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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0392
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richteten Neuen Pfarr - im Unterschied zu den bisherigen, den alten Pfarreien - sei und daß in ihr alle
kirchlichen Handlungen geschehen sollten. In der Dominikanerkirche sollte nur gepredigt werden19.
Damit war der Trennungsschnitt gegenüber der römischen Kirche vollzogen und gleichzeitig auch
aus dem Kreis evangelisch gesinnter Bürger rechtlich in aller Form eine evangelische Kirchengemeinde
errichtet. Stillschweigend wurden damit die Evangelischen auch ihrem bisherigen Pfarrverband ent-
nommen. Das wurde anscheinend nur nicht ausgesprochen, um den Bischof nicht noch mehr zu reizen.
Dieser ganze Verwaltungsakt scheint in seiner Bedeutung noch nicht gebührend beachtet worden zu
sein. In Bayern wenigstens steht er als Beginn einer Reformation einzig da. Während sonst überall die
mittelalterliche Pfarrei sich einfach in eine evangelische wandelte, wurde hier neben den unveränderten
Pfarreien eine neue Pfarr als die evangelische errichtet. In Augsburg hätte anfangs wohl auch Ähn-
liches geschehen können oder sollen. Es kam aber nur zu einer stillschweigenden Duldung pfarrlicher
Handlungen seitens der evangelischen Prediger durch den (katholischen) Rat, was zur Bildung freier
Personalgemeinden führte. (Die evangelische Pfarrei in Dinkelsbühl verdankt ihre Entstehung erst der
teilweisen Wiedergewinnung früher weitergehender Rechte.) Daß in Regensburg anders gehandelt
wurde, hatte seine Ursache darin, daß hier die Leitung der ganzen Bewegung in der Hand eines Verwal-
tungsjuristen, des Dr.jur. Hiltner, lag. Das Vorbild dazu boten die nicht räumlich, sondern nach per-
sönlichen Verhältnissen abgegrenzten Regensburger Personalpfarreien von St. Kassian für die Alte
Kapelle und der drei Damenstifte für ihre Grundholden und Stiftsangehörigen und -angestellten. Nach
ihrem Vorbild wurde jetzt die Neue Pfarr für solche geschaffen, die ihr wegen ihrer religiösen und kirch-
lichen Richtung zugezählt werden wollten. Das entscheidend Neue war dabei, daß sich die Zugehörigkeit
auf eine freie Entscheidung nach religiösen Gesichtspunkten gründen sollte. So ist die Neupfarrkirche
ein beachtliches Denkmal einer von vornherein auf volle Freiwilligkeit und persönliche Entscheidung
angelegten Reformation.
In dieser Errichtung der Neuen Pfarr drückt sich deutlich die wesentliche Eigenart der Regensbur-
ger Reformation aus. Im Unterschied von allen Orten und Gebieten Bayerns - Augsburg eine Zeitlang
ausgenommen - erfolgte hier nicht eigentlich eine Reformation des bisherigen Kirchenwesens. Dieses
stand ja in den Händen geistlicher Reichsstände und damit außerhalb der Zuständigkeit und auch des
Zugreifens der Stadt. So erfolgte hier die Errichtung eines eigenen neuen Kirchenwesens auf dem Boden
der Wittenberger Reformationsbewegung als eines kirchlichen Mittelpunktes für die Einwohner, die in
der Kirche, die sich einer Reformation auf Grund der Wiederentdeckung des ursprünglichen Evange-
liums verschloß, heimatlos geworden waren.
Forster kehrte wieder nach Nürnberg zurück. Von dort andere Geistliche neben die einheimischen
Kräfte zu erhalten, gelang nur teilweise. Dafür kamen aus Wittenberg die Männer, die dem Regensburger
Kirchenwesen das Gepräge verliehen: Hieronymus Nopp20 als Pfarrer und vor allem Nikolaus Gallus21

19 Theobald 2, 17. — Leider ist dieser Erlaß nicht mehr erhalten. — Er wurde wohl nur wie alle derartigen Erlasse
([Gemeiner] 186) in die Wachtgedingbücher eingetragen und daraus bei den wöchentlichen Wachtgedingen — den
Zusammenkünften der Wachten (= Stadtviertel) — verlesen.
20 * Herzogenaurach. - 1519 Wittenberg Student, 1519 Zwickau Schulkollege, 1537 Schneeberg Rektor, 1540 Witten-
berg ohne Amt, 1543 Regensburg Pfarrer, geht beim Interim nach Nürnberg, † 1551 (ADB 52, 647—652. —
P. Flemming, Ordinationszeugnis des H. N., in: BbKG 16 (1910) 41-46. - Otto Clemen, H. N. der Schwärme-
rei verdächtig, in: ZbKG 2 (1927) 100ff. — Theobald 2, 8-13 u.ö. — Matth. Simon, Wo starben ... Noppus u.
Gallus? in: ZbKG 33 [ 1964] 175ff. - Seine Promotionsthesen: WA 39 II 233—251).
21 (auch Han), * Köthen 1516. - Wittenberg, Mansfeld Rektor, 1543 Regensburg Diakonus, 1549 Magdeburg St. Ul-
rich Prediger, 1553 Regensburg Pfarrer und Superintendant - † Bad Liebenzell (bei der Kur) 1570 (ADB 8,
351-356. — RE 6, 361-368; 23, 487f. — Preger, Flacius [sehr oft!]. — Geyer, Gallus. — Schottenloher, Buch-
gewerbe 36—54, — Leonh. Theobald, Einiges über die Lebensschicksale des Gallus, in: ZbKG 19 [1950] 69—77;

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