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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0235
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I 20 Generalartikel von 1576

liche zech oder zum wein oder bier geen, auch kein
spil tuen, alle ergernus zu verhueten. Welcher aber
darüber begriffen, in zechen oder spilen erfunden,
soll fenklich angenommen und darumb mit allem
ernst gestraft werden.
Wie es mit den siech- und blatterheusern in
stetten gehalten werden soll.
Nachdem die abscheuliche krankehaiten, sonder-
lich die franzosen40, je lenger je mehr einreisen, der-
wegen uf alle mugliche mitl und wege zu gedenken,
welchermaßen solchem notturftigelichen zu begeg-
nen, wollen wir bedacht sein, daß etliche heuser41
ufgerichtet, darinnen solche leut gehalten und durch
ordenliche, von Gott erlaubt mitl der arznei und gebü-
render cur von diser krankhait erledigt werden mögen.
Mitlerzeit aber und, dieweil solche krankhait
mehrerteils durch die bäder ausgebreitet und also
einer von dem andern vergiftet, sollen jedes orts
obrigkait mit besonderm ernst und vleiß daran sein,
daß die personen, so mit diser krankhait verun-
reinigt, in kain offen bad bei hoher, ernstlicher straf
gelassen, sunder so lange ausgeschlossen sein sollen,
bis si von diser krankhait erledigt und ihre gesund-
hait erlangt haben, darzue dann die bäder nit wenig
ursach und befurderung geben.
Da auch jemand bewüßt, daß ein manns- oder
weibsperson oder kinder mit dergleichen krankhai-
ten behaftet, der oder dieselbig soll schuldig sein,
solche person der obrigkait namhaft ze machen,
welche obrigkait alsdann ihne mit schreiben zu
einem diser sachen erfahrnen medico weisen und ihr
uferlegen solle, von selbigen ein schriftliche, gnug-
same urkund, daß er damit nit inficirt sei, beizebrin-
gen.
III.
Von ufnemung der kasten- und spitalpfleger.
Anfänglich soll man fursichtig, gottsfurchtig, er-
bar und redliche menner, die dem wort Gottes an-
hengig, die ein guet gezeugnus bei jederman haben,
nach den bevelch der apostl [Ap.G. 6,3] zu der
1 Auszug +: so nit schuol halten können,
40 = Syphilis
41 Solche Siechenhäuser gab es zwar schon aus mittel-

armen und spital pflegern erkiesen, item, die der
verwaltung und haushaltens, auch schreibens und
lesens bericht und den armen aus christlicher treu
und lieb geneigt seien, und sollen solche erkiste
pfleger anderer pflegschaften enthebt werden.
Solche kirchen- oder almosenpfleger sollen auch
den aid, wie andere castner tuen, daß si treulich haus-
halten und der obrigkait ordenliche rechnung von
jarn zu jarn tuen sollen. Doch sollen die, so pfarr-
und heiligeneinkomen versehen und verrechnen,
bei irer pflicht gelassen, die aber allererst von neuem
ufgenommen und kein pfiicht getan, sollen in solche
neue pflicht genommen werden.⌝
XLII.
Von den custorn, glöcknern, mesnern und
dergleichen personen, denen die be-
schließung und verwarung der kirchen
bevolen ist.
1. 「Es soll hinfuro kein mesner im ganzen fursten-
tumb one des pfarrers selbigen orts wissen erwehlet
oder wider seinen willen ufgenommen werden.
2. soll keiner durch ein rat oder kirchenbrobst
seines ambts ohne rechtmeßige ursach noch ohne
vorwissen und erkantnus entsetzt werden.
3. Die mesner sollen gottsförchtige, erbare per-
sonen sein und, wo muglich, lesen, singen und schrei-
ben künden, und sollen die superintendenten fleiß
furwenden, daß der mesnerdienst zum schuelambt
geschlagen und also ein schuel zu lernung des cate-
chisimi ufgerichtet werden möge.
4. Es sollen alle mesner schuldig sein, von anfang
der predig und kirchenactus bis zum ende derselben
ze bleiben und außerhalb tringender not sich nit
abziehen.
5. Die mesner1 wo muglich sollen handwerksleut
sein und zu solchem dienst ambtknecht, schergen
und dergleichen nit ufgenommen und, da handwerks-
leut genommen, deswegen von den maistern des-
selben handwerks nit angezogen42 oder an ihrer
arbeit gehindert werden.
alterlicher Zeit (Reigel 559f.), sie reichten aber
offenbar nicht aus.
42 = anziehen = anklagen, beschuldigen (Lexer 1,
65), dann wohl auch = verachten.

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