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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0248
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Herzogtum Pfalz-Neuburg

wann das gelt, darumb es hingeben, nit widerumb
nutzlich angelegt wirt. Derwegen ist unser ernst-
licher bevelch, daß si solche der kirchen verkaufte
oder alienirte eigentumbsgerechtigkait und nießung,
wo es zuvor nit geschehen, den kirchen in andere
wege volkommenlich erstatten und sich furterhin
solcher alienation, dieselbige anderst nicht, dann
wie jetzund ausgefuert, ze tun, ganz und gar ent-
halten. Darauf unsere superintendenten jederzeit
vleißig achtung geben und gebürende inquisition
daruber furnemen sollen.
Wann es sich auch zuetruege, daß ein pfarrer oder
kirchendiener von den güetern, so zu der pfarr oder
seinem kirchendienst gehören, etwas umb ein zins
ausliehe, so soll sich dieselbige ausleihung oder loca-
tion nit weiter erstrecken, dann so lang er das pfarr-
oder kirchenambt innhat, in ansehung, daß vil-
leicht einem andern, so nach ihme kombt, gelegner
sein möchte, solche güeter selbst ze bauen, zu ge-
brauchen oder innenzuhaben.⌝
LVIII.
Von besserung und abwendung etlicher
gemainer mengl und mißbreuch, so hin
und wider eingerissen.
Welchermaßen die hin und wider eingerissene
mengel und mißbreuch abgewendt und gebössert
werden sollen, wirt unsern mandaten, welche wir
furderlich ausgeen lassen wellen, einverleibt.
⌜Dieweil wir auch berichtet, daß die tänz an vilen
orten und sunderlich in den landsessereien zu ver-
hinderung der predigten des catechismi allain umb
des eigennützigen, schändlichen gewins willen ange-
richtet, darbei dann alle unzucht und leichtfertig-
kaiten, schand und laster mit großem ergernus ge-
triben, deswegen land und leut höchlich gestraft
werden mögen, so soll hinfuro solch ergerlich tanzen
allenthalben und furnemblich auch in wirtsheusern
bei straf eines talers17 von jedem, so darzue gehol-
fen, in gotteskasten ze legen, ernstlich abgeschafft,
17 1 Taler war nach dem Reichsabschied von 1566 =
68 Kreuzer (Ernst Scholler, Der Reichsstadt Nürn-
herg Geld- und Münzwesen. Nürnberg 1916. 196.
143. 270. - Zedler 43 [1745] 362).
18 streichen = schlagen (Schmeller 2, 806); Hand-
streich = der bei vielen Verträgen, besonders aber

auch derjenig, so dessens wissens hat, da er es ver-
halten und nit anzaigen wurde, den übertretern zu-
gleich gestraft werden, wie wir dann auch hiemit
ernstlich verboten haben wöllen, daß aus unserm
furstentumb zu solchen schändlichen tänzen nit ge-
laufen werden solle.
Die tänze aber belangend, so uf den handstrei-
chungen18 oder pflumpfen19, hochzeiten, etlicher
freundlicher zesamenkunften und gastungen gehal-
ten werden, dieselben sollen unverboten sein, doch
daß si zichtig und erbar gehalten und - bei einer
geltstraf, in armenkasten zu erlegen - alles verdre-
hen und unzuchtig springen abgestellt und vermit-
ten werden.⌝
LIX.
Von wuecher und wuecherlichen conträc-
ten und handlungen insunderhait.
⌜Nachdem sich befindet, daß in disem furstentumb
geverliche, unzimbliche und unleidenliche, wuecher-
liche conträct zu merklichem verderben der armen
leut geüebt und getriben werden, so solle hinfuro
kein schuldenkauf20 ohne vorwissen und erkandnus
der obrigkait ufgericht werden, derwegen die super-
intendenten in kunftiger visitation ire eigentliche,
grundliche inquisition und erkundigung gebrauchen
und, da si was wuecherisch und geverlichs finden,
dasselbig vleißig ufzeichnen und in synodum brin-
gen, von dannen in die canzlei gegeben, notturftig-
lich zu beratschlagen und dieselbigen gebürlich ze
strafen haben.⌝
LX.
Welcher gestalt und uf was feirtagen die
nötige vorsteende veldarbait, so keinen
verzug leiden kan, verricht werden mage.
⌜Wir befinden gleichergestalt aus der verordneten
visitatorn relation, daß das gemaine volk in stetten
und dörfern der sontag und feirtag zum höchsten
der feierlichen Eheverabredung (Verlobung) übliche
Handschlag (Schmeller 1, 1124).
19 = Plumpf = der Teil dieser Feier, bei der man sich
an den gedeckten Tisch setzt, und daher diese Feier
selbst (Schmeller 1, 457).
20 = Darlehensaufnahme.

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