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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0407
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Die Stadt, die die Zugehörigkeit zur evangelischen Kirche der freien Entscheidung des einzelnen
überließ, hatte deshalb auch nach ihrem Übergang zur Reformation weiterhin noch Katholiken im Bür-
gerrecht geduldet. Ihre Zahl aber schmolz bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges auf drei zusammen.
Selbst einer, der gegen die Reformation gestimmt hatte, blieb nicht nur im Rat, sondern wurde auch noch
wiederholt Kammerer. Die Stadt aber deshalb als paritätische Stadt im Sinne des Augsburger Religions-
friedens zu betrachten und ihr 1651 erfolgendes Verbot, Katholiken weiterhin als Bürger aufzunehmen,
als einen Verstoß gegen den Westfälischen Frieden zu bezeichnen32, ist unmöglich. Der Rat selbst unter-
zeichnete das Konkordienbuch33 und wußte sich an die evangelischen Bekenntnisschriften gebunden34.
Als evangelische Stadt duldete Regensburg auch keine katholischen Prozessionen auf seinen Straßen. Auf
dem Höhepunkt der Gegenreformation im Dreißigjährigen Krieg und später konnte es diese Haltung
freilich nicht mehr gegen seinen besonderen ,,Schutzherrn“, den Kaiser, aufrechterhalten35. Dagegen
ließ der Rat von 1651 ab Katholiken nicht mehr zum Bürgerrecht zu36.
Die Stadt verwendete auch wie alle evangelischen Reichsstände bis 1700 den sog. Alten Kalender37.
Die spätere Entwicklung
Die Regensburger Ordnungen hatten ein verhältnismäßig langes Leben. In der reichsstädtischen
Zeit erhielt nur eine - die Kirchenordnung - eine neue Gestaltung. Das ist an sich selbstverständlich.
Gottesdienstordnungen müssen sich der Entwicklung in Sprache, Stilgefühl, Theologie und Frömmig-
keit immer neu anpassen. In Regensburg kam noch eine weitere äußere Ursache dazu. Bei dem Er-
starken des Gesamtkatholizismus, der zum Dreißigjährigen Krieg führte, konnte die Gemeinde die Mit-
benützung der Dominikanerkirche schließlich nicht mehr durchsetzen. Sie verzichtete daher darauf und
erbaute sich in der Dreieinigkeitskirche eine weitere große Kirche1. Am 5. Dezember 1631 wurde sie in
Gebrauch genommen. In Zusammenhang damit mag es gestanden haben, daß 1630 eine Agende gedruckt
und 1643 eine neue Kirchenordnung geschaffen wurde2.
Die Kirchenregimentsordnung und die Konsistorialordnung aber blieben in Kraft, solange die
Reichsstadt unabhängig war.
Bis dahin hatte die Regensburger Gemeinde noch eine große Aufgabe für die evangelische Kirche im
Südosten des Reiches zu erfüllen - nun freilich nicht mehr in der Vermittlung von Geistlichen, sondern
als erste Zuflucht der Glaubensflüchtlinge, die aus Steiermark, Kärnten, Krain und Ober- und Nieder-
österreich und aus Ungarn vertrieben worden waren. Sehr viele fanden hier auch ihre dauernde neue
Heimat3.

32 Wie Sydow 482ff. will. - Simon, Beiträge 23-28.
33 Bekenntnisschriften 17.
34 Kirchenregimentsordnung 1588.
35 Dollinger, Evangelium 249f. — Gumpelzheimer 3, 1070. 1124.
36 Hch. Huber, Das Bürgerrecht der Reichsstadt Regensburg, in: HVOpf 79 (1919) 103. - Dollinger, Evangelium
260f. - Sydow 489. - Simon, Beiträge 23ff.
37 Dollinger, Evangelium 358f.
1 KDB Regensburg 2, 114-136. - Dollinger, Evangelium 262ff. - von Walderdorff 444ff.
2 Gumpelzheimer 3, 1282. - Dollinger, Evangelium 299 (diese Ordnung ist zur Zeit allerdings nicht auffind-
bar). - Die Agende (Christliches Agendbüchlein der evangelischen Kirchen zu Regensburg. Regensburg 1630) z. B.:
NLA BKG 1959. Sie enthält aber keine Gottesdienstordnung.
3 Mecenseffy. - Dollinger, Evangelium 331-345. 351ff.; B. und der österreichische Protestantismus. - Jürgen
Sydow, Die innerösterreichische Zuwanderung nach Regensburg im 16. u. 17. Jahrhundert, in: Blätter für
Heimatkunde 29 (Graz 1935) Heft 2.

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