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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0346
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Kuroberpfalz

Gott und mensch und allein im himmel, der ander
allein Gott und zugleich auf erden und allenthalben
sei etc.
Nun seind gedachtes unsers freundlichen, lieben
herrn vaters seligen liebden in truk gefertigte
christliche catechismi3 und kirchenordnungen, des-
gleichen auch s[einer] v[äterlichen] l[iebden] theolo-
gen ausgegangene schriften verhanden, in denen die
angezogene abscheuliche lehren nimmermehr gefun-
den werden mögen, wie wir denn auch wol wissen,
[daß] s[einer] v[äterlichen] l[iebden] oder derselben
theologen zu solcher unchristlichen lehr sich nie be-
kant, nie gedultet oder gelehret haben.
Was denn unsere person belangen tut, tragen wir
von grund unsers herzens ab solcher lehr ein sonder-
lich abscheuen, wolten auch ungern unsern theolo-
gen oder kirchendienern also zu lehren oder zu pre-
digen verstatten, inmaßen wir dann auch bei ihnen
befunden, daß sie nicht weniger als wir solche lehr für
irrig, unchristlich und verdamlich halten und von sol-
chen artikeln unsers christlichen glaubens nicht be-
züchtigtermaßen, sondern nachfolgendergestalt von
grund ihres herzens glauben und lehren, nemlich,
daß im heiligen abendmal des Herren der Herr
uns nicht nur brot und wein, nicht nur bloße zeichen,
viel weniger hülsen oder spreuer, sondern auch sei-
nen für uns in tot gegebnen waren leib und sein für
uns vergossens blut nach seiner verheißung: ,,Nemet
hin und esset etc.“ warhaftig zu einer rechten seelen-
speis gebe und reiche und uns damit speise und
trenke, nicht zu diesem zeitlichen, sondern zu dem
ewigen leben, darzu er uns berufen hat, und daß wir
auch durch solche selige nießung und gemeinschaft
des leibs und bluts Christi nach der lehr des heiligen
apostels Pauli fleisch von seinem fleisch und bein von
seinen beinen und durch würkung des Heiligen Gei-
stes warhaftige glieder seines leibs und mit ihm als
unserm haupt und Heiland, warem Gott und men-
schen, vereinigt und verbunden werden.
Sie glauben und lehren auch, daß nur ein Christus
und nicht zwen Christi seien, nemlich Jesus Christus,

3 Da gleich auch von Kirchenordnungen (in der Mehr-
zahl) die Rede ist, obwohl nur die eine von 1563
(Sehling 14) gemeint sein kann, darf auch hier die
Mehrzahl nicht gepreßt werden. Man kann aber auch
an die tatsächlich 1563 erschienenen 4 Ausgaben des

warer Gott und warer mensch in einer unzertrenten
person, unser haupt, unser Heiland, unser erlöser
und seligmacher, die andere person der gottheit, und
daß derselbe Christus allmechtig, allwissend und
unser Immanuel, das ist: Gott mit uns, seie. Und ob
sie schon mit der schrift und uralten bewerten sym-
bolis die göttliche und menschliche naturen und also
den schöpfer von dem geschöpf unterscheiden und
einer jeden ihre natürliche, wesentliche eigenschaf-
ten zuschreiben, jedoch trennen sie die person nicht,
machen auch nicht zwen Christos, sondern glauben
und lehren, daß dieser einige unzertrente Christus
allenthalben sei, allmechtig sei, allwissent sei und
daß er alles dasjenige leisten kan und wil, was er uns
in seinem wort und sacramenten verheißen und zu-
gesagt, auf welche seine allmacht sie sich mit uns
auch gründen, da wir und sie festiglichen glauben,
daß wir nicht mit schlechtem brot und wein, son-
dern auch mit dem gecreuzigten leib und vergosse-
nem blut Jesu Christi im heiligen abendmal gespei-
set und getrenket werden.
Darumb sie dann auch weder glauben noch lehren,
daß Christus im himmel verschlossen und an ein
gewiß ort angebunden sei, sondern, ob er wol nach
ausweisung unsers allgemeinen christlichen glaubens
und der ganzen apostolischen biblischen schrift
nach seiner menschheit gen himmel gefahren und
die erden verlassen, so glauben und lehren sie doch,
daß er nicht desto weniger in unzertrenter person
alhie auf erden bei seiner ordnung und seiner kir-
chen ist und dasjenige uns leistet, was er uns ver-
heißen und zugesagt,
inmaßen von solchen und andern artikeln unsers
christlichen glaubens in ihren ausgegangenen bü-
chern und - keinswegs die bezüchtigte falsche lehr! -
zu finden ist, gnediglich gesinnende, es wölle ein jeg-
licher solche schriften lesen, gegen Gottes wort hal-
ten und selbst sich der warheit erkundigen.
Wenn nun aus dieser erzehlung klärlich erscheint,
daß uns und unsern kirchendienern die obangezogene
Heidelberger Katechismus denken (Aug. Lang,
Der Heidelberger Katechismus [= SchrVRG 113]
Leipzig 1913. 29f. - RE 10, 169f.). Die 4.Ausgabe
ist Bestandteil der Kirchenordnung.

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