si mit allem ernst
dahin weisen und aus unserm bevelch ihnen ufer-
legen und bevelhen, das si sich hinfuro solchen eigen-
willigen bäpstischen bannes enthalten, damit si nit
die gemain Gottes betriegen, dem nechsten unrecht
ton, die schlüssel lestern, Gott schenden, da si ihne
vermeinen zu ehren, und die liebe gegen den nech-
sten verseern, welches einer christlichen gemein wie
auch uns als einer christlichen obrigkait und mit-
glid der gmein Gottes keineswegs zu leiden; dann
die christlich gemain auch derzue gehört, wann je-
mand bei ir verbannet werden solle, welche nicht ist
des pfarrers dienstmagt, das er zu ir sagen möcht:
Halt mir disen oder jenen in bann! Nein, das ist si
gar nit schuldig, sonder, wann es die seele betrifft,
soll die gemain auch richter und frou27 sein.
Also handelt auch der apostel Paulus; dann, ob er
wol ein apostel war, schreibt D. Luther in vorge-
meltem buechlin28, noch will er den nicht in bann
tuen, der sein stiefmueter genommen hat, sunder
will die gemain darbei haben und, da die gemain
nicht darzue tete, ließe er den bann fahren und war
zefriden, da jener sonst gestraft ward fur der ge-
main [2.Kor. 2,10].
Dergleichen der Herr Christus selbst nicht allain
an dem armen weib, so im ehebruch begriffen29,
sunder auch an seinem furnemen junger Petro ge-
tan, welcher, ob er wol uber sein vilfeltig verspre-
chen und getreue warnungen unsers Herrn Christi
nicht heimblich, sunder offentlich, nicht einmal,
sunder dreimal, nicht mit einfeltigen worten, sunder
mit verfluechen und schweren den Herrn Christum
verleugnet30 und deswegen offentlich nicht gestraft,
gleichwol von Christo nicht fur die kirchtur oder fur
seine apostel zur offentlichen bekanntnus und ab-
bitt angehalten, sunder, sobald er von den toten er-
standen, durch die weiber ihme die absolution zu
haus tragen lassen31, daß er nicht in großer traurig-
kait versinke, und nochmals, da er ihne vor andern
28 Bei Anm. 24 (WA 30 II 502f.).
29 Joh. 8, 3-9. 30 Mark. 14,66-71.
31 Mark. 16,7.
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