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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0464
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Reichsstadt Regensburg

und dobei dennoch christen sein wöllen, nach einer
oder zwaier vermanungen, woe sie alsdann nit bueß
tun, offentlich von der canzl mit namen gestraft und
von der gemain ausgeschlossen werden also, daß sie
weder absolution noch abentmal entpfahen, bei der
tauf zu gevatern nit zugelassen noch mit christlichen
ceremonien, wenn sie sterben, begraben werden, die
christen auch sich irer gemainsehaft entschlagen
sollen, wie Paulus leret und vermonet [1. Kor. 5,11].
Dieweil aber etliche furneme stuck des bannes in
unsern kirchen fast aus dem prauch kommen - nit
one schwere sünde derselben unser kirchen aller,
auch gemainen schaden aller zucht -, welche aber
doch gleichwol nit auf einmal, sonderlich diser zeit
und gelegenhait nach bei uns wider mögen angerich-
tet werden, als wol billich sein solte und guet were.
Domit nun gleichwol den ergerlichen christen ein
wenig mehr scheue, offentlich zu sundigen, gemacht
werde (über das die kirchendiener in bevelch von
Gott haben und fleißig tun sollen, niemant zu absol-
virn und zu dem abentmal des Herrn zuzulassen,
den sie wissen in solchen sündlichem leben ligen), so
sollen die von einem erbarn rate hivor verordneten
consistoriales auch ferner dises auf sich nemen,
allenthalben in gemainer statt fleißig nachforschung
zu haben (darzu dann sonderliche personen23 ver-
ordnet werden sollen), wo fursetzlich wider Gottes
bevelch und christliche zucht offentlich oder haimb-
lich gelebt wurde. diesellen24 alsdann fur sich zu er-
fordern und ihnen aldo die erst und ander verma-
nung nach Christi verordnung [Matth. 18, 15 ff.]
ernstlich zu tuen, welche, so sie sich alsdann noch
nit bessern und unser christlichen religion sein wöl-
len, ferner sollen den kirchendienern mit namen ver-
meldet werden (die sie etwoe sunsten nit kennen
möchten), ihnen weder absolution noch abentmal,
wenn sie dieselben gleich begern wurden, mitzutailn
noch sie bei der tauf zu gevattern steen zu lassen
und, da sie also unbußfertig dohin sterben, alle
christliche ceremonien (als schuelen, gesang und
leichpredig) genzlich abzuschlagen. Und uber dis
alles sollen sie auch ferner einem erbarn rate ange-
23 Damit sind gewiß nicht die Censores (unten S. 448)
gemeint, sondern Aufpasser (wie etwa S. 415). Die
Censores sind hier im Konsistorium selbst zu suchen.
24 mundartlich = dieselben.

zaigt werden, sie nach gelegenhait und gestalt der
sachen auch in die weltlich straf zu nemen, in dem
ein erbar rate anstat des großern bannes noch zur
zeit seinen fleiß und ernst gegen meniglich erzaigen
soll und will,
und soll dieselbig eines erbarn rats straf, weil die
kirchenstraf allein auf unser religionverwonte geet,
auch gegen den bäbstischen gehalten und ihnen
gleich so wol als den unsern kains offentlichen, er-
gerlichen lebens gestattet werden.25
Wie also unserer religion und kirchen ergerliche
glider durch obberurten proceß und auf gemelte
weise in leben und sterben von andern christen or-
denlich sollen abgesondert und ausgeschlossen wer-
den, so sie nit bueß tuen und sich bessern, also ge-
hört widerumb darzu und geburt sich in allwege,
diejenigen, so da buße tun und besserung sehen las-
sen, widerumb auch durch ordenlichen proceß und
erkantnus der verordneten (darumb sie, die abge-
sönderten, zum zaichen warer christlicher reue und
bueß selbs ansuechen und bitten sollen) aufzunemen
und zur gemeinschaft der sacrament wider kommen
zu lassen.
Do aber leibsschwachait oder geverlichkait des
todes solchen proceß oder verzuge etwoe nit leiden
wolte, sollen die kirchendiener macht haben, auf des
kranken begern, christliche beicht und zusage zu
absolvirn und zu communicirn und darnach gleich-
wol solchs den consistorialibus anzuzaigen schuldig
sein, die dann auf entpfangen bericht auch durch das
gericht die furgenomen maß des bannes wider auf-
heben sollen.
Im fall aber, do jemant in solcher not besserung
zusagt und hernach, so ihme Gott wider aufhülfe, nit
hielte und also dem Heiligen Geist liegen wuerde, der-
selbig soll durch erkantnus des consistorii zum andern
mal widerumb in bann erkant und einem erbarn rate,
ihne erstlich darumb zu strafen, bevolhen werden.
Dessen allen soll den kirchendienern abschrift
gegeben und im sacrario von ihnen bewart werden.
25 Weltliche Strafen gegen unordentlich lebende Geist-
liche oder deren Mitschuldige verhängte wie auch
schon bisher die Reichsstadt wiederholt (Theobald
2, 30. - Gumpelzheimer 2, 928).

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