Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0318
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
II 5. Amberger Vier Punkte vom 9. Dez. 1566.

Demnach einer christlichen oberkeit beides zu-
steet, erstlich: das sie abgotterei und irtumb, auch
ergernus bei ihren untertanen, soviel nutzlich, uf-
hebe und dargegen rechten gottesdienst und rechte
lehre befurdere und erhalte, dann: das sie der schwa-
chen gewissen in allen muglichen und leidenlichen
dingen verschone und gottselige ruhe und fride in
iren kirchen anrichte, ohne welche die leut zu er-
kantnus der warheit und rechter einhelligkeit der
lehre zu pringen, nit wol muglich ist -, und aber die
itzt schwebende mueseligkeit uber der mundlichen
nießung des leibs Christi im abentmahl so weit in
den evangelischen kirchen eingerissen, das sie nit
eben einsmals gestillet und hingelegt kan werden,
also erfordert die notturft underdessen solche wege
und mittel christlicher moderation und fridsamkeit
zu gebrauchen, dardurch ohne jemands der kirchen-
diener oder anderer gewissen beschwerung oder uber-
eilung heilsame und notwendige ruhe und frid den
kirchen möge angestellt und entlich vermittelst
göttlicher genaden alle trennung und mißverstand
genzlich gewendet und ufgehaben werden.
Dann weil diejenigen, so die meinung von der
mundlichen nießung halten, mehrersteils alle artikel
des allgemeinen christlichen glaubens und lehre an-
nehmen und bekennen, darzu auch in den puncten,
das abentmahl belangent, man in den furnembsten
stucken einig ist: das nemblich das abentmahl wie
alle andere sacrament furnemblich zu diesem brauch
eingesetzt und an die verheißung des evangelii an-
gehenkt sei, das der glaub ohn dieselbige verheißung
dardurch becreftiget und bestetiget werde, und das
außer den rechten, von Gott selbst geordneten
brauch kein ding noch ceremonia ein sacrament sein
kunte, auch, das wir im heiligen abentmal nicht
allein des verdiensts und woltaten Christi, sonder

Druckvorlage: Gleichzeitige (ungenaue) Abschrift
(8 Blätter, Papier, Folio [7V und 8 leer]. — Amberg
StA ORuR 840 [Religionshandlung zu Amberg 1566/
67] f. 82-89 [Produkt 14]). - Offenkundige Schreib-
versehen sind stillschweigend ausgebessert. — Siehe
oben S. 265!

auch seines wahren naturlichen leibs warhaftiglich
teilhaftig werden, allein aber in diesem die frage ist,
ob solche warhaftige gemeinschaft und nießung des
wahren wesentlichen leibs und bluts Christi ge-
schehe
durch lebendigen glauben an Christum und unser
leib und seele mit dem wahren leib und seel Christi
als der glieder mit irem haupt und reben mit dem
weinstock verbindunga und vereinigung durch wo-
nung seines geists in im und in uns
oder durch ein leiblichs unsichtbares eingehen des
fleisch und bluts Christi durch den mund in den leib
der gottseligen und gottlosen,
so seind solche, die das mundlich essen halten, von
christlichen leuten fur christen und mitbruder und
glieder des leibs Christi zu erkennen und gegen inen
nach dem apostolischen bevelch [Röm. 14,1] zu
handeln, die schwachen im glauben ufzunehmen,
derohalben man keineswegs jemanden von predi-
canten oder andern darumb, das er mit der opinion
von der mundlichen nießung behaftet, verdammen,
verketzern, aus der kirchen ausschließen, drucken,
verfolgen, vertreiben oder einige bitterkeit oder un-
gedult gegen in erzeigen solle.
Entgegen, bdamit inen solche lindigkeit und christ-
liche gedult gebraucht wurdet, dieselbb pillich und
notwendig hergegen auch von inen erfordert, sonder-
lich von den kirchendienern als die den zuhörern
mit exempeln christlicher lieb, gedult und fridsam-
keit furzugehen und vor andern die einigkeit und
das heil der kirchen Christi zu befurdern und, soviel
an inen ist, zu handhaben und gegen andere zu han-
deln schuldig seind, wie sie wollen, [daß] gegen inen
gehandelt werde.
Und obwol die ungleicheit der meinung unmug-
lich so bald ufzuheben, doch weiln geferliche und
a Die Vorlage hat hier (offenbar infolge eines Lese-
fehlers) das sinnlose „verlendung“.
b-b Der Text ist in der Vorlage schwerlich richtig ab-
geschrieben.

298
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften