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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0208
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Herzogtum Pfalz-Neuburg

fleischlichen affect abwarnen sollen) ein solcher leste-
rer unserer religion zum tauf gestellt werden, soll
ihne dannoch der pfarrer von der gemain Gottes nit
offentlich abtreiben und solcher gestalt ze schanden
machen, sunder deswegen, der ihne zu gevatter ge-
beten, freundlich und christlich erinnert und dahin
gearbeitet werden, wo muglich, daß jederman zur
liebe des wortes Gottes und der heiligen sacramen-
ten gereizet und niemand darvon abgeschreckt
werde.
Es sollen auch die kirchendiener nicht underlassen,
weil Gottes werk wunderbarlich und oftermals us
einem greulichen lesterer ein treuer bekenner
Christi werden mage, wann aus andern orten unser
religion nicht zugetone personen zur gevatterschaft
gewonnen, wo sich die guete gelegenhait nach der
tauf oder in einer andern zusamenkunft mit besten
fuegen über kurz oder lang begeben möchte, si mit
freundlichen, bescheidenlichen worten anzereden,
wie ihnen solche ordnung des taufs gefalle, bei wel-
cher die bapstischen ceremonien nicht gebraucht, si
auch erinnern, das si offentlich vermanet werden,
dises kindlein in solcher lehr, darinnen es getauft,
aufzeziehen, welches nicht one frucht abgeen, sunder
bei etlichen, wo nicht allen, ein guet christlich nach-
gedenken machen möchte, daß si villeicht mit der
zeit ganz und gar zu unser kirchen und gebrauch der
h[eiligen] sacramenten treten.
In welchem allem vil sicherer zu wenig dan zuvil
getan, weil der menschen herzen allain Gott beken-
nen und ein großer underscheid ist, wann papisten
bei unser tauf zur gevatterschaft zuegelassen, mit
welcher handlung si unser sacrament bestetigen;
dann so aus unsern kirchen etliche zur bapstischen
gevatterschaft sich gebrauchen lassen, die mit irer
gegenwertigkait die bäpstischen zauberische cere-
monien bestetigen, darvor sich ein jeder christ hue-
ten solle.
[4.] fEs sollen auch die eltern ihre kinder umb des
brauchs oder gelts willen hinfuro aus dem fursten-

f-f Auszug: Es sollen auch die eltern ire kinder umb
des bauchs oder gelts willen in ein ander ort nicht
tragen noch fremde pfarrer erfordern, sonder ein
jedes sein kind in die pfarr, dahin es von altersher
gewidmet, zu tauf tragen.

tumb in das bapstum nicht tragen, noch papistische
pfaffen in das furstentumb fordern, sondern solches
bei allen undertonen abgeschaffen sein und nicht
geduldet werden.f
Da aber solchs von jemand geschehen, deshalben
durch den pfarrern aus Gottes wort freundlich be-
richtet, daß es unrecht, und, da er sich nit weisen
lassen, fur die censur gefordert und vermög dersel-
ben mit ihme procedirt und deswegen nach notturft
aus Gottes wort, warumb es unrecht, underwisen
werden.
5. ⌜Es sollen auch hinfuro zu verhuetung der
schwangern und geberenden weiber schwermuet,
betruebnus und herzenleid, besonders da ihnen in
der geburt mißlingen sollte, keine hebammen ehe nit
ufgenomen werden, si seien dann zuvor ihres glau-
bens und wolgeüebter kunst halben notturftiglichen
examinirt und dermaßen qualificirt befunden, das
si nit allain den geberenden weibern in der geburt
tröstlich sein mögen, sonder auch an der leibsfrucht
nichts versaumbt werde.
Desgleichen, weil die hewammen gemeinlich mit
zaubereien oder aberglauben behaftet, sollen si des-
halben nicht allain durch die pfarrer mit vleiß exa-
miniert werden, sonder auch jedes orts oberkait ge-
burenden ernst gebrauchen, darmit solche sunde bei
denselben genzlich abgeschaffen und weder heimb-
lich noch offentlich geduldet werden.⌝
X.
Von trost der eltern, wann die neuge-
borne kinder die tauf nicht erreichen,
sunder ungetauft in oder gleich nach der
geburt absterben.
Damit auch die schwangere und geberende weiber,
so zur zeit irer geburt, da die frucht tot von mueter-
leib kommen und die tauf nit erlangen mögen, gleich-
wol aber an ihnen selbst nichts erwinden38 lassen,
38 = fehlen, mangeln (Schmeller 2, 497. - Grimm 3,
1066).

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