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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0396
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Jonas11. Er leitete, durch Krankheit und Kriegsschicksale geschwächt, nur interimsweise den ersten
Übergang. Am Neujahrstag 1553 predigte er zum ersten Male; am 20. Mai verließ er die Stadt bereits
wieder. Er legte vor allem eine Ordnung für die einzelnen Gottesdienste als auch für ihre Verteilung und
Eigenart im Laufe des Kirchenjahres fest. Sie liegt in einem schön geschriebenen Stück vor12. Die
Kirchenordnung enthält kein Datum. Daß sie aber in diese, nicht schon in eine frühere Zeit gehört, er-
gibt sich deutlich daraus, daß in ihr kein anderer gottesdienstlicher Raum als die Neupfarrkirche zur
Verfügung stand, während gleichzeitig auf eine Zeit, in der das unter Noppus der Fall war, ebenso zu-
rückgeschaut wurde wie man auch erwartete, daß das wieder so sein könne. Das ist also die Zeit vor der
erneuten Ingebrauchnahme der Kirche St. Oswald am 26. Februar 155313.
Die Ordnung bewegt sich durchaus im Rahmen der zuletzt von Noppus gestalteten. Gallus behauptet
sogar, Jonas habe die Ordnung des Noppus ,,weder gemindert noch gemert, weder geendert noch ge-
bessert“14. Das ist aber kaum buchstäblich zu nehmen. Es ist daher trotzdem durchaus fraglich, inwie-
weit die tatsächlichen Unterschiede zwischen der noch für Noppus geltenden Ordnung und der hier vor-
liegenden von diesem vorgenommen wurden und inwieweit sie erst durch Jonas erfolgten. Diese Unter-
schiede gegen die frühere Ordnung sind allerdings gering. Die alttestamentliche Lesung in der Vesper am
Samstag ist durch eine neutestamentliche ersetzt. Das Alte Testament bekam in den Wochengottesdiensten
Raum genug. Das Gebet vor dem Introitus ist weggefallen. Die Elevation unterblieb jetzt. Nicht wieder-
aufgenommen wurde der Katechismusunterricht für Erwachsene vom Sonntagabend. Er scheint doch
keine stürmische Nachfrage gefunden zu haben. Davon, daß möglicherweise auch eine Änderung der
Beichtvermahnung in diese Zeit gehört, war oben die Rede.
Wenn am Sonntag Kommunion stattfand - und das war offenbar als Regelfall gemeint -, wurde die
Predigt durch eine kurze Lesepredigt ersetzt. Ob das aber der Fall war, richtete sich lediglich darnach, ob
sich am Samstag Gemeindeglieder zur Beichte eingefunden hatten. An diesen Kommuniontagen wurde
also am Sonntagvormittag überhaupt keine Predigt gehalten - eine in der evangelischen Kirche der
Reformationszeit wohl einzigartige Erscheinung. Sie ist um so auffälliger, als Noppus die Predigt als
das Hauptstück des Gottesdienstes, das man keinesfalls versäumen dürfe, sieht15.
Diese Übung währte allerdings keine acht Wochen. Offenbar war die Gemeinde damit nicht zufrieden.
Da die Neupfarrkirche für die Gemeinde zu klein war, wurde am 26. Februar 1553 auch die Kirche des
Frauenspitals St. Oswald wieder für Predigten in Benützung genommen16. Auch sie genügte dem An-
drang zu den Predigten nicht. So verfügte der Rat, daß am Sonntag in beiden Kirchen Predigtgottes-
dienst, daran anschließend in der Neupfarrkirche Abendmahlsgottesdienst sein solle17.
Während für den Abendmahlsgottesdienst die ganze bisherige Gottesdienstordnung (nur eben ohne
die Predigt) beibehalten wurde, sollte der Predigtgottesdienst in schlichter liturgischer Form gehalten
werden. Jonas und die meisten seiner Amtsbrüder waren damit nicht einverstanden - sie wünschten
auch für die Predigtgottesdienste eine volle Eingangsliturgie -, mußten sich aber fügen - ein deutliches
Zeichen für das Kirchenregiment des Rates, der aber als Vertreter auch der Kirchengemeinde galt18.

11 * Nordhausen 1493. - 1516 Erfurt Chorherr und Professor der Rechtswissenschaft, 1521 Wittenberg Propst und
Professor der Theologie, beteiligt an der Durchführung der Reformation im Herzogtum Sachsen (Schöpfer der
Kirchenordnung Herzog Heinrichs [1539] und im Erzstift Magdeburg, vor allem in Halle, 1542 Halle Superinten-
dent, nach bewegten Kriegsschicksalen 1550 Coburg Hofprediger, 1552 Regensburg Superintendent, 155. Eisfeld
Superintendent - † 1555 (RE 9, 341-346. - RGG 33 856).
12 Unsere Nr. III 10.
13 Theobald 2, 189. — von Walderdorff 448f.
14 Gallus, Piij.
15 Siehe unten S. 409! 16 KDB Regensburg 2, 287-297.
17 Unsere Nr. III 11. 18 RStadtA Eccl. I 10/144. — Theobald 2, 189.

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