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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0368
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Kuroberpfalz

11. Sie sollen aber keinen zu einem kirchen- oder
schuldiener annehmen oder confirmiren, der dem
dogmati ubiquitatis6 zugetan und verwant ist, und,
wann entweder sie oder die collatores oder sonst je-
manden sich dessen solten beschweren wollen,
haben sie ihnen anzumelden, daß wir, die ubiquitet
keineswegs zu gedulden, bald in eintretung unserer
regierung den landständen hieoben zugeschrieben
haben7, wie dann etliche andere mehr reichsstände8
solch impium dogma vorlangst verworfen hetten
und noch verwerfen teten.
12. Da auch ein oder mehr kirchen- oder schul-
diener, so von unsertwegen anzunehmen oder zu
confirmiren, hiebevor dem concordibuch unter einer
andern herrschaft unterschrieben und daruf pflicht
getan, soll ihm, daß solche unbündig9, zu erkennen
gegeben werden, sintemal man wisse, wie es mit
einführung ermelts concordibuchs zugangen, wel-
ches dann ihm ausführlich umbständlich auszufüh-
ren. Die aber, so damals mit churf[ürstlicher] pfalz
kirchen- und schuldiener unterzeichnet und ent-
weder noch hieoben in diensten oder wider ange-
nommen werden möchten, sollen, im fall es noch
nicht beschehen, nochmals in unsern namen solcher
pflicht allerdings erlassen werden.
13. Ingleichen soll keiner zu einiger kirchen- oder
schuldienst zugelassen werden, er gelobe dann an uf
das mandatum de non calumniando10, über welchem
mandato kirchenräte bei beederseits religionsver-
wanten steif und fest zu halten, schuldig sein sollen
und den orthodoxis diesfals ebensowenig als den
andern durch die finger sehen.
14. Sie sollen für ihre personen daran sein, auch
alle inspectores und kirchendiener dahin anweisen,
daß die von uns hieoben gemachte ordnung wegen
der monatlichen verhör der ignoranten und wochent-
lichen unterweisung, auch der kinder catechisation
zum fleißigsten getrieben und gehandlet werde.
Darmit sie aber hierzu desto leichter gelangen mö-
gen, sollen sie die in die canzlei hievon einkommene
relationes der beambten, kirchendiener und burger-

6 Siehe oben S. 269!
7 So klar war das den Landständen selbst gegenüber
nicht ausgesprochen worden, wenn natürlich auch
das Schmähverbot und die Kirchenratsordnung deut-
lich genug waren (etwa Götz, Wirren 130).

meister, die ihnen das regiment zustellen soll, jedes-
mal bald und fleißig durchlesen und unserm statt-
halter alle bettage, wann s[eine] g[naden] bei ihnen
erscheint, darvon bericht tun, wie nemblich das
ganze werk, sonderlich uf dem land, fortgehe und, ob
etwan derowegen s[einer] g[naden] einsehens wor-
innen von nöten seie, insonderheit aber, ob die zahl
der ignoranten auch abnehme. Da sie auch werden
befunden haben, daß die anbevohlene relationes aus
etslichen orten nicht eingeliefert werden, sollen sie
solche ort s[einer] g[naden] alsdann zugleich mit an-
melden, damit bei den ambtleuten anmahnung ge-
schehe und also dies christliche werk durchaus in
allen gemeinden dieses hieobigen fürstentumbs im
stetem gutem gang bestendiglich erhalten werde.
15. Gleichfalls sollen sie die anbefohlene not-
wendige nachvisitationes, welche wegen jetztermel-
ter ordnung fürnemlich angesehen sein, fleißig ur-
giren und wol zusehen, daß diejenige inspectores,
denen dieselbige jedesmal ufgetragen werden, ihr
ambt darinnen der gebühr [nach] verrichten und
alsbald zur canzlei richtige relationes tuen, welche
relationes, damit sie nicht lange ligen bleiben, son-
dern schleinig expedirt werden, ein kirchenrat bei
dem regiment anmahnung soll tun lassen.
16. Neben dem sollen kirchenräte wegen obermel-
ter ihnen anvertrauten generalinspection schuldig
sein, fleißig und genau achtung darauf zu haben,
daß die lehr der christlichen religion sowol in der
wochentlichen angestellten unterweisung und der
catechisation, so bei der jugent in kirchen und
schulen geschicht, als in den predigten erbaulich
und ad captum der einfältigen und kinder geführt
werde. Und, weil es die erfahrung (leider) mehr als
zuviel gibt, das die schreckliche unwissenheit alter
und junger leut eines großen teils daher rührt, daß
die predigten gemeinlich mit den strittigen religions-
puncten zugebracht worden, darin sich der einfal-
tige zuhörer, sonderlich uf den dörfern, nicht allein
nicht zu richten weiß, sonder dardurch nur irr und,
uf die predigten zu hören, überdrüssig gemacht, da-
8 Darunter in der Nähe der Oberpfalz vor allem die
Reichsstadt Nürnberg (Simon, EKGB 335).
9 = nicht bindend.
10 Siehe oben S. 325 ff!

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