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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0315
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II 4. Visitationsinstruktion vom 15.Febr. 1557

Kurze verzaichnus und instruction, was di churfürstlichen verordneten zur visi-
tation allenthalben in den ambten handlen und verrichten sollen.

Erstlich: Nachdem bei allen pfarren dise verord-
nung und anstellung geschehen soll, damit alle pfar-
ren des fürstentumbs mit tuglichen, geschickten,
gelerten und ehrlichen kirchendienern laut der
schriften - mit A bezaichnet1 - versehen und ver-
sorgt, so sollen die visitatores hirunder gute erkundi-
gung gebrauchen, ob die pfarren solchermaßen ver-
sehen, und, wie sie di sachen befunden, solchs be-
richten
und, damit die kirchendiener die gebürliche und
ehrliche underhaltung haben, sollen die visitatores
einer jetlichen pfarr einkommen, daneben auch er-
kundigen, ob von etlichen pfarren ichtes entzogen,
wer dasselbige geton und von wem es itzt gebraucht
oder eingenomen werde, solches alles in schrift und
zu ihrer hieherkonft referiren.
aGleichergestalt sollen sie nach gelegenhait und
besichtigung der collationen2, vacirenden altarien
und andern kirchengefellen uf mitl und [vor] schlag
gedacht sein, wie gelerten und fruchtschaffenden
kirchendienern geholfen und ire competenz vermög
jungst augsburgischen reichsabschied3 verbessert
und augirt werdena.
Und dieweil ir churfürstliche gnaden auch glaub-
Druckvorlage: Entwurf (6 Blätter, Folio, Papier.
- Amberg StA, ORuR 2 [Oberpfälzische Visitations-
acta 1556-1605] f. 29-34). - Siehe oben S. 262!
a-a Teilweise durch Tintenkleckse unleserlich.
1 Diese Beilagen liegen nicht mehr bei. Gemeint
sind offenbar die mit den gleichen Buchstaben
versehenen Beilagen zu den Anweisungen in der
Unteren Pfalz, die man auch in Pfalz-Neuburg als
Muster hatte. Beilage A enthält dabei ausführliche
theologische Prüfungsfragen für Pfarrer (KGLA
7277 f. 187 bis 140. 179-192. - Sehling 14 Nr.
13).
2 Wohl = Opfereinlagen.
3 von 1555. - Er bestimmte, daß die Einkünfte geist-
licher Herren aus evangelischen Gebieten erst aus-
gefolgt werden sollten, nachdem zuvor die davon in
diesem Gebiet zu bestreitenden geistlichen Aufgaben
erfüllt waren (Karl Brandi, Der Augsburger Reli-

lich angelangt, daß die schedlichen irrtumb der
zwinglianer, so die heiligen sacrament allain für bloße
lehrzaichen halten, widertaufer und schwenckfeldi-
aner4 wider die raine lehr des heiligen evangelii und
die augsburgischen confession in disem fürstentumb
einreichen, so soll man sich gegen denselben laut hie-
beiligenden bedenkens - mit B verzaichnet5 - halten.
Doe auch etliche weinsuchtige oder andere uber-
tretende pfarrheren oder kirchendiener vorhanden,
so wirdet us beiverzeichneten schriften - mit dem
puchstaben C6 - zu finden sein, was man mit den-
selben handlen und furnemen soll.
Doch sollen sie, di verordneten, zu verhuetung
allerlai beschwernus kainen kirchendiener an ein an-
der ort transferiren, sonder, doe si ainiche wichtige
ursachen, dise in irer relation berichten.
Gleichergestalt sollen sie alsbalds kainen urlauben
oder abschaffen ohn sondern fernern bevelch. Doch
mögen sie den ungelerten pastorn ein bestimbte zeit,
die pfarr zu räumen, setzen und bestimben.
Was aber deren vom adel pfarrhern belangt, doe
nun dieselben untuchtig befunden, sollen sie glei-
chergestalt gegen inen handlen und verfahren, doch
dasselbig mit zuetueung deren vom adel. Woe inen
gionsfriede. Göttingen 1927, Artikel 9 [S. 45]. -
Simon, Religionsfriede 71).
4 Anhänger des schlesischen Spiritualisten Kaspar
Schwenckfeld († 1561), der seit 1529 in Südwest-
deutschland viele Anhänger gewann, aber schwerlich
in Kuroberpfalz, wo auch weder von Zwinglianern
noch Wiedertäufern etwas bekannt ist. Lediglich in
Amberg wurde einmal - aber schon 1545 — ein Schnei-
der als Wiedertäufer gefangengesetzt (Simon,
EKGB 345. - Herm. Nestler, Die Wiedertäufer-
bewegung in Regensburg. Regensburg 1926, 29).
Auch diese Anweisung zeigt, daß einfach die Anwei-
sung für die untere Pfalz zur Vorlage genommen war.
5 Siehe Anm. 1! - Diese Beilage B: K GL A 4277 f. 141
bis 145 und 202-207 (Sehling 14 Nr. 14).
6 Siehe Anm. 1! — Diese Beilage C: KGLA 4277f.
146ff. und 208ff. (Sehling 14 Nr. 15). — Die For-
mulierung „weinsüchtig“ weist bes. auf die Her-
kunft aus der Unterpfalz hin; in der rauhen Ober-
pfalz war das Bier wohl eine größere Gefahr.

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