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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0455
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III15. Ordnung für die Geistlichen zur Pestzeit 1562/63

A. Ordnung,
wie es mit den kirchendienern
in sterbsleufen1 gehalten werden soll
[21. September 1562].
Nachdem erstlich vier diaconi seien, so soll der-
jenig, der wochner ist, bis auf fernere fursehung eines
erbarn rats schuldig sein, alle die, so im lazaret2, in
der stat und eines rats gebiet mit der schweren
krankheit oder pestilenz beladen sind, mit dem
hochwirdigen sacrament zu fursehen und si mit
Gottes wort zu trösten. Doch soll er sich die selbe
wochen in allweg anhaimbs enthalten und nit in die
kirchen, offenliche bad oder ladschaften3 unter die
gemain komen, sondern allein den kranken, wie ob
gemelt, auswarten.
Der negste aber nach dem wochner soll die andern
kranken personen, so nit mit der schweren krankheit
der pestilenz beladen, speisen, item kinder taufen,
beicht hören, lesen und sacrament in der kirchen
raichen. Und dieweil herr Wolfgang Wiener4 ötwas

Druckvorlage: Originalentwurf (Papier, Folio,
4 Seiten. - RStadtA, Ecc. I 16, 25). — Siehe oben
S. 378!
1 Die damals in weiten Teilen Süddeutschlands wü-
tende Pest forderte damals in Regensburg über 2000
Todesopfer (Gumpelzheimer 3, 930f. - ,,7000“
bei Dollinger, Evangelium 358 ist ein offenbarer
Druckfehler). Beerdigungsbücher für diese Zeit feh-
len. In Nürnberg ließ die Pest in der Zeit vom
29. Aug. bis 20. Nov. 1562 bei einer Einwohnerzahl
von rund 30000 die Todesfälle auf 5451 — ohne die
Kinder! — steigen. Sie fand hier im Mai 1563 ihr
Ende (W. Jungkunz, Die Sterblichkeit in Nürn-
berg ..., in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte
der Stadt Nürnberg 42 [1951] 296f.).
2 Siehe oben S. 434 Anm. 6. Dort war seit wenigstens
1560 ein eigener Geistlicher (Hans Baumgärtner
[vgl. unten III 15 B!]). Er wird auffälligerweise hier
überhaupt nicht erwähnt. Sollte er damals krank
gewesen sein?
3 = Einladungen, Feste, Mahle (Schmeller 2, 1436).

schwach und krank und die andern zwen diaconi
außerhalb dem wochner nit dasjenig, wie obsteet,
in der kirchen und sonsten verrichten können, so
sollen herr Wolfgang Waldner5 und herr Hieremias
Peurl6 den beden diaconis im kinder taufen, beicht
hörn, lesen und sacrament raichen hülf und beistand
tuen und hierin nit auf die ordnung7, sonder auf die
not sehen. Es möchte auch ein solche not furfallen,
das man sich versehen sollte, herr Nicolaus Gallus,
pfarrherr, wurde unbeschwert sein, sich zugleich
neben und mit den beden predicanten gebrauchen
zu lassen.
Es sollen auch die feiertags- und wochenpredig
ungevärlich eine halbe stund wern und die verma-
nung vor der predig am feiertage ausgelassen, auch
sonsten die lectiones, gesäng, orgelschlagen und alle
andere actus abkurzt werden.
Item: Herr Hans8 soll die predig im bruederhaus9
des montags einstellen, wann er wochner ist; aber
die am pfinztage10 soll er tuen.
Item: Wann herr Eustachi Wolff11 wochner ist, so
soll er die predig am pfinztage im spital12 einstellen
und die am montage tuen.
4 Seit 1558 Diakonus in Regensburg, † vor 1575.
(Memoria 21).
6 Aus der Gegend von Steyr. Benediktinermönch in
Garsten, dann Prediger in Steyr, geht 1548 wegen
seiner evangelischen Haltung nach Augsburg (dort
ohne Amt), 1555 Nürnberg Dominikanermittags-
prediger, 1558 Regensburg Prediger - † 1583 (Me-
moria 21f. — Dollinger 285f. u. ö. — Simon, Nürn-
berger Pfarrerbuch 1493).
6 Aus Schneeberg in Sachsen. — 1556 Neumarkt in der
Oberpfalz Prediger, 1560 Regensburg Prediger, 1570
im Verdacht des Kalvinismus entl., Pfarrer in
Schwandorf - † 1574 (Memoria 22 .- Dollinger,
Regensburg und Pfalz-Neuburg 197).
7 Siehe unsere Nr. III 14.
8 Wahrscheinlich Johann Oberndorfer aus Köthen. -
Pfarrer im Anhaltischen, 1557 in Regensburg Dia-
konus - † 1587 (Memoria 20).
9 Bei St. Ignatius (von Walderdorff 442f.).
10 = Donnerstag (siehe oben S. 289 Anm. 9!).
11 Siehe oben S. 434 Anm. 9!
12 = St. Oswald (siehe oben S. 434!).

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