Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0289
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Sie ist im allgemeinen eine Wiederherstellung der Ordnung Ottheinrichs von 1556 und bereichert
die Abendmahlsliturgie dadurch, daß sie das gesungene Abendmahlsvaterunser durch das Sanctus
oder ein anderes geeignetes Lied und ein darnach gesprochenes Vaterunser vor dem Einsetzungsbericht
ersetzt4 und sich so der Herzog-Heinrich-Agende und damit dem früheren Brauch in Amberg5 nähert.
Sie läßt auch wieder lateinische Gesänge zu. Von der abgeschafften Kirchenkleidung wurde ausdrücklich
gesagt, daß sie nicht wieder aufgenommen werden solle. Der Chorrock wurde vielfach sogar erst jetzt ab-
geschafft6. Ebenso unterblieb auch der Exorzismus bei der Taufe, den Amberg ja entgegen der Ordnung von
1556 beibehalten hatte. Auch sonst wurde in den Gemeinden manches, das jetzt beseitigt worden war
(Bilder, Kerzen) nicht wiederhergestellt oder neu beschafft7. Für den Katechismusunterricht in den dazu
bestimmten Gottesdiensten wurde ein von Martin Schalling zusammengestelltes Büchlein verwendet8.
Diese Kirchenordnung wird auch in der bambergischen Stadt Vilseck zur Verwendung gelangt sein.
Eine im Jahre 1584 verfaßte Zusammenstellung der dort gebräuchlichen Gottesdienstformen ist leider
bis auf einen Widmungsvers des Schreibers verloren9.
1579 ließ Ludwig eine große Generalvisitation in der ganzen Oberpfalz beginnen. Der Wert ihrer
Instruktion, die am 16. August 1576 ausgefertigt wurde, beruhte vor allem auf dem eingehenden Frage-
bogen. Er war an sich schon recht gründlich. Die Visitationskommission erweiterte ihn aber auf Grund
der ihr gegebenen Ermächtigung noch recht beträchtlich10. Die Durchführung erstreckte sich bis in den
Herbst 1583, da in dieser Zeit ja gerade die schwere Auseinandersetzung um die Konkordienformel er-
folgte. Die Protokolle geben ein überaus anschauliches Bild vom Stand des Kirchenwesens11.
Gleichzeitig mit der Visitation und teilweise mit ihr verbunden (Mai 1581 bis Mai 1582) wurde
die von den einzelnen geforderte Unterschrift unter die Konkordienformel vollzogen12. Diese Konkordien-
formel, die das einigende Bekenntnis aller Lutheraner wurde, entsprach Ludwig zwar wegen ihrer von
den reformierten Ständen (Kurpfalz und Hessen) bekämpften Lehre von der Ubiquität13 nicht so recht.
Der Kurfürst unterzeichnete sie aber schließlich doch, ließ sie auch durch seine Geistlichen unterschrei-
ben und entließ sogar Geistliche, die die Unterschrift verweigerten, wie etwa sogar seinen Generalsuper-
intendenten Martin Schalling14.
Die Mitarbeit der Gemeinde suchte die Bestallung von Senioren ( = Ältesten = Presbytern) zur
Handhabung der Kirchenzucht zu erreichen. Doch ist dafür nur eine allgemeine Verfügung aus dem
4f. 52 (= Sehling 14 Nr. 60). - Waldenmaier 105. - Medicus 1, 452.
5 Siehe unten S. 283 und S. 286!
6 f. 74. — Siehe unten S. 315f.!
7 Götz, Wirren 22-26.
8 Weigel, Leben 112. — 1. Auflage 1578. 2. Auflage 1580. Vorhanden ist anscheinend nur noch ein Stück der 1. Auf-
lage, und zwar in der Vatikanischen Bibliothek in Rom (Enrico Stevenson, Inventario dei libri stampati Palatino-
Vaticani [Rom 1888] 127 Nr. 512).
9 Weigel, Vilseck 92.
10 Unsere Nr. II 7. — Götz, Wirren 30ff.
11 Lippert, Reformation 127-141. -Götz, Wirren 30-110; Visitation.
12 J. T. Müller 792ff. - Götz, Wirren 26f.
13 Gemeint ist die Lehre, daß Leib und Blut des erhöhten Herrn Christus überall gegenwärtig sein können. Sie war vor
allem als Beweis für die Möglichkeit der Gegenwart von Leib und Blut des Herrn in Brot und Wein des Abendmahls
entwickelt worden, erscheint aber in der Konkordienformel in einer Gestalt, die als Multivolipräsenz bezeichnet wer-
den muß. Es ging bei ihr deshalb nicht eigentlich um diese Lehre selbst, sondern um das Abendmahlsverständnis.
Sie sollte später für die innere Entwicklung der oberpfälzischen Kirche von ausschlaggebender Bedeutung werden
(Bekenntnisschriften 973—1049. — RE 20, 182—196).
14 Bekenntnisschriften 15. — J. T. Müller 792ff. — Simon EKGB 334f. — Struve 305—361. — Th. Pressel,
Churfürst Ludwig von der Pfalz und die Konkordienformel, in: Zeitschrift für die historische Theologie 37 (1867)
3-113. 268-320. 444—470. 473-605. - Lippert, Reformation 125f. -Götz, Wirren 10f. 28f.

269
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften