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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0351
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II 12. Kurfürstliche Erklärung an die Landstände
vora 18.März 1592.

Fridrich, pfalzgrave bei Rhein, erzdruchsäß und
churfürst.
Ersame und liebe getreuen!
Euer schreiben, so ihr under dato den 8. huius an
uns abgehen lassen, haben wir zue unsern handen
empfangen, daraus lesend verstanden, welcher ge-
stalt ihr uns anfänglichs zue unserer churfürstlichen
regierung von Gott dem allmechtigen alle zeitliche
und ewige wolfart winschen, was ihr auch darauf fer-
ner vor allerhand beschwerungspuncten, so in reli-
gions- und politischen sachen fürgehen sollen, an-
bringen und deren allerwegen undertenigst bitten
und begeren tuet,
und nehmen zuvorderst die von euch beschehene
glückwunschung zue gnädigen gefallen auf und an.
Was aber euer gefurte clagen in specie und erst-
lichem den puncten der religion betrifft, kombt uns
zwar ganz frembt zu vernemen für, das ihr deswe-
gen in uns so hart dringen und uns gleichsamb maß
und ordnung fürschreiben wellet, wie wir unsere
kirchen und schuelen bestellen sollen, da ihr euch
doch aus dem religionsfrieden1 zu erindern wissen
werd, daß solche bestellung keinen landständen,
sondern dem landsfürsten und hohen obrigkeit eines
jeden orts gebüert und zuestehet, ja, da ihr euch bei
andern benachbarten sowol evangelischen als bapi-
stischen ständen umsehet, werdt ihr nicht befinden,
daß dero selben undertanen freigelassen seie, eine
andere religion einzueführen und zue üben, als die
obrigkeit selbsten bekennet, und wolte wol teils de-
ren, so under den papisten wohnen, es zue hohen
dank annemen, wann sie nur dem lieben Gott pri-
vatim ohne gefahr dienen möchten, dahingegen
Druckvorlage: Gleichzeitige Abschrift (Papier,
Folio, 12 Seiten. - Amberg StA, Amberg Stadt Fasz.
10 Nr. 2 I f. 178-183). - Amtliche Abschrift aus dem
Jahre 1597: München Staatsbibliothek cgm
1799 f. 30v—36. - Vgl. oben S. 276!
1 von 1555. Er überläßt zwar die bis dahin vom Reiche
beanspruchte Entscheidung darüber, welche Reli-

doch ihr euch einer andern libertet und freiheit zue
beruemen habt, in ansehung euch nicht allein euer
gewissen freigelassen, sonder auch das exercitium
eurer religion (welche gleichwol mit der unsern in
ihren rechten verstand vor ein religion wieder die pa-
pisten zue halten ist, und, da ir ein underscheid zue
machen könte man billich die lehr von der ubi-
quitet2 vor ein neu, unerhört dogma und also für
die zweite religion halten) offentlich zuegelassen und
verstattet wirdt, wie dann hiezue sonderlich die
stadt Amberg die haubtkirch innen hat und die hohe
obrigkeit sich bisher mit einer geringen kirchen3
begnuegen lassen.
Über dies haben wir uns nun zu mehr malen er-
kleret, erkleren uns auch nochmaln dahin, daß wir
nicht gemeint sind, jemands unserer undertanen, er
sei, was stands er wölle, in ihren gewissen zue be-
schweren noch auch inen das exercitium ihrer reli-
gion zue benemen, - doch dergestalt, daß auch hin-
gegen unserer wahren, christlichen religion exerci-
tium ohne einiges schenden und schmehen von
andern offentlichen gehalten und einem und dem
andern untertanen ohne einiges ufrucken oder für-
werfen freigestelt werde, diese oder jene kirchen zue
besuechen.
Es erscheint auch aus euerm schreiben fast so viel,
als ob ihr euere religion allein für die beste halten
und dadurch die unsere tacite verdammen woltet.
Da mögen wir euch nicht pergen, daß wir durch ver-
leichung Gottes des allmechtigen, darumb wir ime
auch billich dankbar seind, in Gottes wort derge-
stalt underrichtet werden, auch selbsten aus heiliger,
biblischer schrift so viel gelernet haben, daß wir
gionspartei die legitime Fortsetzerin der mittelalter-
lichen Kirche sei, den Reichsständen, trifft aber
[ selbstverständlich keinerlei Verfügung darüber, auf
welche Weise bei diesen diese Entscheidung zu-
stande kommen sollte (Simon, Religionsfriede).
2 Siehe oben S. 269 Anm. 13!
3 nämlich mit der Franziskanerkirche (siehe oben
S. 272).

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