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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0398
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Pest des Jahres 1562/63 wurde sie für diese Zeitverhältnisse umgeändert, was wieder interessante Auf-
klärung für manche Einzelheiten bringt12. Am 1. Juli 1563 wurde ein kleiner Nachtrag dazu erlassen13.
Was jetzt aber geschaffen wurde, ging weit über diese Ansätze hinaus. Die Kirchenregiments-
ordnung sollte vor allen Dingen den Dienst der Geistlichen, deren gegenseitiges Verhältnis untereinander
und ihre seelsorgerliche Tätigkeit regeln, vor allem auch die Durchführung der Kirchenzucht, entsprach
also etwa einer Ordnung des Geistlichen Amtes oder einem Pfarrergesetz.
Daß eine solche Kirchenregimentsordnung nötig wurde, hatte seinen Grund in der besonderen
Stettung des Regensburger Geistlichen Ministeriums. Sie beruht darauf, daß dieses Ministerium eben
im gesamtdeutschen Protestantismus eine besondere, selbständige und von der Stadt unabhängige, von
ihr aber geförderte Tätigkeit ausübte. In Regensburg selbst war es freilich verfassungsrechtlich belanglos.
Es war lediglich die geistliche Arbeitsgemeinschaft unter Aufsicht ihres Superintendenten ohne irgend-
welche Rechte. Um so größer war die Bedeutung des Ministeriums für die evangelischen Gemeinden in
der baierischen und österreichischen Diaspora.
Die Quellen dieser besonderen Stellung des Regensburger Ministeriums lagen zunächst einmal im
dortigen Flazianismus, der ja dem geistlichen Amt eine besondere Stellung zuerkannte, dann aber vor
allem in der Persönlichkeit des Gallus und in der Arbeit, in die er während seiner Tätigkeit in Magde-
burg in der Interimszeit getreten war. Als er nach Regensburg zurückerbeten wurde, stellte er die Be-
dingung, daß er in Wort und Schrift weiterhin eine überlandeskirchliche Tätigkeit ausüben dürfe. Das
wurde ihm zugesagt14. Daß er diese Tätigkeit dann, wenn es sich um bestimmte Hilfeleistungen wie
Ordinationen für andere Kirchen, wie sie sehr bald schon erbeten wurden, handelte, diese nicht rein per-
sönlich, sondern in Gemeinschaft mit seinem Ministerium leistete, lag ebenso in der Natur der Sache
wie, daß dabei die Stadt Regensburg nicht in Erscheinung trat. Zur Persönlichkeit des Gallus kam die
Lage der Reichsstadt Regensburg, die eine evangelische Vorpostenstellung nach Südosten zu innehatte.
Außerdem hatten vor allem in Österreich die Anhänger des Matthias Flacius, zu denen an erster Stelle
Nikolaus Gallus gehörte, Unterkunft gesucht und gefunden. So wurde Gallus der wirkliche Mittelpunkt
und Vertrauensmann dieser evangelischen Gemeinden und damit das Ministerium in Regensburg unter
ihm Prüfungskommission, Ordinationsstelle und Gutachteramt für weite Gebiete - eine Stellung, die
wahrzunehmen die Stadt das Ministerium ausdrücklich ermunterte und die es behielt, solange es dort
evangelische Gemeinden gab. Abgesehen von den schon früher hier Ordinierten wurden so zwischen 1580
und 1620 nicht weniger als 130 Geistliche in Regensburg für andere Kirchen geprüft und ordiniert15.
Am 11. Dezember 1555 wurde die Kirchenregimentsordnung nun den Geistlichen zugeleitet. In
ihren am 9. Januar 1556 der Stadt übergebenen Bedenken baten sie nur darum, daß der beabsichtigte
kleine Bann auch streng durchgeführt werde. Außerdem regten sie an, daß die Diakone in bestimmter
Reihenfolge zu Predigten herangezogen würden. In der endgültigen Fassung15, die am 9. März vom Rat
verabschiedet und am 11. März 1556 dem Ministerium zur Beachtung zugestellt wurde, war dieser Bitte
entsprochen. Außerdem war neben einigen anderen Ergänzungen auch noch ein besonderer Abschnitt
über die Versorgung der Witwen der Geistlichen eingefügt.

12 Unsere Nr. III 15.
13 Sein Anstellungsvertrag: RStadtA Eccl. I 48, 1.
14 Theobald 2, 212. 214.
15 Lista der ordinanden, so auf vorgehend examen dem buch der concordien sich unterschrieben und an andern ort
vociert worden (RStadtA Ha I Ah 13). - RStadtA Eccl. I 40 und 42. - Ed. Böhl, Beiträge zur Geschichte der
Reformation in Österreich. Jena 1902 (bes. 179ff. 461ff.). — J. F. Koch, Austriaca aus Regensburg, in: JGGPÖ 24
(1903) 11—31. Mecenseffy 132. — Dollinger, Evangelium 266. 331—354.
16 RStadtA Ha I Ah 7. - Fürnrohr 172.

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