Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0463
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
III 16 Regimentsordnung von 1556

Solchen artikl soll und will sich auch ein erbar rate
selb als die weltliche oberikait gemeß halten, domit
sich irenthalbn auch niemants zu ergern, sonder vil
mehr zu pessern ursach haben möge.
Es soll auch von den diaconis der wochner, des-
gleichen der custer jederzeit sich fleißig daheim hal-
ten, daß man ihne, so oft und wenn es von nöten, zu
seinem ministerio anhaimbs finde und deshalb nit
versaumnis oder clagen furkommen.
In sonderhait aber soll aus allerhand ursachen der
kirchendiener kainer fur sich selb one vorwissen und
erlaubnus eins pfarrers indert18 ausraisen, daß er
zuversichtlich über nacht möchte außen bleiben.
Und sollen die diaconi im lesen auf der canzl flei-
ßig sein, fein langsam, helle, laut, auch mit solchem
ernst zu lesen, als ob sie predigten, desgleichen auch
pfarrer und alle kirchendiener, bede dahaimen in
iren heusern, fur iren hausgesinde, auf den gassen
und, wo sie sunsten bei leuten sind, eins feinen, un-
ergerlichen wandls sein, daß es Gott zu lob und der
menschen besserung diene.
Von der kirchendiener elichen
hausfrauen.
So hat ein erbar rate auch bedacht, dieweil sich
die sachen allenthalb dermaßen ansehen lassen, als
werde bald großer mangl an gelerten, gottsförchti-
gen, rechtgeschaffenen predigern und kirchendie-
nern sich begeben und zuetragen und domit auch die
raine lere götlichs worts verliern, welches neben an-
dern ursachen nit wenig aus dem ervolgen mage, daß
dieselben fur sich und die iren hin und wider mit
geburender notturft zeitlicher narung ubl fursehen,

18 = jendert = irgendwo (Schmeller 1, 9).
19 Eine Sache fürkommen (vorkommen, verkommen)
= sie verhüten, unterbinden, verhindern (Grimm
4 1 1, 760ff. — Schmeller 1, 1248).
20 = Quatember = Vierteljahr
21 Das Jahreseinkommen der Geistlichen betrug 1545
zwischen 212 fl. (Noppus), 138 fl. (Gallus) und 88 fl.
(Diakone). (RStadtA Eccl. 48, 1). 1563 erhielt der

derwegen auch schir niemants mehr lust hat, die
heiligen schrift zu lernen etc.,
daß demnach alle christliche oberikaiten aus dem
bevelch Gottes schuldig seien, solchem mangel fur-
zukommen19 und deshalb dennaßen fursehung ze
tun, domit die jugend in den schuelen geursacht
werde, die heilige schrift dester lieber zu studirn,
auf daß nun, on eines erbarn rats alhie geburenden
gehorsams gegen Gott nach irem vermögen kain
mangel erscheine, nit allein die jugent zu solchem
studio dester mehr begirig zu machen, sonder auch,
wenn sunsten jezuweilen an personen zu den kir-
chenembtern alhie ein mangl oder abgang furfallen
solte, daß man dester ehe von andern orten ge-
schickte leute darzu bekommen möchte, so ist des-
halb diese verordnung gescheen: wenn ein kirchen-
diener, pfarrer, prediger oder diaconus, in eines erbarn
rats kirchendienst alhie mit tot abgeen wirdet, es sei
zu was zeiten im jar es wölle, daß alsdann seiner ver-
lassenen wittiben erstlich sein sold des quotemers20,
darin er verstorben, ungeacht, ob sich dieselbig
quotemer noch nit geendet hette, und doneben auch
weiter, so lang sie iren wittibstule nit verruckt, zu
irer unterhaltung järlich 32 fl. reinischer in munz zu-
gestelt werden sollen21. Do sie sich aber anderweit22
verheiraten wurde, alsdann soll solche jerlich gelt
aufhören und ir 32 fl. obgemelter werung zu einem
heiratguet gegeben werden. Es sollen auch seine kin-
der nit weniger als andere erlichen burgerskinder
zum studirn, handwerken und andern erlichen nuz-
lichen sachen fleißig gefurdert werden.
Von der disciplin.
Das nötigiste stuck der disciplin in kirchen ist der
bann, von Christo selb geordnet, dardurch diejeni-
gen, so offentlichen sündigen oder ergernus geben
Lazarettgeistliche Baumgärtner etwa 130 fl. (Theo-
bald 2, 33. — Siehe oben 435 und 437!), worin sich die
schwindende Kaufkraft des Geldes ausspricht. Im-
merhin läßt sich damit annehmen, daß die Witwen-
rente vielleicht 30 % des unteren Jahreseinkommens
eines Geistlichen betrug.
22 = zum andern Mal (Schmeller, 2, 855).

443
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften