Kuroberpfalz
augspurgischer confession zu Frankfurt ufgerichten
religionsabschieds4 aller condemnation und ver-
damung - offentlich und ingeheim, schriftlich und
mundlich - der curf[ürstlichen] pfalz lehr und be-
kantnus, welche sie in Gottes wort und der augs-
purgischen confession5 und derselben apologia6 ge-
grundet weiß, enthalten, auch die kirchendiener und
andere, so solche lehr furen oder bekennen, nit weni-
ger als die churf[ürstliche] pfalz und stende der
augspurgischen confession, auch derselben theologen
jederzeit geton, für mitglieder der christlichen kir-
chen und fur pruder erkennen und niemand von ob-
berurter lehr wegen lestern noch aus der christlichen
gemein oder vom prauch der sacrament ausschlie-
ßen, nicht fur gottlos, ketzer, uncristen, verfurer,
sectirer, rotten, wolf, teufelslehrer, sacramentirer,
schwermer, sacramentschender, bildsturmer und
dergleichen ausschreien noch mit zwinglischen oder
calvinischen namen verhasset machen, sonder sich
aller schelt- und lasterwort enthalten, weder mit
namen noch ohne namen uf sie predigen oder ste-
chen. Wo sie aber an irer lehr und bekandnus mangel
habenf, dieselben, ehe und zuvorn sie die uf die
canzel tragen, mit den predicanten und lehrern
selbst - doch in christlicher, bruderlicher, freund-
lichkeit und sanftmut und mit unparteiischen ge-
mut und willen, die warheit zu suchen und der-
selben stattzugeben - conferirn und sich bereden.
[In] welchem bemelte kirchendiener hierinnen
furnemblich zu gemut zu furen, das solcher bevelch
nicht allein dem wort Gottes nit zuwider, noch je-
mands verstendigen christlichen gewissen beschwer-
lich, sonder viel mehr, das, die das widerspil handeln,
ihr gewissen zum hochsten beschweren und Gott
mit der zeit schwere rechenschaft geben mussen in
erwegung [, daß] diejenigen, so sich zu obbemelter
lehr bekennen, einiger ketzerei, verfuerung oder
f In der Vorlage steht hier noch ein offenbar irriges „und“.
4 Zur Beilegung der innerprotestantischen Lehrunter-
schiede hielten 1558 in Frankfurt am Main verschie-
dene evangelische Stände eine Aussprache, als deren
Ergebnis eine von Melanchthon verfaßte Lehrverein-
barung angenommen wurde, der Frankfurter Rezeß
(Abschied der evangelischen ... fürsten in religions-
sachen zu Frankfurt aufgerichtet anno 1558 [CR 9,
vervolgung göttlichs worts oder verachtung der
heiligen sacrament bishero nit uberwiesen, auch
weder verfolger ires gegenteils, noch verechter gott-
licher warheit seind, sonder alle artikl in heiliger
biblischer schriften gegrundten verstand annehmen
und bekennen und alle zeit urbittig seind, auch in
dem streit von der mundlichen nießung nit allein
keiner in Gottes wort gegrunder uberweisung zu
widerstreben, sonder auch mit denen, die solche
darzutun nit vermögen, christlichen fried und bru-
derschaft zu halten, derowegen sie niemand von
wegen der verneinung der mundlichen nießung,
wann sie gleich hieran irreten (welchs doch, wie ge-
melt, nit ist noch aufgefurt werden kan), mit grund
göttlichs worts und mit guetem gewissen aus der
christlichen kirchen ausschließen kan, sonderlich in
einer solchen sach, die zu rechtmeßiger und genug-
samer verhör und verantwortung bis anhero nicht
komen, viel weniger entschieden und geortert7,
auch nicht also geschaffen ist, das sie, die predican-
ten, dieselbe zu verortern sich understehen oder ver-
messen sollen.
Und demnach ein jede christliche obrigkeit alle
ire regirung, fleis und vermögen furnemblich dahin
richten soll, damit sie sampt iren untertonen Gott
recht erkennen und anrufen, so ist sie nit allein nicht
schuldig, iren untertonen zu gestatten, diejenigen,
an denen sie keine ketzerei oder verfelschung gött-
lichs worts befindet, viel weniger sie, die oberkeit
selbst, die ihr keiner ketzerei noch irtumb bewust,
fur uncristen, ketzer und welf auszuschreien und zu
verdammen oder die von ir erkente warheit zu
schmehen und zu lestern, sonder erfordert derselben
furnembst ampt und beruf, dieweiln sie niemand
zu der lehr wider sein gewissen zwingen soll noch
kan, das sie dennoch eußerliche zucht und disciplin
gegen Gott und den menschen schutz und handhabe,
489-507). Er wurde zwar von Kurfürst Ottheinrich
und Pfalzgraf Wolfgang von Zweibrücken unter-
zeichnet, sogleich aber auch von anderen evangeli-
schen Ständen - darunter z.B. Regensburg - scharf
abgelehnt (RE 6, 169-172. - Simon, EKGB 321).
5 Bekenntnisschriften 44—137.
6 Bekenntnisschriften 141-404.
7 örtern = genau untersuchen, erörtern (Schmeller
1, 152).
300
augspurgischer confession zu Frankfurt ufgerichten
religionsabschieds4 aller condemnation und ver-
damung - offentlich und ingeheim, schriftlich und
mundlich - der curf[ürstlichen] pfalz lehr und be-
kantnus, welche sie in Gottes wort und der augs-
purgischen confession5 und derselben apologia6 ge-
grundet weiß, enthalten, auch die kirchendiener und
andere, so solche lehr furen oder bekennen, nit weni-
ger als die churf[ürstliche] pfalz und stende der
augspurgischen confession, auch derselben theologen
jederzeit geton, für mitglieder der christlichen kir-
chen und fur pruder erkennen und niemand von ob-
berurter lehr wegen lestern noch aus der christlichen
gemein oder vom prauch der sacrament ausschlie-
ßen, nicht fur gottlos, ketzer, uncristen, verfurer,
sectirer, rotten, wolf, teufelslehrer, sacramentirer,
schwermer, sacramentschender, bildsturmer und
dergleichen ausschreien noch mit zwinglischen oder
calvinischen namen verhasset machen, sonder sich
aller schelt- und lasterwort enthalten, weder mit
namen noch ohne namen uf sie predigen oder ste-
chen. Wo sie aber an irer lehr und bekandnus mangel
habenf, dieselben, ehe und zuvorn sie die uf die
canzel tragen, mit den predicanten und lehrern
selbst - doch in christlicher, bruderlicher, freund-
lichkeit und sanftmut und mit unparteiischen ge-
mut und willen, die warheit zu suchen und der-
selben stattzugeben - conferirn und sich bereden.
[In] welchem bemelte kirchendiener hierinnen
furnemblich zu gemut zu furen, das solcher bevelch
nicht allein dem wort Gottes nit zuwider, noch je-
mands verstendigen christlichen gewissen beschwer-
lich, sonder viel mehr, das, die das widerspil handeln,
ihr gewissen zum hochsten beschweren und Gott
mit der zeit schwere rechenschaft geben mussen in
erwegung [, daß] diejenigen, so sich zu obbemelter
lehr bekennen, einiger ketzerei, verfuerung oder
f In der Vorlage steht hier noch ein offenbar irriges „und“.
4 Zur Beilegung der innerprotestantischen Lehrunter-
schiede hielten 1558 in Frankfurt am Main verschie-
dene evangelische Stände eine Aussprache, als deren
Ergebnis eine von Melanchthon verfaßte Lehrverein-
barung angenommen wurde, der Frankfurter Rezeß
(Abschied der evangelischen ... fürsten in religions-
sachen zu Frankfurt aufgerichtet anno 1558 [CR 9,
vervolgung göttlichs worts oder verachtung der
heiligen sacrament bishero nit uberwiesen, auch
weder verfolger ires gegenteils, noch verechter gott-
licher warheit seind, sonder alle artikl in heiliger
biblischer schriften gegrundten verstand annehmen
und bekennen und alle zeit urbittig seind, auch in
dem streit von der mundlichen nießung nit allein
keiner in Gottes wort gegrunder uberweisung zu
widerstreben, sonder auch mit denen, die solche
darzutun nit vermögen, christlichen fried und bru-
derschaft zu halten, derowegen sie niemand von
wegen der verneinung der mundlichen nießung,
wann sie gleich hieran irreten (welchs doch, wie ge-
melt, nit ist noch aufgefurt werden kan), mit grund
göttlichs worts und mit guetem gewissen aus der
christlichen kirchen ausschließen kan, sonderlich in
einer solchen sach, die zu rechtmeßiger und genug-
samer verhör und verantwortung bis anhero nicht
komen, viel weniger entschieden und geortert7,
auch nicht also geschaffen ist, das sie, die predican-
ten, dieselbe zu verortern sich understehen oder ver-
messen sollen.
Und demnach ein jede christliche obrigkeit alle
ire regirung, fleis und vermögen furnemblich dahin
richten soll, damit sie sampt iren untertonen Gott
recht erkennen und anrufen, so ist sie nit allein nicht
schuldig, iren untertonen zu gestatten, diejenigen,
an denen sie keine ketzerei oder verfelschung gött-
lichs worts befindet, viel weniger sie, die oberkeit
selbst, die ihr keiner ketzerei noch irtumb bewust,
fur uncristen, ketzer und welf auszuschreien und zu
verdammen oder die von ir erkente warheit zu
schmehen und zu lestern, sonder erfordert derselben
furnembst ampt und beruf, dieweiln sie niemand
zu der lehr wider sein gewissen zwingen soll noch
kan, das sie dennoch eußerliche zucht und disciplin
gegen Gott und den menschen schutz und handhabe,
489-507). Er wurde zwar von Kurfürst Ottheinrich
und Pfalzgraf Wolfgang von Zweibrücken unter-
zeichnet, sogleich aber auch von anderen evangeli-
schen Ständen - darunter z.B. Regensburg - scharf
abgelehnt (RE 6, 169-172. - Simon, EKGB 321).
5 Bekenntnisschriften 44—137.
6 Bekenntnisschriften 141-404.
7 örtern = genau untersuchen, erörtern (Schmeller
1, 152).
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