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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0456
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Reichsstadt Regensburg

Item: Die zwen prediger sollen forne im chor13 —
und nemblich herr Wolfgang Waldner im stuel14, wann
man zu der sacristei15 herausgehet, und herr Hiere-
mias16 gegenuber beicht hören. Aber herr Hans17
soll im stuel, do die brueder zu sitzen pflegen, und
dann herr Wolfgang Wiener gegenüber bei herrn d[oc-
tor] Hiltners18 stuel, item herr Eustachi19 und herr
Leopold20 in der abseiten21 im beichtheusl22 und
dann herr pfarrherr in der sacristei beicht hören.23
Item: Die schuelen24 sollen abgeschafft werden
bei der begrebnus. Aber die leichpredig mag noch
eine zeit lang iren furgang haben.a
Item: Zum tuechelhalten25 unter dem speisen
sollen zwen alte burger bestellt und herrn pfarrherr
angezaigt werden.
Item: Die knaben sollen fur und fur auf der por-
kirchen26 bleiben und hinfuro intonirn. Dagegen
sollen die diaconi des intonirens entlassen werden.

a Am Rand: Nota: Die Leichpredig soll aus allerhand
beweglichen ursachen auch eingestellt werden.
b Am Rand: Nota: Der neue expectant33 soll bestellt
werden.
13 und zwar im Ostchor. Der Westchor wurde erst 1860
angefügt (KDB Regensburg 2, 201).
14 Der Beichtstuhl war zumeist ein ausgezeichneter
Stuhl, wie er auch sonst für Geistliche, Ratsherren
oder Zunftmeister in Gebrauch war und wie ihn etwa
der Holzschnitt zu Luthers Großem Katechismus in
der in S. 381 genannten Ausgabe f. 182v vor Augen
führt. Das Beichtkind kniet auf dem Boden. Fast
gleich ist der Beichtstuhl eines Holzschnittes von
M. Ostendorfer im Catechismus predigsweise des
Nik. Gallus (Regensburg 1554) (f. Bbiijv). Hier
kniet das Beichtkind auf einem einfachen Kniesche-
mel. Eine besondere Form zeigt der Altar Osten-
dorfers (Dollinger, Evangelium 453 [Abbildung])
oder Ostendorfers Holzschnitt zu unserer Nr. III3 C:
Zwei im rechten Winkel in Form einer Eckbank zu-
sammengesetzte Stühle mit Armlehnen nur an den
Außenseiten und hohen Rücklehnen.
15 An der Südseite der Kirche (KDB Regensburg 2,
196).
16 Peurl.
17 Siehe Anm. 8!
18 Rechtsrat
19 Wolf
20 Moser (siehe oben S. 368 Anm. 22!)
21 = Seitengang oder -schiff (Schmeller 2, 337). Ge-
meint ist wohl die nördliche Seitenkapelle (KDB
Regensburg 2, 196. 202)
22 Hier ist kaum an eine besondere Einrichtung zur
Beichte zu denken, sondern wohl nur an einen Ein-
bau, der den hier stehenden Beichtstuhl vom übrigen

Item: Die enderung mit dem kindertaufen, das
nemblich zwoe stunden des tags sollen furgenom-
men werden und ein puls27 dazu geschehen, soll noch
zur zeit eingestellt werden in erwegung, das man die
versamblung in diesen leufen gedenke abzustellen.
Item: Uf der canzl sollen der kranken namen an-
ders nit specificiert werden dann ungevärlich also:
Es seien vier kranke manspersonen, item 3 frauen
und 2 kindlein; begern einer christlichen furbitt
etc.
Item: Herr Wolfgang Waldner und herr Hieremias
soll ir jedem zu einer besserung seiner besoldung
järlich zwai schaf28 melbs29, nemblich zu jeder
cottember30 ein halb schaf, aus dem ungeldambt ge-
raicht und geben werden.
Item: Ein jeder kirchendiener soll seine präser-
vativen31 bei dem Israhel32 holen und sich derselben
gebrauchen.b
Raum abtrennt. Sein Sinn ist aber nicht recht klar,
wenn nicht ein der Sakristei entsprechender Teil
zu weniger gestörter Beichte gemeint sein sollte.
Wahrscheinlich aber ist, da dieses Beichthaus schon
1553 (oben S. 419) und da als einzige Beichtgelegen-
heit — aber wohl für mehrere Geistliche gleichzeitig —
genannt wird, daß damals für diesen Zweck ein Teil
dieser Seitenkapelle abgeteilt wurde, während der
andere zu Sitzplätzen für die Gottesdienstbesucher
gemacht wurde.
23 Nicht ausgesprochen wird, aber anzunehmen ist
nach dieser Aufstellung, daß bei jeder Beichte jeder
dieser Geistlichen seinen Platz einnahm. Das würde
aber voraussetzen, daß die Gemeinde in Beichtvater-
schaften gegliedert war. Das war aber — wenigstens
um 1588 — nicht der Fall (vgl. unten S. 510).
24 = die Beteiligung der Chorschüler.
25 = zum Halten des Kommuniontüchleins (siehe
oben S. 303 Anm. 2).
26 = Empore, auf der die Orgel stand, zwischen den
beiden Westtürmen
27 Durch dieses Glockenläuten sollte die Gemeinde zur
Teilnahme an der Taufe eingeladen werden. Diese,
dem Mittelalter anscheinend unbekannte, auch in
Regensburg zur Zeit des Noppus noch nicht übliche
(siehe oben S. 409) Sitte entstammt dem schwäbi-
schen Raum, in dem die Taufe überhaupt im Gottes-
dienst erfolgte (vgl. Sehling 11 [Reg.]). Sie war in
Regensburg durch die Pfalz-neuburgische Kirchen-
ordnung von 1554 oder die Kurpfälzische von 1556
(Hauß-Zier 31) bekannt geworden.
28 Ein Getreidemaß = Scheffel.
29 = Mehl
30 Siehe oben S. 115!
31 = Schutzmittel
32 = Arzt oder Apotheker.

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