III 7 Vermonung wider etliche laster. 1543
ergerlicher beiwonung, schendlicher, viehischer ful-
lerei des zutrinkens2, unzimlichem gesuch3 und
wucher von hingelihem gelt4 und derogleichen an-
dern mehr verbotenen, ungeburlichn handlungen
beharrn, auch dieselben offenlich zu treiben gar kein
forcht oder scheu haben. Damit dann ein erbar rate
alhie, als die ordenlich oberkeit, nit geacht werden
möchte, als ob solche schendliche sunde und laster
mit irem wissen und willen geschöhen, sonder das zu
irer entschuldigung vor Gott und der welt, ir billich
mißfallen hierin gespürt werde und, solichs zu wern,
an irem möglichen fleiß je nichzit erwinde5, so ist ir
ernstlicher befelch, wille und mainung, daß sich
meniglich alhie (gar niemants ausgeschlossn) hin-
furo weiter in alwege des gotsschwern6 und alles
des, dardurch der name Gottis enteeret oder verun-
hailiget und gelestert wirdet, darzu auch des eh-
bruchs und aller verdechtiger, unelicher, ergerlichen
beiwonung sambt dem unordenlichen zutrinken,
unzimlichn wucher und anderer verboten, offen-
lichen unzucht und leichtfertigkeit, auch schand-
barer wort, lieder und gesäng, dardurch Gott der
Almechtig erzurnet und ander leute geergert wer-
den mögen, nit allein fur sich selb allerding ent-
halte, sonder auch andern durch einicherlei weis
2 Zutrinken = die Nötigung, so viel nachzutrinken,
als einem vorgetrunken worden war — eine vor allem
damals durch die Reichs- und Landgesetze vergeb-
lich bekämpfte deutsche Unsitte (Zedler, Univer-
sallexikon 64 1750 890-929), bes. auch auf dem
Reichstag von 1524 und 1530 (Egelhaaf 1, 496f.;
2, 192).
3 = Nutzen von geliehenem Geld, Zins (Schmeller
2, 216).
4 Noppus schrieb ein Büchlein: Vom Leihen (Theo-
bald 2, 35f.). — Zum weiteren Vorgehen der Kirche
gegen den Wucher siehe oben S. 384!
5 Das bezieht sich wohl wie der Hinweis auf den un-
ehelichen Beisitz auf in der Stadt wohnende katho-
lische Geistliche, gegen deren Anhang die Stadt
auch wiederholt vorging (Theobald 2, 190).
oder wege darzu nit helfe, rate oder, solche sachen zu
üben, jemants behause, herberge, unterschlaif gebe
oder furschub tue noch auch den seinen deroglei-
chen handlung gstatte oder zusehe, sonder sie mit
ernst davon weise und abzihe, wie dann ein jeder
one das zu tun, Got dem Almechtigen verpflicht und
schuldig ist.
So aber jemants dis eines erbarn rats christenlich
und notwendig gebot verachtn und demselben zu-
wider in einem oder mehr stuckn frevenlich unge-
horsam befunden oder erfaren wirdet, der soll zu
seiner selb verschulten billichen rach und andern zu
einem exempel oder beispil nach gestalt und gele-
genheit jedes mals seines verbrechns und frevels an
seinem leib oder gut mit ernst darumb gestraft und
gar keines hierin verschont werden, wie dann auch
deshalb etliche besondere kuntschafter7 bestelt und
verordnet worden sind, die allenthalb auf die ver-
brecher ir fleißig aufmerkung haben sollen.
Darumb so wölle meniglich hiemit vermonet und
gewarnet sein, sich der gepüre und billigkeit nach
gehorsamlich zu halten und vor schaden oder nach-
teil zu hüten.
Decretum in senatu decimoseptimo cal[endas] 9
[16. Aug.] anno Domini 1543.
6 = Fluchen (Schmeller 2, 645f.).
7 Im Unterschied zu den schwäbischen Ordnungen
(Lindau [Sehling 12, 197] - Memmingen [aaO.
252 f.]) aber offenbar unbekannte Personen, die nur
Anzeige zu erstatten hatten, also nur eine obrigkeit-
liche Polizeimaßnahme. - Hier liegt — offenbar bereits
aus dem mittelalterlichen Stadtregiment stammend-
der Ansatz für eine später (vgl. unten S. 444 und
S. 451) auch auf rein kirchlichem Boden verwendete
Einrichtung, wie sie dann Baiern in seinem kirch-
lichen Polizeiregiment als wirksamstes Werkzeug
seiner Gegenreformation ausbaute (Simon, EKGB
1366). Vgl. auch oben S. 322 Anm. 10!
415
ergerlicher beiwonung, schendlicher, viehischer ful-
lerei des zutrinkens2, unzimlichem gesuch3 und
wucher von hingelihem gelt4 und derogleichen an-
dern mehr verbotenen, ungeburlichn handlungen
beharrn, auch dieselben offenlich zu treiben gar kein
forcht oder scheu haben. Damit dann ein erbar rate
alhie, als die ordenlich oberkeit, nit geacht werden
möchte, als ob solche schendliche sunde und laster
mit irem wissen und willen geschöhen, sonder das zu
irer entschuldigung vor Gott und der welt, ir billich
mißfallen hierin gespürt werde und, solichs zu wern,
an irem möglichen fleiß je nichzit erwinde5, so ist ir
ernstlicher befelch, wille und mainung, daß sich
meniglich alhie (gar niemants ausgeschlossn) hin-
furo weiter in alwege des gotsschwern6 und alles
des, dardurch der name Gottis enteeret oder verun-
hailiget und gelestert wirdet, darzu auch des eh-
bruchs und aller verdechtiger, unelicher, ergerlichen
beiwonung sambt dem unordenlichen zutrinken,
unzimlichn wucher und anderer verboten, offen-
lichen unzucht und leichtfertigkeit, auch schand-
barer wort, lieder und gesäng, dardurch Gott der
Almechtig erzurnet und ander leute geergert wer-
den mögen, nit allein fur sich selb allerding ent-
halte, sonder auch andern durch einicherlei weis
2 Zutrinken = die Nötigung, so viel nachzutrinken,
als einem vorgetrunken worden war — eine vor allem
damals durch die Reichs- und Landgesetze vergeb-
lich bekämpfte deutsche Unsitte (Zedler, Univer-
sallexikon 64 1750 890-929), bes. auch auf dem
Reichstag von 1524 und 1530 (Egelhaaf 1, 496f.;
2, 192).
3 = Nutzen von geliehenem Geld, Zins (Schmeller
2, 216).
4 Noppus schrieb ein Büchlein: Vom Leihen (Theo-
bald 2, 35f.). — Zum weiteren Vorgehen der Kirche
gegen den Wucher siehe oben S. 384!
5 Das bezieht sich wohl wie der Hinweis auf den un-
ehelichen Beisitz auf in der Stadt wohnende katho-
lische Geistliche, gegen deren Anhang die Stadt
auch wiederholt vorging (Theobald 2, 190).
oder wege darzu nit helfe, rate oder, solche sachen zu
üben, jemants behause, herberge, unterschlaif gebe
oder furschub tue noch auch den seinen deroglei-
chen handlung gstatte oder zusehe, sonder sie mit
ernst davon weise und abzihe, wie dann ein jeder
one das zu tun, Got dem Almechtigen verpflicht und
schuldig ist.
So aber jemants dis eines erbarn rats christenlich
und notwendig gebot verachtn und demselben zu-
wider in einem oder mehr stuckn frevenlich unge-
horsam befunden oder erfaren wirdet, der soll zu
seiner selb verschulten billichen rach und andern zu
einem exempel oder beispil nach gestalt und gele-
genheit jedes mals seines verbrechns und frevels an
seinem leib oder gut mit ernst darumb gestraft und
gar keines hierin verschont werden, wie dann auch
deshalb etliche besondere kuntschafter7 bestelt und
verordnet worden sind, die allenthalb auf die ver-
brecher ir fleißig aufmerkung haben sollen.
Darumb so wölle meniglich hiemit vermonet und
gewarnet sein, sich der gepüre und billigkeit nach
gehorsamlich zu halten und vor schaden oder nach-
teil zu hüten.
Decretum in senatu decimoseptimo cal[endas] 9
[16. Aug.] anno Domini 1543.
6 = Fluchen (Schmeller 2, 645f.).
7 Im Unterschied zu den schwäbischen Ordnungen
(Lindau [Sehling 12, 197] - Memmingen [aaO.
252 f.]) aber offenbar unbekannte Personen, die nur
Anzeige zu erstatten hatten, also nur eine obrigkeit-
liche Polizeimaßnahme. - Hier liegt — offenbar bereits
aus dem mittelalterlichen Stadtregiment stammend-
der Ansatz für eine später (vgl. unten S. 444 und
S. 451) auch auf rein kirchlichem Boden verwendete
Einrichtung, wie sie dann Baiern in seinem kirch-
lichen Polizeiregiment als wirksamstes Werkzeug
seiner Gegenreformation ausbaute (Simon, EKGB
1366). Vgl. auch oben S. 322 Anm. 10!
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