I 20 Generalartikel von 1576
setzt und deshalben ein ausfuerlichs bedenken ge-
stellt ist.
6. Die auslendische lehenherrn betreffend, soll
denselben mit grundlicher ausfuerung der erbarkait
Gottes worts und der geschribnen rechten ufs
freundlichst zuegeschriben werden, die geistliche
gueter nit in iren eignen nutz ze ziehen, sonder bei
den pfarren und fruemessen bleiben ze lassen.
7. Verrers sollen die lehenherrn kainen pfarrer
weiter in gelübd nemen weder10, was die handha-
bung der geistlichen gueter, deren si zu genißen
oder das corpus haben, berueren tuet.¬
XXXIII.
Von den landsessen ingemain, wie sich
die gegen den pfarern und visitatorn ver-
halten sollen.
[1.] ⌜Dieweil an etlichen orten die pfarrer und kir-
chendiener mit dem handlohn, leibfellen, stiftgelt, die
vierte garb im veld ze geben, korn fur wax, item
nach derselben absterben die nachgelassene wittib
oder waisen das böst roß oder haubtviech geben11,
item jartägen, neuen stiftungen und dergleichen12
durch die landsessen beschwerd werden, damit man
ihnen mit guetem grund und beschaidenhait zu be-
gegnen und abzeschaffen wissen möge, so sollen die
10 = als (Schmeller 2, 857 — Grimm 13, 2842).
11 So mußte der Pfarrer von Edelsfeld seinem Patron
für die Belehnung mit der Pfarrpfründe 32 fl. zahlen
(Neuburg StA, PfNA 6267 f. 240). 1560 ver-
schaffte die Visitation der Witwe des Pfarrers von
Pettenreuth die 10 fl., die sie beim Tod ihres Gatten
dem Patron als Todfall hatte geben müssen (aaO.
f. 241). Das sind Lasten, wie sie der Bauer seinem
Grundherren gegenüber zu tragen hatte (vgl. etwa
Herlein 135-144). Die Landsassen scheinen dem-
nach vielfach die Pfarrpfründen als ihr an die Pfrün-
deinhaher noch im Sinn des alten Eigenkirchenrech-
tes nur als Lehen hinausgegebenes Eigentum be-
trachtet und behandelt zu haben und nicht als selb-
ständige juristische Person.
12 Was hier gemeint sein könnte, ist nicht ersichtlich.
Abgesehen davon, daß die Jahrtage (= Seelenmessen
für einen Verstorbenen am Jahrestag des Todes oder
der Bestattung) in der evangelischen Zeit ohnehin
nicht mehr vorstellbar sind, machte solche Stiftun-
gen ja nicht der Pfarrer. Er bekam zwar durch sie
Arbeit, aber auch Einnahmen.
13 Die Abgabe beruht wohl einerseits darauf, daß für
diese Tanzzeit etwa bei Kirchweihen Schutz gewährt
superintendenten in nechster visitation angeregter
puncten halber vleißige erkundigung gebrauchen
und, wie es damit beschaffen, eigentlich erfahren
und in ire relation einbringen.
2. Nachdem auch die jungen knaben und knecht,
welche so alt sein, daß si zum heiligem abentmal zu-
gelassen werden, gleich das tanz- oder spilgelt13 ver-
mög vermeinter hofmarksgerichtigkait geben mues-
sen und aber si von wegen reichung solches gelts
desto lenger von dem heiligen abentmal abgehalten,
so soll hinfuro solcher unchristlicher gebrauch, das
tanzgelt belangend, genzlich abgeschafft sein.
3. Damit auch das gemain volk in besuechung der
predigten nit uf- oder von gehör derselben abgehal-
ten werden möge, so sollen die superintendenten
daran sein und verfuegen, daß alle pfarrer nach
gelegenhait jedes orts ein bestimbte zeit zum kir-
chengeleit und predigen haben und den landsessen
oder hofmarksherrn mit nichten gestattet werden
solle, das kirchenleiten ires gefallens ufzeziehen14,
dardurch die gewönliche kirchenzeit verweilt und das
volk in anhörung göttliches worts versaumbt werde.
4. Weiln auch die visitation ein allgemein, christ-
lich notwendig werk, durch welches vornemblich
Gottes ehr befurdert und aller menschen hail und
seligkait, wie auch erhaltung christlicher zucht, er-
bar- und gerechtigkait gesucht und niemand zu ab-
und dafür an den Inhaber des Kirchweihschutz-
rechtes Schutzgeld bezahlt werden mußte, anderseits
auf einer Umlage der Gemeinde zur Bestreitung der
Kosten für die Spielleute. Beides wurde dann nicht nur
von jedem Tanzteilnehmer, sondern von jedem Teil-
nahmeberechtigten eingehoben. Dafür galt anschei-
nend, wer kommunionberechtigt war. So bestand
z. B. in Emskeim der Grundsatz, daß, wer zum Abend-
mahl gehe, auch zum Tanz gehen müsse (Neuburg
STA, PfNA 6267f. 253), und daher auch Tanz- und
Spielleutgeld geben müsse, selbst wenn er nicht
tanzte (worüber sich Tagmersheim z.B. beklagte,
aaO. f. 252). Beides wurde abgestellt.
14 Welcher Hofmarksherr in Pfalz-Neuburg ein solches
Recht besaß, ist nicht bekannt. Ein ähnliches Recht
besaßen aber z.B. die Besitzer bestimmter Höfe in
den Pfarreien Günching und Oberweiling (beide
Diözese Eichstätt in der Kuroberpfalz - bei Neu-
markt/Opf.). Damit sie für diesen Zweck gleich von
weitem erkannt werden konnten, gingen die einen
in roten Röcken, die anderen mit roten Hüten zur
Kirche (Das Bayerland. 5 [1894] 360). Dieses
Recht mag etwa bei der Stiftung einer Glocke aus-
bedungen worden sein.
201
setzt und deshalben ein ausfuerlichs bedenken ge-
stellt ist.
6. Die auslendische lehenherrn betreffend, soll
denselben mit grundlicher ausfuerung der erbarkait
Gottes worts und der geschribnen rechten ufs
freundlichst zuegeschriben werden, die geistliche
gueter nit in iren eignen nutz ze ziehen, sonder bei
den pfarren und fruemessen bleiben ze lassen.
7. Verrers sollen die lehenherrn kainen pfarrer
weiter in gelübd nemen weder10, was die handha-
bung der geistlichen gueter, deren si zu genißen
oder das corpus haben, berueren tuet.¬
XXXIII.
Von den landsessen ingemain, wie sich
die gegen den pfarern und visitatorn ver-
halten sollen.
[1.] ⌜Dieweil an etlichen orten die pfarrer und kir-
chendiener mit dem handlohn, leibfellen, stiftgelt, die
vierte garb im veld ze geben, korn fur wax, item
nach derselben absterben die nachgelassene wittib
oder waisen das böst roß oder haubtviech geben11,
item jartägen, neuen stiftungen und dergleichen12
durch die landsessen beschwerd werden, damit man
ihnen mit guetem grund und beschaidenhait zu be-
gegnen und abzeschaffen wissen möge, so sollen die
10 = als (Schmeller 2, 857 — Grimm 13, 2842).
11 So mußte der Pfarrer von Edelsfeld seinem Patron
für die Belehnung mit der Pfarrpfründe 32 fl. zahlen
(Neuburg StA, PfNA 6267 f. 240). 1560 ver-
schaffte die Visitation der Witwe des Pfarrers von
Pettenreuth die 10 fl., die sie beim Tod ihres Gatten
dem Patron als Todfall hatte geben müssen (aaO.
f. 241). Das sind Lasten, wie sie der Bauer seinem
Grundherren gegenüber zu tragen hatte (vgl. etwa
Herlein 135-144). Die Landsassen scheinen dem-
nach vielfach die Pfarrpfründen als ihr an die Pfrün-
deinhaher noch im Sinn des alten Eigenkirchenrech-
tes nur als Lehen hinausgegebenes Eigentum be-
trachtet und behandelt zu haben und nicht als selb-
ständige juristische Person.
12 Was hier gemeint sein könnte, ist nicht ersichtlich.
Abgesehen davon, daß die Jahrtage (= Seelenmessen
für einen Verstorbenen am Jahrestag des Todes oder
der Bestattung) in der evangelischen Zeit ohnehin
nicht mehr vorstellbar sind, machte solche Stiftun-
gen ja nicht der Pfarrer. Er bekam zwar durch sie
Arbeit, aber auch Einnahmen.
13 Die Abgabe beruht wohl einerseits darauf, daß für
diese Tanzzeit etwa bei Kirchweihen Schutz gewährt
superintendenten in nechster visitation angeregter
puncten halber vleißige erkundigung gebrauchen
und, wie es damit beschaffen, eigentlich erfahren
und in ire relation einbringen.
2. Nachdem auch die jungen knaben und knecht,
welche so alt sein, daß si zum heiligem abentmal zu-
gelassen werden, gleich das tanz- oder spilgelt13 ver-
mög vermeinter hofmarksgerichtigkait geben mues-
sen und aber si von wegen reichung solches gelts
desto lenger von dem heiligen abentmal abgehalten,
so soll hinfuro solcher unchristlicher gebrauch, das
tanzgelt belangend, genzlich abgeschafft sein.
3. Damit auch das gemain volk in besuechung der
predigten nit uf- oder von gehör derselben abgehal-
ten werden möge, so sollen die superintendenten
daran sein und verfuegen, daß alle pfarrer nach
gelegenhait jedes orts ein bestimbte zeit zum kir-
chengeleit und predigen haben und den landsessen
oder hofmarksherrn mit nichten gestattet werden
solle, das kirchenleiten ires gefallens ufzeziehen14,
dardurch die gewönliche kirchenzeit verweilt und das
volk in anhörung göttliches worts versaumbt werde.
4. Weiln auch die visitation ein allgemein, christ-
lich notwendig werk, durch welches vornemblich
Gottes ehr befurdert und aller menschen hail und
seligkait, wie auch erhaltung christlicher zucht, er-
bar- und gerechtigkait gesucht und niemand zu ab-
und dafür an den Inhaber des Kirchweihschutz-
rechtes Schutzgeld bezahlt werden mußte, anderseits
auf einer Umlage der Gemeinde zur Bestreitung der
Kosten für die Spielleute. Beides wurde dann nicht nur
von jedem Tanzteilnehmer, sondern von jedem Teil-
nahmeberechtigten eingehoben. Dafür galt anschei-
nend, wer kommunionberechtigt war. So bestand
z. B. in Emskeim der Grundsatz, daß, wer zum Abend-
mahl gehe, auch zum Tanz gehen müsse (Neuburg
STA, PfNA 6267f. 253), und daher auch Tanz- und
Spielleutgeld geben müsse, selbst wenn er nicht
tanzte (worüber sich Tagmersheim z.B. beklagte,
aaO. f. 252). Beides wurde abgestellt.
14 Welcher Hofmarksherr in Pfalz-Neuburg ein solches
Recht besaß, ist nicht bekannt. Ein ähnliches Recht
besaßen aber z.B. die Besitzer bestimmter Höfe in
den Pfarreien Günching und Oberweiling (beide
Diözese Eichstätt in der Kuroberpfalz - bei Neu-
markt/Opf.). Damit sie für diesen Zweck gleich von
weitem erkannt werden konnten, gingen die einen
in roten Röcken, die anderen mit roten Hüten zur
Kirche (Das Bayerland. 5 [1894] 360). Dieses
Recht mag etwa bei der Stiftung einer Glocke aus-
bedungen worden sein.
201