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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0231
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I 20 Generalartikel von 1570

so si es anderst mit der zeit zuwegen bringen möch-
ten, nach vermög des kastens und gelegenhait der
personen zimblich leihen und fursetzen, und die
sollen mit dem bettler zaichen aus beweglichen ur-
sachen nit beschwert werden.
[Teuerung.]
Den vierten zur zeit der teurung: [Dem,] der sonder
großen nachteil seine gueter nicht verkaufen kan, soll
man nach vermögen des castens und gelegenhait der
person uf widergeben leihen und fursetzen.
[Arme Schüler.]
Zum funften soll man auch in einer jeglichen
statt, märkt, dörfern und flecken, da man lateinische
schuelen helt, etliche arme knaben nach vermögen
der statt oder flecken mit dem almosen zu schuel
halten oder ihnen zum wenigisten wochentlich ein
steur geben.
Arm, vaterlose waisen.
Zum sechsten: Arm, vaterlose waisen soll man zu
handwerken, schuelen, zum ehrn und haushaltung
mit angehefter vermanung der widergeltung, wo
ihnen ir hand so lang wirt, mit höchstem vleiß ver-
helfen.
[Kranke und Ehehalten30.]
Zum sibenden: Zur zeit sterbender not, auch
sunsten, so oft arme ehehalten oder dienstknecht,
auch ander frembden urplötzlichen niderfellig und
krank wurden oder mit dem erbgründ31 und andern
schweren süchten beladen weren und aber von ihrem
eigen nit ze leben, auch von ihren herrn oder frauen
underhaltung nicht erlangen möchten, sollen von
gemainen almosen oder spitaln undergeschleift, ge-
heilt und zimblich underhalten werden so lang, bis
si ir gesundhait zimblich erlangen, und doch die
herrn und frauen darneben durch die kastenpfleger
ermant werden, ihnen in ansehung [,das] si in dersel-
ben diensten niderfellig worden, zum wenigisten ein
handraichung und hilf ze tuen.
Es sollen auch unsere ambt- und bevelchleut, auch
in den hofmärken die landsessen mit den erzten,
30 Vertragsmäßig in die Hausgemeinschaft aufgenom-
mene Dienstboten (Schmeller 1, 8).
31 = Erbgrind (= Aussatz?)

balbieren und badern sunders fleiß dahin handlen
und darob sein, daß si an solchen brechenhaften
leuten höchsten vleiß ankeren und sich mit ein-
nemung des lohns oder besoldung also christlich und
mitleidenlich erzaigen, damit ihnen über bezalung
des zeugs, so si darzue gebrauchen, eintweders nichts
nach armuet des kranken oder aber ein geringes nach
vermögen desselben dörf erstattet werden, welchs
also von ihnen fur ein göttlich almosen ze achten
und ze halten ist.
Zum beschluß wollen wir auch ernstlich hiemit all
unser undertonen, arm und reich, gemant und er-
sucht haben, daß si sich selbsten, auch ire kinder
und ehehalten zu den predigen und besunder zu dem
catechisimo, so man nennet der kinder predig und
frag, das wort Gottes ze hören und ze lernen, mit
allem vleiß sehicken und furnemblich, daß diejeni-
gen, so die hand aus dem armenkasten geboten wur-
det, ihre kinder, die mannspersonen die knaben und
die frauen die töchter, mit sich zu solcher kinder-
lehr selber fueren und besuechen wöllen und dero
keine one ehehafte ursach erlassen bei verwürkung
der gemeinen castenhulf oder anderer straf dem ver-
schulden nach, auch, wo die herrn und frauen ihre
ehehalten, knecht und mägd umb eigennützigkait
willen nit zur predig und catechisimo anhielten,
sollen dieselben neben der bueß, unser landsord-
nung32 einverleibt, wa die knecht und mägd bei
ihnen in krankhait fielen, noch ferner mit hulf und
handreichung solchen kranken ehehalten nach ge-
stalt der sachen gestraft werden.
Wie es mit den frembden bettlern und
landstreichern, auch leichtfertigen armen
gehalten soll werden.
Damit den einwonenden durftigen, armen leuten
desto stattlicher und reichlicher geholfen und ander
beschwerlichait und unrat, so von den frembden
bettlern und landstreichern bishero an vilen orten
und enden scheinbarlich33 und beschwerlich begeg-
net ist, verhuet werden möge, so wöllen und gebie-
ten wir ernstlich, daß alle landstreicher in unser
32 Vorläufig noch nicht gefunden.
33 = offenbar, augenscheinlich (Schmeller 2, 424. —
Grimm 8, 2433f. - Fischer 5, 745).

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