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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0207
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I 20 Generalartikel von 1576

ter maßen nacheinander gehandlt werden möchte,
so solle ohne vorgeende ermanung der pfarrer des
orts, da die ergerlich person gesessen, solches seinem
verordneten superattendenten mit gueten umb-
standen berichten, damit es vermög unser super-
attendenzordnung36 furter ohne verzug an unsern
kirchenrat gelangt und beschaid erhaldet werden
möge.
IX.
Von der tauf und, was darbei der gevat-
terschaft und anderer sachen halber zu
erinnern fur notwendig angesehen würde.
1. ⌜Nachdem vilmaln irrungen und streit sich zu-
getragen, daß junge kindlein von der tauf angesehen,
daß man nicht den rechtschuldigen vater benennen
wöllen, ufgehalten, sollen die kirchendiener hinfuro
deswegen sich mit niemand einlegen noch die tauf
ufziehen37, sunder uf beschehen beger, dieselbige
vermög der kirchenordnung alsbald taufen und un-
der die uneheliche kinder in das kirchenbuech der
ordnung nach einschreiben, die rechtfertigung aber
den eltern des kinds und der ordenlichen obrigkait
bevelhen.⌝
2. So dann auch die gevatterschaft kein substan-
tial der tauf, sunder allain ein menschensatzung ist,
soll hierin durch die kirchendiener guete bescheiden-
hait gebraucht und niemand eigens willens oder er-
kanntnus von der gevatterschaft abgetriben wer-
den, der nicht zuvor vermög der christlichen censur
in bann erkennt und mit einhelliger erkanntnus und
bewilligung der kirchen von der gmainschaft aller
sacramenten ausgeschlossen worden.
3. Da sich auch zuetruege, das jemand aus den
papisten oder ander verdambten secten, zu gevatter
gebeten, sollen die kirchendiener gleichergestelt

36 f. 12 (oben S. 143 f.).
37 Eine Schauergeschichte von den Folgen einer sol-
chen Taufverweigerung erzählt nach einem Brief
Veit Dietrichs vom 24. Juni 1544 und dessen Ver-
wendung durch Melanchthon Joh. Manlius, Loco-
rum communium collectanea (Frankfurt 1565) 285.

solche personen, eigens willens und gewalts von der
tauf nit abtreiben, besunders, da si ihnen entweder
gar nit bekannt oder doch wissend, daß si nicht
offentliche lesterer Gottes worts (welche sich zu
solcher handlung nicht gebrauchen lassen) und der-
wegen mit inen nit allain gedult ze tragen, sonder si
auch hiemit anzeraizen, darmit si den christlichen
brauch der heiligen sacramenten sehen und hören
und vilmal durch solche gevatterschaft zur rechten
erkanntnus der gotlichen warhait gebracht, die
sonst in ihrem irtumb gesterkt und nimermehr ge-
kert, sunder durch ein solch unzeitig abschaffen von
der tauf an ihrer seelenhail und seelighait verhindert
werden,
deswegen dann weder der kirchendiener noch die
eltern des kinds mit den unglaubigen am joch zie-
hen, sonder die irrenden im glauben aus dem irtumb
und finsternus, sovil an ihnen, an das licht und war-
hait bringen und solcher gestalt von dem joch des
unglaubens erledigen.
Wann aber offenbar, daß der ernant gevatter ein
offentlicher lesterer der lehr des heiligen evangelii
und der heiligen sacramenten, sollen die pfarrer
ihre pfarrkinder aus Gottes wort ausfuerlich er-
innern und vermanen, das si zu solcher hohen gött-
lichen handlung sölich lesterlich leit nit stellen, sich
aber, mehrer verbütterung und lesterung bei ihnen
zu verhueten, keines offentlichen abtreibens gegen
denselben vernemen lassen.
Der ursach dann ein jeder pfarrverwandter, da
ihne der Allmechtig mit leibsfrucht gesegnet, zuvor
und ehe er die gevattern erbeten, sich bei seinem
ordenlichen pfarrer anzaigen und, was er fur ge-
vattern ze stellen vorhabens, nit verhalten solle, dar-
mit er deshalben aller notturft nach ihne vermög
der kirchenordnung zu erinnen wisse.
Sollte aber, ungeachtet solcher christlichen er-
innerung und vermanung (in dem doch die pfarrer
alle gebürende bescheidenhait gebrauchen und ganz
vorsichtig faren und von niemand aus einigem
Sie schließt mit dem Hinweis, ,,sacerdotes esse mini-
stros et non dominos sacramentorum“. Ein ent-
sprechender Vorfall läßt sich aus den Nürnberger
Kirchenbüchern, aber wohl auch sonst in Nürnberg
nicht nachweisen. - Vgl. dazu Sehling 11, 391 f.
686.

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